Kapitel 92

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Und ich sollte mit meinen Vermutungen Recht behalten. Am nächsten morgen trafen wir uns, wie immer, nach der Fütterung in der Sattelkammer. Hier traf ich auf eine ziemlich verkarterte Emely und einen Paul, dem es genauso, wenn sie sogar ein bisschen schlechter ging. Dem wünschte ich viel Spaß dabei jetzt noch bis nach Deutschland zu fahren!

Nachdem ich die Pläne für den Tag aufgehangen hatte, erklärte ich: "Das Wochenende ist vorbei und Paul fährt heute mit Bismarck wieder nach Hause. Das heißt ihr kümmert euch bitte drum, dass die Box wieder leer und ordentlich ist. Wer möchte kann noch mitkommen und beim Verladen helfen, aber danach geht es dann wie nach Plan weiter. Johannes du baust mir bitte in der Halle nochmal den Parcours vom letzten Mal auf und longierst Ginger dann nochmal ein bisschen, dass die warm wird. Wenn es bei mir länger dauert kannst du sie auch ruhig schon springen lassen. Du weißt ja, wie es geht. Julia hilft dir bestimmt gerne.

Die anderen verabschiedeten sich nun schnell von Paul und verteilten sich dann wieder auf das gesamte Gestüt. Ich ging nun mit Paul, Emely und Ben zusammen in den Stall, um Bismarck so weit fertig zu machen und schließlich draußen zu verladen. Das klappte alles ohne Probleme und so waren wir schnell fertig. Seine Sachen hatte Paul bereits am Tag zuvor eingepackt und so war er nun bereit zur Abfahrt. Jetzt hieß es Abschied nehmen. Er begann bei Ben.
"Vielen Dank, dass du deine Frau so lange entbehren konntest!", sagte er auf englisch und schüttelte ihm zum Abschied die Hand. Weiter machte er bei mir und sagte nun auf deutsch: "Vielen, vielen Dank für alles! Das war ein tolles Wochenende! Du warst eine tolle Trainerin! Ich glaube so viel auf einmal hab ich noch nie gelernt!"
"Nicht der Rede wert. Ich gebe mein Wissen gerne weiter und du warst ja auch ein toller Schüler. Du kannst gerne mal wieder kommen. Wir haben eigentlich immer eine Box frei."
"Gerne! Ihr habt es echt schön hier! Da komme ich liebend gern wieder. Was ich dich schon die ganze Zeit fragen wollte. Wann bist du wieder in Deutschland? Ich würde dich gerne mal so richtig auf dem Turnier sehen."
"Das nächste Mal glaube ich in Frankfurt in der Festhalle. Vielleicht auch vorher nochmal auf ein paar Turnieren. Ich bin mir nicht sicher."
"Ich wohne in der Nähe von Frankfurt. Da komme ich mal vorbei!"
"Klasse! Dann sehen wir uns ja da. Ich schick dir mal ein VIP Ticket zu. Dann kannst du auch mitkommen in den Stallbereich und se. Ich denke das ist ganz interessant für dich."
"Das wäre toll! Vielen Dank!"
"Gerne. Wann reitest du eigentlich deine deutschen Meisterschaften? Zum Training dafür warst du ja hier."
"Nächstes Jahr im Frühling."
"Da schickst du mir mal bitte das genaue Datum und die Adresse, wo die stattfinden. Das würde ich mir gerne mal angucken."
"Jetzt echt?"
"Ja klar. Irgendwer muss dich ja vom Rand aus anschreien, wie du zu reiten hast."
"Ich glaub das sehen die Richter nicht so gerne."
"Ach. Ich bin Touristin. Ich darf das."
"Na dann. Ich würde mal sagen bis Frankfurt."
"Ja. Bis dann! Trainier schön! Und denk an meine Tipps!"
"Die hab ich mir alle aufgeschrieben. Die kann ich gar nicht vergessen!", meinte er und wandt sich nun Emely zu.
"Tschüss!", sagte er auf polnisch und umarmte sie zum Abschied. Wow! Er hatte tatsächlich seine Aussprache ein wenig verbessert! Aber wahrscheinlich konnte er nur das eine Wort. Emely verabschiedete sich ebenfalls leise vin ihm. Dann warf er noch ein: "Auf Wiedersehen!", in die Runde, bevor er einstieg und vom Parkplatz fuhr. Ein letztes Mal winkte er uns noch zu, bevor er in der Ferne verschwand.
Aus den Augenwinkeln konnte ich nun sehen, wie Emely vereinzelte Tränen die Wange entlang liefen. Sie hatte ihn in der kurzen Zeit wirklich lieb gewonnen und sich, in meinen Augen, total in ihn verliebt.
"Hey. Wir sehen ihn in ein paar Monaten in Frankfurt doch wieder und er wird uns auf jeden Fall nochmal besuchen kommen.", sagte ich tröstend und legte einen Arm um sie. Emely brach nun endgültig in Tränen aus und vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter. Ich nahm sie in den Arm und sagte beruhigend: "Alles ist gut. Du siehst ihn doch bald schon wieder. Die paar Monate vergehen wie im Flug."
Ben stand nur teilnahmslos daneben und war mir der ganzen Situation etwas überfordert. Ich deutete ihm nun zu gehen und wand mich wieder Emely zu.
"Ich vermisse ihn jetzt schon.", schluchzte sie.
"Du kannst doch mit ihm schreiben, oder ihn anrufen. Die Nummer hängt im Büro. Das ist kein Problem."
"Das ist nichr das selbe, wie wenn er hier ist.", schkuchzte Emely.
Ich ließ sie nun einfach weinen und strich ihr nur beruhigend über den Rücken, bis sie leise fragte: "Mama?"
"Ja?", fragte ich.
"Ich glaube ich liebe ihn.", sagte Emely.

Der Falsche SprungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt