acht.

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Harry || Elizabeth wirkt merkwürdig verloren, wie sie im Licht der Straßenlaterne vor der Imbissbude auf mich wartet, während ich unseren Abfall entsorge.

Sie streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, als ich auf sie zugehe. Das tut sie andauernd. So oft, dass es mir unheimlich auf die Nerven gehen würde, wenn es sie nicht so sympathisch wirken lassen würde. Es ist eines dieser Dinge, die einem Menschen die Illusion des Perfektionismus nehmen und perfekte Menschen konnte ich noch nie leiden. Sie sind mir nahezu unheimlich.

Ich erinnere mich noch daran, wie ehrfürchtig Simon Cowell mir bei unserem ersten Treffen erschienen war. Er hatte eine so perfekte Ausstrahlung, dass ich direkt eine Abneigung gegen ihn entwickelt habe. Ich bin nicht mit ihm klargekommen, bis er zwanzig Minuten später seine gesamte Kaffeetasse vom Tisch gefegt und die Illusion durchbrochen hatte.

Ich brauchte meine Zeit, um mit Simon warm zu werden und heute frage ich mich manchmal, ob ich damals nicht eine falsche Entscheidung getroffen hatte, als ich meine Unterschrift unter unseren Vertrag setzte.

Louis hingegen, Louis ist mir von Anfang das Gegenteil von Perfekt gewesen. Einer der Gründe, warum er mein bester Freund geworden ist.

Elizabeth beseitigt erneut eine besonders hartnäckige Haarsträhne und entlockt mir ein kleines Lächeln.

Ich stelle mich neben sie und sehe sie nachdenklich an. „Was machen wir jetzt?"

„Jetzt gehen wir nach Hause, Sternchen", schlägt sie vor.

Kopfschüttelnd sehe ich sie an, denn dies ist der letzte Ort, an dem gerade sein will. Die Stille würde ich nicht ertragen, denn meine Gedanken würden unweigerlich anfangen, sich zu verselbstständigen.

„Ich will noch nicht nach Hause. Komm schon, lass uns irgendetwas machen", erwidere ich.

Sie steckt die Hände in die Hosentaschen. „Und was genau möchtest du machen?"

„Wir könnten auf eine Party gehen?", schlage ich vor.

„Ich war noch nie auf einer Party", entgegnet sie schließlich zögernd.

Ich sehe sie überrascht an und bin kurz überzeugt, dass sie mich gerade anlügt, bis ich in ihr Gesicht sehe. Sie hat einen so ehrlichen Ausdruck, dass ich ihr glaube.

„Du warst noch nie auf einer Party?", wiederhole ich.

Sie zuckt mit den Achseln. „Ich bin eben kein Party-Fan", erwidert sie abweisend und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Woher weißt du das, wenn du es noch nie versucht hast?", entgegne ich und schenke ihr ein entwaffnendes Lächeln, dass nicht die Wirkung hat, die ich mir erhofft habe.

„Wir können auf keine Party, Harry. Wenn dort Fotos von dir entstehen, landest du schon wieder in der Presse und das tut deinem Image gar nicht gut." Elizabeth sieht mich belehrend an und zieht ihre Jacke fester um sich.

Ich frage mich, ob sie je von ihrer Arbeit abschalten und einfach Spaß haben kann.

„Mein Image kann gar nicht mehr schlechter werden", werfe ich ein. „Außerdem werden wir uns einfach nicht erwischen lassen. Komm schon, dass wird gut werden!"

Liz schweigt, solange, dass ich schon fast die Hoffnung auf eine positive Rückmeldung verloren habe. Doch schließlich nickt sie zögerlich.

„Okay, aber nur, wenn wir gehen, sobald ich es sage", stimmt sie zu.

Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen und ich nicke bestätigend. Ich würde alles tun, nur um noch nicht nach Hause zu müssen. Und wenn dies außerdem dazu beiträgt, mich mit meiner Aufpasserin gut zu stellen, ist das Ganze umso besser. Wenn sie sieht, dass ich mich benehmen werde, bekomme ich vielleicht für die Zukunft mehr Privilegien zugesprochen und muss mich nicht immer wie ein Gefangener fühlen, während mir die Welt eigentlich offensteht.

Oblivion || h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt