Kapitel 58

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Nach einer Weile gab ich dann auf und ging raus in den Stall. Dort angekommen setzte ich mich zu Devil in die Box. Mein Hengst kam direkt interessiert zu mir und wenig später lag er auch schon neben mir.
"Hey Großer! Wie geht's dir?", fragte ich und strich ihm sanft über den Hals. Von dem Hengst kam nur ein ruhiges Schnauben.
Wir saßen nun ruhig nebeneinander, bis ich auf einmal Schritte auf der Stallgasse hörte. Dann ging die Boxentür neben mir auf und man hörte Shalima sanft brummeln. Das musste Ben sein! Sonst begrüßte sie niemanden so freudig.
"Hallo meine Kleine!", hörte ich diesen dann sagen. Wusste ich es doch! Was machte er denn hier? Er sollte doch schlafen!
"Da bin ich schon wieder. Leider eher als geplant.", redete Ben weiter. Von der Stute kam.nur ein Schnauben als wollte sie fragen warum.
"Dein Ex Besitzer ist tot. Sein Herz hat wohl ausgesetzt und man konnte ihn nicht mehr retten. Emely musste ihn finden und hat Lisa angerufen. Die Ärzte haben alles versucht, aber sie konnten ihn nicht mehr retten. Er ist tot.", erzählte er und die letzten Worte waren kaum mehr ein Schluchtzen.
"Erst stirbt meine Mutter und jetzt auch noch mein Vater. Jetzt hab ich gar keinen mehr.", schluchzte er dann. Ich stand nun langsam auf und ging zu ihm. Sanft legte ich einen Arm um ihn. Erschrocken zuckte er zusammen, aber als er merkte, dass ich es war bewegte er sich nicht mehr.
"Doch. Du hast mich. Ich bin für dich da!",, sagte ich und stellte mich vor ihn, sodass ich ihm in die Augen schauen konnte.
"Du musst nur mit mir reden. Dann kann ich dir auch helfen.", sagte ich nun und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihm sanft eine Träne weg zu wischen. Er nahm mich nun in den Arm und zog mich nah zu ihm. Ein bisschen zu nah für meinen Geschmack, da ich kaum noch Luft bekam, aber er brauchte das jetzt einfach. So hielt ich brav still und schlang meine Arme ebenfalls um seine.
"Danke!", schluchzte er nach einer Weile.
"Da gibt's nichts zu danken. Du hörst dir mein Geheule seit Jahren an und spielst den Starken, der für alle da ist. Du kannst auch ruhig mal zeigen, dass du das nicht immer bist. Es ist okay auch mal zu weinen!"
"Ich hab immer gelernt, dass Gefühle was schlechtes sind.", schluchzte Ben.
"Man merkt, dass du ohne Mutter aufgewachsen bist. Das ist der größte Bullshit! Jeder muss mal weinen und mit anderen reden. Das ist wichtig!"
"Und so etwas lernt man von einer Mutter?"
"Du hast ihren Tod nie richtig verarbeitet oder?"
Ben schüttelte den Kopf.
"Hast du jeh mit irgendwem darüber geredet?", fragte ich.
"Mit Shalima.", meinte Ben.
"Sie ist die Einzigste, der du alles erzählt hast?"
"Ja."
"Warum hast du nie mit mir gesprochen?"
"Du warst zu jung. Du hättest das alles nicht verstanden."
"Aber jetzt bin ich es nicht mehr. Das muss dich doch die ganze Zeit beschäftigt haben. Warum hast du nichts gesagt?"
Von Ben kam keine Antwort.
"Komm. Wir setzen uns jetzt zu Shalima und dann erzählst du mir alles.", sagte ich und zog ihn mit mir in die Box.
Als wir dann saßen fragte Ben: "Was soll ich denn erzählen?"
"Einfach alles, was dir auf der Seele liegt. Über deine Mutter, deinen Vater und alles was dich sonst noch so beschäftigt."
Ben begann nun zu reden. Anfangs noch etwas zögerlich, aber mit der Zeit gab sich das und er redete sich die Seele vom Leib. Hunderte von Tränen flossen und mit jedem Satz, den er sprach fiel ihm ein wenig mehr Last von den Schultern.
Als er am Ende aufhörte zu reden spürte ich regelrecht, dass es ihm nun viel besser ging.
"Das hat dich alles sehr beschäftigt oder?", fragte ich nun. Er nickte nur.
"Das merkt man. Ich hab die Last von deinen Schultern regelrecht runterfallen hören.", sagte ich.
"Ja. Das hat gut getan. Vielen Dank!"
"Gerne. Ich bin ja froh, wenn du mit mir sprichst und wenn ich dir helfen kann."
"Süße du hilfst mir schon allein dadurch, dass du da bist."
"Ach du bist süß!"
"Das hat nichts mit süß zu tun. Ich bin einfach glücklich mit dir."
"Ach Schatz. Du glaubst gar nicht wie glücklich ich mit dir bin. Ich verstehe immernoch nicht, warum ich damals so doof war und nicht verstanden hab, dass meine große Liebe direkt vor mir ist."
"Direkt vor dir jetzt auch nicht."
"Doch. Du warst jahrelang mein bester Freund und ich hab nie verstanden, dass das mehr ist, als nur Freundschaft. Ohne Darling wären wir vielleicht heute noch nur Freunde, weil du dich nicht traust was zu sagen."
"Schon irgendwie bescheuert, dass uns ein Pferd zusammen gebracht hat."
"Darling war nicht einfach nur ein Pferd. Sie war was ganz besonderes. Ohne sie wäre ich heute nicht das, was ich bin."
"Ich weiß. Sie hat uns allen viel bedeutet. Jeder, der sie kannte hat mindestens ein Bild von ihr im Zimmer hängen. Jenny stellt noch bis heute jedes Jahr eine Blume hin."
"Ich weiß. Ihr hat sie fast genauso viel bedeutet, wie mir. Sie hat ja noch mit am meisten Zeit mit ihr verbracht und sie war das erste Pferd, was sie wirklich komplett selber grpflegt hat. Und dann gleich ein Pferd, das so berühmt wird. Sie war schrecklich stolz, als das Pferd, was sie pflegen darf Olympia gewonnen hat."
"Ja. Das Bild hat sie immernoch in ihrem Zimmer hängen."
"Ich weiß. Und das mit Devil, als er gewonnen hat direkt daneben."
"Ja. Und bald hängt das von Ginger auch daneben."
"Das warte mal ab."
"Wieso? Ist doch bald wieder."
"Ja. Ob wir uns qualifizieren ist eine ander Sache."
"Ach. Ihr schafft das."
"Das du so viel Vertrauen in uns hast! Die Kleine ist erst vier!"
"Ja, aber sie ist jetzt schon ein Champion. In dem halben Jahr hat sie dann genug Kraft und dann schafft ihr das. Da vertraue ich ganz auf dich. Du kannst sie in der Zeit zum Champion machen. Das schaffst du!"
"Ich weiß nicht. Das ist ein bisschen zu früh."
"Ihr schafft das! Vertrau mir. Die Kleine kann das und du sowieso."
"Ja, aber ich brauch Zeit. Mehr Zeit, als ich habe."
"Das heißt dann für uns halt ein bisschen mehr Arbeit. Wir nehmen dir ein paar Pferde ab und du konzentrierst dich aufs Springen."
"Wie soll das denn gehen? Ihr habt so schon genug zu tun. Vor allen Dingen, wenn wir jetzt einer weniger sind."
"Dann müssen alle anderen halt mehr mit anpacken. Wir kriegen das schon."
"Sorry, aber das geht nicht. Wir schaffen das nicht!"
"Süße ich kenn dich doch. Du willst mit ihr bei Olympia starten. Es ist doch schon immer dein Traum gewesen und du hast jedes Mal wieder Tränen in den Augen, wenn du vor den Massen an Menschen startest. Du willst doch das dritte Mal in Folge die Medaille in die Vitrine hängen. Und Jenny braucht doch das dritte Foto. Außerdem kannst du dein Team doch nicht im Stich lassen!"
"Na gut. Ich starte. Aber ihr müsst alle helfen! Sonst schaffe ich das nicht!"
"Natürlich. Wie viele Pferde soll ich dir abnehmen?"
"Gar keine. Die reite ich alle selber, aber ich hätte gerne, dass meine Pferde immer schon komplett fertig sind, wenn ich mit dem ersten fertig bin. Das ich also absteige und auf das nächste komplett fertig aufgewärmte Pferd aufsteige und das trainiere."
"Das lässt sich machen. Kein Problem."
"Und ich brauche jemanden, der den Bürokram macht. Ich werde mit den Pferden viele Nachtschichten machen müssen. Da schaffe ich das nicht auch noch."
"Das wird schon schwieriger, aber wir finden da schon irgendwen. Was willst du denn mit Ginger machen?"
"Morgens Freispringen für die Kraft, mittags alle zwei Wochen abwechselnd Dressur und Spring Training und abends dann locker noch ein bisschen joggen."
"So viel?"
"Ja. Irgendwie muss ich sie ja fit kriegen."
"Das sind ja dann drei Stunden!"
"Ja. Die brauche ich auch, wenn sie in nichtmal einem Jahr Olympia gehen soll."
"Okay. Irgendwie schaffen wir das."
"Meinst du wirklich?"
"Ja. Für dich würde ich auch noch zehn Pferde am Tag reiten."
"Danke Schatz!", sagte ich und gab ihm einen Kuss. Er erwiderte diesen und fragte: "Wie viel Uhr haben wir eigentlich?"
"Viel zu früh am Morgen.", meinte ich.
"Sollten wir uns vielleicht langsam fertig machen für die Fütterung?"
"Das wäre keine schlechte Idee."
"Okay. Dann komm."

Der Falsche SprungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt