Kapitel 84

105 11 0
                                    

Am nächsten Morgen traf ich mich, wie abgesprochen, direkt nach der Fütterung mit Paul. Dieser hatte Bismarck bereits komplett gesattelt.
"Okay. Als erstes nimmst du jetzt mal die Ausbinder ab. Die braucht man nur, wenn man sein Pferd nicht unter Kontrolle hat."
"Sonst läuft er aber so komisch."
"Ausbinder ab! Sonst müssen wir gar nicht erst anfangen!"
"Wenn Sie das sagen."
"Sag doch bitte du. Sonst fühl ich mich immer so alt."
"Okay."

Er nahm nun dem Pferd die Ausbinder ab und legte diese an die Seite.
"Was jetzt?", fragte er nun gespannt.
"Jetzt gehen wir mal zum Springplatz und ich gucke mal, was du so kannst.", meinte ich.

So gingen wir nun gemeinsam zum Springplatz, wo Paul sich dann aufs Pferd schwang und seinen Wallach erst einmal warm ritt.

Nachdem er dies getan hatte ließ ich ihn einen kleineren Parcours springen und nun ja. Als Katastrophe würde ich das jetzt nicht unbedingt bezeichnen, aber es war schon sehr nah dran. Der Wallach wehrte sich strikt gegen die Zügel und sein Reiter sah keine einzige der Distanzen, die ich ihm aufgebaut hatte.
"Komm mal bitte her.", rief ich ihm zu. Er tat dies und hielt bei mir am Zaun.
"Wo liegen die Fehler?", fragte ich nun.
"Ich hab keine von den Distanzen auch nur ansatzweise getroffen und er verweigert jegliche Art von Hilfen."
"Woran könnte das liegen?"
"Ich weiß es nicht. Daran rätseln wir jetzt schon seit Jahren. Deshalb reite ich ihn normalerweise immer mit Ausbindern."
"So tust du gar nichts gegen das Problem. Du stellst ihn nur ruhig. Das bringt dir nichts."
"Und was soll ich deiner Meinung nach tun?"
"Als erstes stellst du die Bügel mal ein Loch kürzer. Die sind zu lang. So kommst du nicht aus dem Sattel raus. Dann konzentrierst du dich mal komplett auf die Galoppsprünge und Distanzen. Zähl ruhig mal mit und verkürze ider verländere die Sprünge vor den Hindernissen. Dann klappt das alles besser und er braucht sich nocht so fürchterlich zu überspringen, um noch drüber zu kommen."
"Okay. Sonst noch was?"
"Fürs Erste nicht. Versuch es mal so."

Dies tat Paul und diesmal sah es gar nicht so schlecht. Der Wallach wehte sich allerdings noch immer gegen den Zügeln. Da sah ich vom weiten Julia auf der Weide und rief ihr zu: "Kannst du mal kurz kommen? Ich brauch mal deinen Rat!"
Julia schaute aufnund stand wenig spätet auch schon neben mir.
"Was gibt's?", fragte sie.
"Der Kleine wehrt sich gegen den Zügel. Weißt du warum?", fragte ich. Julia schaute sich das Ganze einen Moment an und sagte dann: "Das Gebiss ist zu hart. Gib ihm ein ganz weiches oder lass ihn gebisslos laufen. Dann ist er zufrieden und geht wieder vernünftig."
"Super. Danke!"
"Ich muss aber sagen Paul hat eine echt weiche und extrem ruhige Hand. Das kann nicht jeder."
"Nein. Er ist schon ganz gut. Wir arbeiten noch ein bisschen an den Distanzen und an der Kondition von den beiden und dann kann daraus was werden."
"Aber ich dachte er reitet S. Warum lässt du ihn nur so niedrig springen?"
"Zum austesten wie er reitet. Erstmal krigen wir das technische zwischen den Sprüngen hin und dann kommt die Höhe. Außerdem hat das Pferd eine schlechte Kondition. Da müssen wir erstmal dran arbeiten."
"Klingt nach einem längeren Trainingsplan."
"Ja, aber ich hab nur dieses Wochenende. Danach fährt er wieder."
"Und wie willst du das in der Zeit hin krigen?"
"Drei Mal am Tag Training und harte Arbeit. Ich bring ihm alles bei, was ich in der Zeit schaffe."
"Okay. Na dann noch viel Spaß. Ich muss schnell weiter. Die Pferde warten.", meinte Julia und war schon wieder verschwunden.
"Komm nochmal her!", rief ich Paul nun zu. Er tat dies und sagte: "Er nimmt keine Hilfen an. Egal, was ich mache er wehrt sich."
"Was hast du für ein Gebiss drauf?"
"Eine normale Springkandarre. Warum?"
"Die ist ihm zu hart. Ich hol dir mal was. Reit ihn in der Zeit einfach locker vorwärts abwärts ein bisschen im Trab.", sagte ich und ging dann in die Sattelkammer. Dort stand ganz hinten in der Ecke ein Schrank mit nicht gebrauchten Trensen, Schabracken und allem anderen Zeug. Hier kramte ich eine Weile, bis ich ein doppelt gebrochenes Gebiss mit einem mexikanischen Reithalfer rausgesucht hatte. Dies baute ich nun alles eichtig zusammen und ging dann zurück zum Springplatz. Dort angekommen rief ich Paul zu mir und nahm dem Wallach die Trense ab, um ihn dann die andere an zu legen.
"So. Das müsste besser passen. Versuch es so mal.", wies ich Paulan, nachdem ich alles richtig eingestellt hatte.
"Okay.", sagte dieser und ritt los. Nun ließ der Wallach seinen Hals schön fallen und nahm die Hilfen von Paul perfekt an.
"Super! Das sieht doch schon ganz anders aus! Jetzt haben wir ein zufriedenes Pferd!", sagte ich begeistert.
"So super ist er schon lange nicht mehr gelaufen!", stimmte Paul mir zu.
"Sehr gut. Dann zeig mal, was ihr so könnt.", sagte ich und erklärte ihm dann, welchen Parcours er reiten sollte. Er setzte dies auch ganz gut um. Das einzigste Problem war, dass er die Distanzen einfach nicht traf.
Ich schaute ihm noch eine Weile zu und rief dann: "Gut. Das reicht fürs erste. Reit ihn noch in Ruhe trocken und mach ihn dann fertig. Heute mittag um eins seid ihr bitte komplett fertig am Dressurviereck. Zu komplett fertig gehört auch fertig abgeritten, sodass wir gleich anfangen können! Wir haben nicht viel Zeit!"
"Okay.", antwortete er. So ging ich nun zum Stall und übernahm Cheyenne von Jenny.
"Sie ist schon Schritt gegangen. Kannst sofort mit Trab anfangen.", erklärte Jenny mir.
"Super! Danke!", sagte ich und schwang mich auf den Rücken der Stute.
"Was ist mit Ginger?"
"Stellt die einfach solange auf die Weide. Heute Nachmittag trainiere ich ja dann mit ihr."
"Okay. Ich mach dann mal weiter.", meinte Jenny und ging wieder. Ich ritt nun zur Geländestrecke, wo ich die Stute antrabte. Anfangs war es nur ein lockerer Trab, den ich dann mit jeder Runde steigerte, bis sie dann im Stecktrab lief. Auch hier ließ ich sie eine Runde laufen, bevor ich sie dann angaloppierte. Auch hier fing ich langsam an und trieb die Stute bei jeder Runde etwas schneller.
Im Jagdgalopp ließ ich sie dann ein paar Runde, bevor ich das Tempo dann langsam Runde für Runde wieder raus nahm.
Als ich dann einen versammelten Trab erreicht hatte, ließ ich sie dann noch eine Runde Vollgas geben, bevor ich sie dann durch parierte und ausgiebig lobte.

Der Falsche SprungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt