Kapitel 30

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Sanfte Klänge ziehen mich in den hintersten Teil des Busses. Ich gehe durch den Schlafbereich und winke etwas halbherzig Sophia, Liam und Louis zu, die in zwei Kojen sitzen und leise miteinander reden.
Ich klopfe an der Tür und warte auf eine Antwort.
„Ja?"
„Hey, Ni... Ich bin's nur...", sage ich und stecke meinen Kopf hinein. Er schenkt mir ein zartes Lächeln und schaut dann wieder auf die Zettel, die vor ihm liegen.
„Darf ich zu dir kommen?"
„Natürlich, komm rein, Fia", sagt er sofort und ich schlüpfe in den Raum hinein. Hinter mir schließe ich direkt wieder die Tür und mustere den Jungen vor mir.

Eins seiner Beine liegt weit ausgestreckt auf der Sofalandschaft, das andere hat er unter seinen Körper gezogen und eine einfache hellbraune Gitarre ruht in seinem Schoß. Sein rechter Arm liegt auf dem Körper der Gitarre und er schaut mich aus seinen blauen Augen an.
„Was ist los, Fia?"
„Ich will einfach nur ein bisschen bei dir sein, ist das okay?", frage ich und er nickt direkt. Er beginnt schon damit das Instrument zur Seite zu legen, aber ich stoppe ihn, indem ich meine Hand auf seinen Arm lege.
„Nein... Spiel weiter...", fordere ich leise.
Er nickt zögernd und platziert die Gitarre wieder in seinem Schoß. Ich rutsche auf das Sofa und setze mich auf die Seite, an der nicht der Gitarrenhals raus ragt und lehne mich vorsichtig an seine Schulter. Er dreht sich kurz zu mir und ich spüre, wie er kurz seine Lippen an meine Haare drückt. Dann gleitet seine Hand über den Hals, bis er den richtigen Griff findet und er beginnt an ein paar Saiten zu zupfen.

Die ruhigen Klänge von Nialls Gitarre umgeben uns. Ich lasse mich von den sanften Tönen tragen und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Ich stelle mir zu den Tonfolgen die verschiedensten Dinge vor.
Mal eine weite, grüne Wiese, dann einen rauschenden Bach an einem Sommertag, dann denke ich an die Jungs und ihre Auftritte, an einen romantischen Abend bei Kerzenschein mit Niall...

„Ich werde dich vermissen", gebe ich leise zu und vergrabe mein Gesicht noch mehr an Nialls Halsbeuge. Er lehnt seine Wange an meinen Kopf und spielt sachte weiter.
„Ich dich auch, Prinzessin..."

Was das Management vor hat, ist nicht fair.
Ohne die Jungs auch nur zu fragen, wird von einem Tag auf den anderen ihr Haus verkauft. Sie müssen ausziehen und es wird verlangt, dass sie alle getrennt wohnen. Niall hat gestern schnell geschaltet und Harry sofort gefragt, ob sie zusammenziehen wollen, aber das wurde ihnen sofort verboten. Jeder der Jungs muss eine eigene Wohnung haben.
Für Zayn und Perrie erleichtert das die Wohnungssuche natürlich ungemein und sie sind doch recht froh darüber.
Liam hat auch nicht so viel dagegen, auch wenn er vermutlich noch nicht mit Sophia zusammenzieht. Die beiden sind sich noch nicht hundert Prozent sicher, sie entscheiden es in den nächsten Tagen einfach nach ihrem Bauchgefühl, haben sie gesagt.

Harry ist ziemlich fertig mit der Situation. Ihm gefällt der Gedanke absolut nicht, dass er nicht mehr mit Louis unter einem Dach wohnen wird. Es macht ihre ganze Beziehung auch unglaublich viel schwerer. Es wird schließlich auch unfassbar auffällig sein, wenn die beiden sich ständig besuchen oder sogar beieinander übernachten.
Niall und ich werden auch mehr Probleme haben, uns zu sehen. Auch bei uns wird das Management aufpassen und hellhörig werden, wenn zu viele Fotos oder Nachrichten kommen, dass wir uns gegenseitig besuchen.

Nachdem wir zurück in den Tourbus gekommen sind, habe ich selbst ein wenig gegoogelt und auf YouTube, Tumblr, Twitter und anderen Seiten geschaut, was es so alles über Niall und mich, aber auch über Louis und mich gibt.
Auf verschiedenen Internetmagazinen wird teilweise wirklich viel über uns geschrieben. Es gibt erstaunlich viele Spekulationen, besonders über Nialls Kuss- und Datefotos. Ich finde viele Fotos von denen ich nicht mal wusste, dass es sie gibt und den Fans fällt viel mehr auf, als mir selbst.
Es gibt zum Beispiel auch ein paar Fotos auf denen mir Niall einmal auf dem Weg von der Halle zum Hotel seine Jacke übergeworfen hat, weil mir kalt war. Das waren vielleicht zwei Minuten, in denen wir bis zum Auto gelaufen sind. Niemand von uns hat sich dabei etwas gedacht, aber die Fans interpretieren da auch schon zum Teil so viel hinein.


Es gibt so viele, die Niall und mich unendlich süß finden und sich wirklich wünschen, dass die Geschichte wahr ist. Wiederrum andere hassen mich regelrecht. Sie verurteilen mich dafür, dass Niall und ich uns so nahe stehen, obwohl ich Louis' Freundin bin. Es gibt Drohungen gegen mich, für den Fall, dass ich Louis verletzen sollte. Es ist unfassbar, was da alles geschrieben wird. Auch Niall kriegt viel von dem Hass ab, er spanne Louis die Freundin aus, so etwas würden beste Freunde nicht tun und er sei ein Verräter und noch viel schlimmere Sachen. Ich will gar nicht daran denken.

Ein tiefes Seufzen entweicht mir und Niall dreht sich so weit, dass er mir einen beruhigenden Kuss auf die Stirn geben kann.
„Denk nicht so viel nach, Fia... Das wird schon alles irgendwie wieder gut gehen... Jetzt fliegst du erst einmal mit Louis nach Hause. Da hast du ein bisschen Zeit für dich. Louis wird alle Gerüchte um unseren Kuss dementieren und unsere Geschichte erzählen. Auch das Management wird die Geschichte an einige Magazine verkaufen und in einer Woche ist alles wieder vergessen. Dann wird alles nur noch um die Umzüge gehen und warum wir alle das Direction-Haus verlassen. Das Thema wird ein paar Wochen anhalten und wenn die Tour rum ist und wir am neuen Album arbeiten werden, ist alles wieder vergessen..."
„Ich hoffe es so sehr, Ni", murmle ich gegen seinen Hals.

Ich spüre, dass Niall sich umsetzen will und hebe meinen Kopf von seiner Schulter. Er beugt sich vor und legt die Gitarre vor uns hin. Dann sammelt er die Zettel vor sich zusammen und legt sie in einem unordentlichen Stapel auf den Gitarrenkörper.
„Komm her", fordert er leise und legt sich hin. Er breitet seine Arme für mich aus und ich rutsche noch ein bisschen näher an ihn heran. Ich lege meinen Kopf an seine Brust und er schließt seine Arme fest um mich.

Nach ein paar Minuten, in denen wir beide einfach nur still daliegen und ich seinen Herzschlag in seiner Brust höre, spüre und in mich aufsauge, hebt er seine Hand und spielt mit meinen Haaren.
„Wir finden einen Weg, dass das hier alles klappt. Ich nehme mir eine Wohnung ganz in der Nähe und wir werden uns besuchen... Harry und Louis können auch dabei sein und wir können alle zusammen beieinander übernachten. Ich werde auf jeden Fall schauen, dass ich ein oder zwei Gästezimmer habe, in denen die beiden oder auch mal Zayn oder Liam übernachten können. Sie werden uns nicht verbieten können, dass wir uns alle besuchen kommen... Wir könnten nach der Tour auch einen kurzen Urlaub irgendwohin machen... Nur wir beide. Einfach weg, irgendwohin, wo uns niemand kennt und wenn ein paar Tage keine Fotos von mir auftauchen, ist das auch nicht allzu auffällig... Wir könnten vielleicht in ein kleines Dorf irgendwo nach Irland fliegen... Vielleicht zu meiner Großmutter oder so. Da könnten wir ein paar Tage bleiben und dann zurückkommen. Meine Familie würde sich bestimmt freuen, wenn ich sie besuche. Greg und Denise würden uns bestimmt auch für ein paar Tage bei sich aufnehmen. Greg würde sich riesig darüber freuen und ich könnte auch Theo mal wieder sehen..."
Niall beginnt von seinem kleinen Neffen zu reden und sagt mir, dass ich ihn absolut lieben würde.

Ich stimme ihm ja wirklich zu. Ich hab Bilder von ihm mit Theo gesehen und der kleine Junge ist wirklich niedlich und Niall liebt ihn so sehr. Er lässt sich regelmäßig Bilder von seinem kleinen Neffen schicken und telefoniert sogar manchmal mit dem Kleinen – seit der Junge zumindest ein paar Wörter und manchmal sogar ganze, sinnvolle Sätze formulieren kann.

Ich lächle Niall kurz an und gebe einen zustimmenden Laut von mir, auch wenn ich ganz genau weiß, dass das Träume sind.
Wie sollten wir das anstellen? Seine Familie würde sich doch fragen, warum ich mit Niall seine Familie besuche und sagen können wir es ihnen einfach noch nicht. Louis würde ausrasten und es ist schon richtig, dass es niemand erfahren soll. Außerdem will ich nicht wissen, was los wäre, wenn Fotos auftauchen würden, wie ich mit Niall seine Familie besuche.
Aber ich will ihm diese Träume nicht zerstören.
Also lächle ich, genieße die Nähe zu meinem Freund und rede mit ihm leise weiter über Theo, lasse mir Fotos und Videos zeigen und Geschichten von dem kleinen Jungen erzählen.

Denn schon in bisschen weniger als zwei Stunden müssen Louis und ich zum Flughafen und ich möchte die Zeit so lange es geht mit einem gut gelaunten Niall verbringen. Noch können wir hier einfach so zusammensitzen... Wer weiß, was sich das Management noch für den Rest der Tour ausdenkt.

No Control (Niall Horan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt