Kapitel 27

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"Kann ich dir noch irgendwie helfen? Ben anrufen oder so?"
"Könntest du mir vielleicht Johannes mal geben?"
"Ja klar. Einen Moment.", sagte Julia, bevor sie laut schrie: "Hanni!!!"
Erschrocken hielt ich mein Handy etwas weiter weg von meinem Ohr. Ich hatte nicht erwartet, dass sie so rum schrie, aber egal. Hauptsache ich konnte mit jemandem reden. Julia hatte mir in dem Moment schon genug geholfen.
Ich hörte nun, wie sich eine Tür öffnete und Julia ein paar Schritte ging, bevor ich Bettfedern quietschen hörte. Danach kam ein genervtes: "Was willst du?", von Johannes, das offenbar an Julia gerichtet war.
"Telefon für dich. Lisa. Ist wichtig.", hörte ich Julia sagen, bevor mein Bruder sich meldete und angenervt fragte: "Was ist mitten in der Nacht verdammt nochmal so wichtig, dass du anrufen musst? Kannst du nicht bis morgen warten?"
"Nein.", schluchzte ich.
"Ist alles okay?", fragte er nun. Ich bekam allerdings keinen Ton raus. Ich hörte nun, wie sich die Tür erneut öffnete und schloss.
"Lischen?", fragte Johannes nun besorgt.
"Ja.", schluchzte ich.
"Was ist los? Ist dir irgendwas passiert?"
"Nein."
"Ist irgendwas mit Devil? Oder mit Ginger?"
"Nein."
"Wo ist Ben? Ist der in der Nähe?"
"Nein."
"Wo ist der denn?"
"Im Hotel."
"Und wo bist du?"
"Im Stall."
"Du bist um die Uhrzeit alleine im Stall?"
"Ja."
"Wieso das denn? Hat Ben irgend einen Mist gebaut?"
"Nein."
"Warum bist du dann alleine im Stall?"
"Ich wollte bei Devil bleiben."
"Und warum weinst du? Was ist los?"
"Ich vermisse es jetzt schon."
"Was denn? Mensch Schwesterchen jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen! Was ist passiert, warum weinst du und warum bist du alleine bei Devil im Stall?"
"Das war unser letzter Sprung. Ich vermisse es so sehr mit ihm über die Hindernisse zu fliegen."
"Ach Kleines. Er ist doch nicht aus der Welt. Er steht immernoch bei uns im Stall und du kannst alles mit ihm machen. Der einzigste Unterschied ist, dass du nicht mehr mit ihm trainierst."
"Genau das ist ja das Problem. Ich hab das Gefühl ihn irgendwie durch Ginger zu ersetzen und das will ich nicht. Er ist doch mein Kleiner und ich komme einfach nicht mit dem Gedanken klar, dass er jetzt auf der Weide jeden Tag seinem Tod näher kommt, während ich mit Ginger trainiere."
"Lischen so darfst du das nicht sehen und so ist es auch nicht! Devil ist dein Pferd und er wird für immer dein Freund und Partner bleiben. Uns ist allen bewusst, dass Ginger ihn niemals ersetzen wird. Dafür hast du Devil viel zu sehr in dein Herz geschlossen."
"Aber ich schaffe es einfach nicht zu sehen, wie Devil seinem Tod immer näher kommt!"
"Das tun wir alle jeden Tag."
"Aber wir sind keine Pferde, die mit 30 Jahren sterben!"
"Aber guck mal. Dann hat Devil doch noch 10 Jahre Zeit. Bei dem Hengst würde es mich auch nicht wundern, wenn er noch länger lebt nur, weil er weiß, dass er dich hier nicht allein lassen kann."
"Aber 10 Jahre gehen so verdammt schnell rum!"
"Dann musst du einfach jeden Tag ganz viel Zeit mit ihm verbringen und jede Sekunde auskosten. Glaub mir. Devil liebt dich mindestens genauso sehr, wie du ihn und ich kann dir versprechen, dass er, wenn er geht, das nicht freiwillig tut. Er lässt dich nicht freiwillig allein und es ist garantiert nicht seine Absicht dir dein Herz zu brechen. Er würde alles tun, um das zu verhindern, weil er dich über alles liebt! Er kann genauso wenig ohne dich, wie du ohne ihn. Ihr seid ein Team und das werdet ihr für immer bleiben!"
"Danke!"
"Kein Problem. Kann ich dir noch irgendwie helfen? Ben anrufen oder so?"
"Können wir morgen Abend noch ausreiten?"
"Ja klar. Wenn du das möchtest können wir das natürlich machen. Soll ich dir irgend ein Pferd fertig machen?"
"Nein. Ich nehm Devil."
"Okay. Wann seid ihr so ungefähr da?"
"Wenn alles glatt läuft pünktlich zur Fütterung."
"Gut. Dann hab ich bis da hin alles fertig."
"Danke Bruderherz!"
"Ist schon gut Lischen. Du bist meine Schwester. Da ist das selbstverständlich."
"Eigentlich bin ich ja nichtmal deine richtige Schwester."
"Lisa du bist und bleibst meine Kleine Schwester! Spätestens nach Mums Tod solltest du gemerkt haben, dass ich immer für dich da bin und seit dem müssen wir gegenseitig auf uns aufpassen. Wir haben nunmal niemanden mehr, der auf uns aufpasst."
"Ich weiß. Danke, dass du nicht zurück nach Holland bist und stattdessen für mich da bist."
"Kleine das werde ich immer sein. Du bist neben Julia die Einzigste, die mich Nachts um eins anrufen und mir die Ohren voll heulen darf. Jetzt solltest du aber schlafen. Es ist schon sehr spät und du musst morgen früh raus."
"Du aber auch."
"Ja. Ich auch."
"Nochmal vielen Dank!"
"Gern geschehen. Wir sehen uns morgen."
"Ja. Bis dann.", sagte ich noch und legte dann auf.

Der Falsche SprungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt