Kapitel 89

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Am Springplatz angekommen parierte Paul den Wallach gerade durch. Das nannte ich mal perfektes Timing!
"Können wir los legen?", fragte ich nun.
"Ja.", kam es von ihm.
"Super. Dann nimm erstmal das rote Kreuz und reite dann eine enge Wendung auf das gelbe zu."
Er nickte und galoppierte auf den ersten Sprung los. Mit einem niedrigen Sprung setzte der Wallach perfekt hinüber und galoppierte dann mit einer engen Wendung direkt auf das gelbe Kreuz daneben zu. Er hielt den Wallach jedoch im falschen Moment vorne fest und so wurde der Sprung nicht wirklich gut.
"Okay. Das selbe nochmal und dann konzentrierst du dich mal auf die Distanz dazwischen. Das müssen exakt sieben Galoppsprünge sein.", rief ich ihm zu. Er versuchte es erneut und wueder das selbe Problem.
"Das waren acht! Du hältst ihn zu sehr fest!", rief ich. Noch einmal versuchte er es.
"Jetzt bist du zu schnell! Das waren nur sechs!", rief ich. Wieder nur ein Nicken von ihm. Wieder ritt er auf das Hindernis zu. Um ihm das Ganze ein wenig zu erleichtern zählte ich die Galopp Sprünge nun laut mit. Und diesmal passte es tatsächlich nahezu perfekt.
"Es geht doch! So muss das sein!", lobte ich ihn.
"Und jetzt?", fragte er.
"Nochmal. Und diesmal alleine! Versuch mal, ob es besser geht, wenn du selber laut mitzählst.", wies ich ihn an. Er nickte und tat dies. Auch diesmal passte es fast perfekt.
"Super! Es geht doch!", lobte ich ihn. Er nickte strahlend.
"Gut. Dann können wir jetzt ja mal ein bisschen in die Höhe gehen. Ich hab dir da so einen kleinen Parcours aufbauen lassen. Das ist der Parcours vom letzten CHIO. Ich hab den nur ein bisschen runter geschraubt. Das Ziel ist, dass du den in einer guten Zeit ohne Fehler reitest. Das müsste für deine Klasse eigentlich kein Problem sein.", meinte ich.
"Woher kennst du den Parcours vom CHIO?"
"Ich hab den selber gewonnen."
"Jetzt echt?"
"Ja klar. Der Pokal steht doch drinnen in der Vitrine. Der ist wohl kaum von alleine da rein geflogen."
"Da stehen so viele."
"Ja. Ich bin nicht umsonst die erfolgreichste Springreiterin der Welt. Ich hab dad CHIO jetzt schon ungefähr zum 30. Mal gewonnen. Das erste mal, als ich vierzehn war."
"Wow! Ich wusste ja, dass du erfolgreich bis, aber ich dachte nicht gleich so erfolgreich!"
"Ach ich hab schon so einiges gewonnen. Das kann ich dir gar nicht alles aufzählen. Aber das ist jetzt auch egal.", meinte ich und erklärte ihm dann den Parcours mit den ganzen Distanzen und Kombinationen. Paul guckte mich nur groß an und ich merkte, dass er sich das wohl nicht so ganz merken konnte.
"Du kannst mir nicht so ganz folgen oder?", fragte ich.
"Nicht wirklich.", meinte er. Okay. Wie verdeutlichte ich ihm das jetzt am besten. Da kam mir eine Idee.
"Darf ich mal kurz?", fragte ich. Paul nickte und stieg ab. Ich schwang mich nun in den Sattel und schlug die viel zu langen Steigbügel über. Ich war einfach einen halben Meter zu klein dafür. Nun galoppierte ich den Wallach an und ritt mit ihm den kompletten Parcours einmal durch. Das klappte auch schon ziemlich gut, aber der Wallach hatte noch nicht so die Kraft, die er bräuchte.
Wieder bei Paul angekommen stieg ich ab und fragte: "Jetzt verstanden?"
Von ihm kam nur ein begeistertes Nicken.
"Gut. Dann leg mal los.", meinte ich und übergab ihm die Zügel. Er schwang sich nun in den Sattel und ritt den Parcours selbst noch einmal. Bis auf ein paar versämmelte Distanzen klappte das auch schon ganz gut.

Den Rest der Stunde, die ich eingeplant hatte, verbrachten wir damit auch diese Distanzen zu trainieren, bis er den Parcours dann ohne Probleme schaffte. Es war immernoch nicht perfekt, aber immerhin schonmal ein Anfang.

Paul ging nun Bismarck fertig machen, während Emely nun auf einem komplett fertigen Nasim und einer ferrig gesattelten Ginger zum Platz geritten kam.
"Danke!", sagte ich und nahm ihr die Zügel ab, um mich in den Sattel uu schwingen.
"Ich soll dir von Jenny sagen, dass sie schon Schritt gegangen ist."
"Okay. Super. Wie weit bist du?", fragte ich nun.
"Fertig. Wir können direkt los legen."
"Gut. Dann schauen wir mal, wie hoch der Kleine so kommt. Den Parcours kennst du noch?"
"Ja. Den hab ich ja stundenlang mit dir gelernt. Den kann ich mittlerweile selber auswendig."
"Sehr gut. Dann nimm mal die kleine Kombination ein paar Mal auf beiden Händen und den roten Steil auf beiden Händen einmal, dass er sich ein bisschen warm springen kann. Wenn du willst kannst du auch den gelben Oxer nochmal mitnehmen."
"Okay.", meinte Emely und legte los. Ich legte in der Zeit die Stangen ein Stück niedriger, sodass sie nur noch etwa auf L Höhe waren. Man musste es ja nicht gleich übertreiben und höher konnte man die Stangen immernoch legen.

Als ich fertig war, waren auch Emely und Nasim fertig und hielten vor mir.
"Was jetzt?", fragte Emely.
"Jetzt reitest du den Parcours einfach mal nach Turnierbedingungen. Also erstmal kurz den Parcours zeigen und dann los legen.", wies ich sie an.
"Okay.", sagte sie und galoppierte den Hengst aus dem Stand an. Ich blieb einfach am Rand stehen und schaute mir jede Bewegung von Pferd und Reiter genau an. Wenn sie wirklich erfolgreich in der Vielseitigkeit werden wollte musste jede Bewegung stimmen. Jede Linie musste exakt eingehalten werden und die Distanzen mussten auf den Punkt geritten sein.

Emely ließ den Parcours ohne großartige Schwierigkeiten hinter sich und hielt schließlich vor mir an. Mit strahlenden Augen schaute sie mich an und fragte: "Und? Was sagst du?"
"Fürs erste Mal gar nicht mal so schlecht.", meinte ich.
"Wo genau sind die Fehler?"
"An dem Grundtempo müssen wir noch arbeiten. Das ist mal zu schnell und dann wieder zu langsam. Da müsst ihr die Mitte treffen und das Tempo den kompletten Parcours lang durchhalten. Dann passt das auch mit den Distanzen ein bisschen besser. Die sind noch nicht ganz perfekt. Außerdem musst du noch ein bisschen an deiner Haltung in den Flugphasen arbeiten. Da könntest du ihn noch einen Ticken mehr und länger entlasten. Du fällst ihm ein bisschen zu früh in den Rücken."
"Okay. Sonst noch was?"
"Mach mal die Bügel ein Loch kürzer. Dann kommst du besser aus dem Sattel raus."
"Gut.", sagte Emely und tat dies.
"So. Dann reit das Ganze einfach nochmal.", wies ich sie nun an. Sie tat dies und diesmal sah es schon um einiges besser aus.
"Klasse! Wenn wir jetzt noch ein bisschen an dem Grundtempo arbeiten wird das noch richtig super!", lobte ich sie, als sie strahlend vor mir anhielt.
"Der Kleine ist klasse!", sagte Emely glücklich.
"Wollen wir es vielleicht mal ein bisschen höher versuchen?", fragte ich.
"Ja!", strahlte Emely.
"Okay. Halt ihn in Bewegung. Ich bau dir was auf.", sagte ich und machte mich daran die Stangen alle ein Loch höher zu legen.

Der Falsche SprungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt