Lina:
„Mama! Ich bin zu hause. Sorry, dass ich so lange gebraucht habe, aber ich war noch kurz mit bei Annelie.", entschuldigte ich mich sofort beim Eintreten durch die Tür, um meine Mum nicht allzu wütend zu machen. Ich schmiss meine Schulranzen samt meiner Jacke in mein Zimmer am Ende des Flurs und fuhr dann fort: „Ist denn das Essen schon fertig? Ich habe riesigen Hunger." Als ich nach wenigen Sekunden immer noch keine Antwort bekam ging ich in die Küche, um nach dem Rechten zu sehen. Ich trat auf die weißen Fließen und schaute mich im Raum um. In der Mitte des Raumes befand sich eine Kücheninsel, auf der schon zwei Teller angerichtet standen, doch meine Mutter war nicht zu sehen. Ich verließ die Küche und ging in das gegenüberliegende Zimmer, welches als Wohnzimmer fungierte. An der mir entgegengesetzten Wand hing ein Flachbildfernseher, welcher eingeschaltet war. Das hieß, dass meine Mutter zu Hause sein musste, denn sie ließ sonst den Bildschirm nie an, wenn sie das Haus verließ. Ich ging ein Stück vor, um das lilafarbene Sofa zu schauen. Vielleicht war sie ja während des Fernsehens eingeschlafen. Doch die Couch war leer. Ich ging um die Ecke und gelang in das Esszimmer. Doch außer zwei Gläsern, Besteck und dem Tischdekor war dieses Zimmer auch leer. Merkwürdig. Ich klapperte auch noch die restlichen Räume unseres Einfamilienhauses ab, welche sich auf drei Stockwerken verteilten, doch konnte sie auch in diesen nicht finden. Ich lief zurück in die Küche. Ich drehte mich zum Fenster, welches sich rechts der Tür befand und erblickte ihr Auto. Sie war also nicht weggefahren. Doch wo konnte sie sein? Vielleicht wusste mein Vater ja mehr. Ich nahm das Telefon von der Kommode im Flur und tippte die Nummer ein. Währenddessen ging ich langsam zur Küchentheke und setzte mich so darauf, dass ich aus dem Fenster schauen konnte. Nach ein Paar Sekunden meldete er sich am anderen Ende „Peter Müller am Apparat." „Hallo Papa, weißt du, wo Mama ist?" „Süße, es passt gerade gar nicht. Du weißt doch, dass du mich während der Arbeit nicht anrufen sollst." „Ja ich weiß. Aber Mama ist nicht da. Ich habe sie im ganzen Haus gesucht, aber nicht gefunden. Der Fernseher ist an und ihr Auto steht in der Auffahrt, aber ich habe sie nirgendwo gesehen!" „Ich weiß es echt nicht, Süße. Ruf sie doch mal am Handy an. Vielleicht ist sie ja kurz zur Fuß irgendwo hin. Ich muss aber jetzt auch weiter machen. Tschüss!" Mit diesen Worten legte er auf. Seit er die neue Arbeit hatte, war er immer so gestresst. Er war fast nie zu Hause und wenn er das mal war, hing er ständig an seinem Handy und klärte irgendwas mit seiner Arbeit. Ich tippte die Nummer meiner Mutter ins Festnetz und ließ es klingeln, doch nach wenigen Sekunden hörte ich ihren Klingelton irgendwo im Haus. Er war ganz in der Nähe. Ich hüpfte von der Kücheninsel runter und nahm den Hörer vom Ohr, um den Ton lauter zu hören. Ich drehte mich nach rechts und ging langsam vorwärts. Dann drehte ich mich nochmals 90° und führte ihre Erkundungstour fort. Nach ein Paar Schuhgröße 34 Schritten erblickte ich etwas, was wie eine Nudel aussah am Boden. Komisch! Warum lag da eine Nudel am Boden? Und da! Noch eine. Als ich einen weiteren Schritt vorwärts machte, merkte ich, dass etwas am Boden ausgelaufen war. Ich bückte mich, legte meinen Finger hinein und schmeckte ab. Wasser! Stinknormales Wasser! Und davon eine ganze Menge. Ich ging noch einen Schritt und dann erblickte ich etwas, was den Nudeln ähnlich sah, jedoch viel dünner und viel Strähniger. Haare! Mein Herz pochte. Noch einen Schritt. Und noch einen. Und nach drei Schritten sah ich es. Es waren nicht nur Haare. Es war ein ganzer Kopf. Ein mir gut bekannter Kopf. Jetzt konnte ich nicht mehr still stehen. Ich rannte auf sie zu. Sie lag am Boden, neben ihr ein Topf, in welchem sich nur noch vereinzelt Spaghetti befanden. Der Rest lag neben ihrem Kopf, fasst so, als würden sie ihr Haar fülliger machen wollen. Ich stürzte mich neben sie auf meine Knie und nahm ihre Hand zwischen meine. „Mama?", schrie ich. „Mama, kannst du mich hören? Sag doch was!" Doch ihre Lippen blieben geschlossen. Dann griff ich ihre Schultern und schüttelte sie stark. „Mama! Sag bitte was! Antworte mir!" Nun flossen die Tränen. Es bildete sich ein Kloß, so groß wie eine Orange und so schwer in ein Stein in meiner Kehle. „Mama!", schluchzte ich, wobei mir die Stimme wegbrach. Ich nahm ihren Kopf hoch und versuchte ihr die Haare aus dem Gesicht zu streichen, jedoch vergeblich. Das Blut fesselte sie regelrecht an ihrer Stirn. Ihre Augen waren geöffnet. Ich blickte in die Glasklaren blauen Kugeln und versuchte eine Reaktion zu bekommen. Immer mehr Tränen fielen auf ihr helles Gesicht, wodurch die rote Farbe immer weicher wurde. Schließlich gelang es mir, ihr ein Paar Haarsträhnen wegzuwischen, wodurch eine große Wunde an ihrer Stirn zum Vorschein kam. Ich legte ihren Kopf vorsichtig zurück und nahm erneut ihren Arm. Wie ging das noch? Finger am Handgelenk auf die blaue Ader legen und warten. Damals in der 2. Klasse hatten wir einen erste Hilfekurs gemacht. Jedoch war etwas anders. Diesmal konnte ich kein Pochen spüren. Ich drückte fester, doch es tat sich nichts. Sie war tot. Meine Mutter war gestorben. Immer wieder flüsterte ich mir diesen Satz zu, doch konnte es nicht wahr haben. Was sollte ich jetzt tun? Ich stand auf wackeligen Beinen auf und torkelte wie in einem Traum zum Telefon. Dann wählte ich 110. Damals hatten ich gelernt, dass man immer drei Angaben machen musste: Wer? Wo? Was? Nach langen 10 Sekunden meldete sich jemand am anderen Ende. „Hallo. Hier spricht die Notrufzentrale. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Ich schluckte, um meinen Hals freizubekommen. Mit zittriger Stimme antwortete ich „Hallo. Hier spricht Lina Müller. Ich wohne in der Sternstraße 15 in München." Ich atmete einmal tief durch. „Ich bin 11 Jahre und meine Mama liegt vor mir auf dem Boden. Sie ist tot!" Schweigen.
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Tag -2301 (5SOS Fan Fiction)
FanfictionLina ist zum Zeitpunkt 'Tag 0' 17 Jahre alt. Nach einem schrecklichen Schicksalsschlag vor ungefähr sechs Jahren, hatte ihr Vater beschlossen sie mit auf Geschäftsreisen zu nehmen, um mehr Zeit mit ihr verbringen zu können. Da er jedoch immer am Arb...