Kapitel 63

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Am nächsten Morgen ging es dann schon früh wieder in den Stall und die Arbeit reif mit jede Menge Stress. Zwischendrin schaute ich immer wieder bei Emely, doch diese schlief den ganzen Tag. Auch am Abend schlief sie noch und so ließ ich sie einfach schlafen, um dann Essen zu machen.
"Wo ist denn Emely?", fragte Ben, als wir beim Essen saßen.
"Die schläft noch.", berichtete ich.
"Immernoch?"
"Ja. Besser so, als wenn sie denn ganzen Tag hier sitzt und leidet."
"Stimmt auch wieder."
"Ja also. Lass sie einfach schlafen."
Ben nickte nur und dann war einen Moment Ruhe, bevor die üblichen Pferde Gespräche wieder begannen. Wie lief welches Pferd und welches hatte sich wieder nicht benommen.

Nach dem Essen gingen dann alle zu Bett. Nur ich verschwand noch einmal im Büro, um dort den Plan für den nächsten Tag zu erstellen.

Ich war gerade damit fertig und wollte mich dem anderen Papierkram zu wenden, als ich hörte, wie die Tür hinter mir sich langsam öffnete. Verwundert schaute ich zur Tür. Ben wollte doch schon schlafen.
Da erkannte ich, wer es war.
"Emely! Ist alles in Ordnung?", fragte ich.
Sie setzte sich nur wortlos neben mich auf den Stuhl, der dort stand.
"Wie geht's dir?", fragte ich weiter.
"Ganz gut.", meinte sie.
"Was ist denn dann los? Irgendwas stimmt nicht. Das sehe ich dir doch an."
"Er... Ach nichts."
"Was ist los?"
"Er hat mich betrogen!"
"Wer?"
"Leon."
"Wer ist Leon?"
"Mein Freund. Jetzt Ex Freund."
"Und der hat dich betrogen?"
"Ja. Er hat einfach so mit Chantal rum gemacht!"
"Und wer ist Chantal?"
"Meine Freundin."
"Oh."
"Ja oh."
"Hast du mit ihm darüber gesprochen?"
"Was soll das denn bringen?"
"Vielleicht gibt es eine Erklärung dafür?"
"Ja. Die hab ich schon. Laut ihm bin ich nicht heiß genug."
"Jetzt ernsthaft?"
"Das hat er so gesagt."
"Was ein Arschloch!"
"Ja und die ganzen anderen sind auch nocht besser!"
"Dann geh doch einfach nicht mehr hin."
"Und dann bin ich ganz alleine und hab gar keinen mehr."
"Du hast doch uns und die Pferde."
"Darum geht's ja nicht. Ich bin dann in der Schule wieder die Außenseiterin."
"Da gibt es doch bestimmt auch andere mit denen du dich anfreunden kannst."
"Ich will das alles nicht mehr! Das ist doch alles scheiße!"
"Was?"
"Saufen, kiffen, Party machen. Das einzigste, was das bringt ist, dass es dir am nächsten Tag beschissen geht!"
"Dann lass es doch einfach."
"Dann bin ich endgültig die Außenseiterin."
"Nur, weil du keine Lust hast dich zu betrinken bis zum Koma? Das kann nicht sein!"
"Ist aber so!"
"Soll ich vielleicht mal mit deiner Lehrerin sprechen?"
"Nein! Bitte nicht!"
"Und was dann?"
"Keine Ahnung!"
"Ich auch nicht."
"Kannst du mich vielleicht für diese Woche krank schreiben?"
"Für heute und morgen ja, aber dann musst du in die Schule! Anders geht es nicht!"
"Wieso nicht?"
"Emely du machst in einem Jahr deinen Abschluss! Du kannst nicht dauernd zuhause bleiben. Sonst schaffst du das nicht!"
"Ich kann so aber nicht in die Schule!"
"Ich bring dich morgen in die Schule und dann schauen wir mal. Vielleicht hat da irgendwer eine Ahnung, was wir machen können."
"Danke!"
"Schon gut. Ich bin ja froh, wenn du mal wieder auf die gerade Bahn kommst."
"Nicht nur dafür. Allgemein. Danke, dass du mich die ganze Zeit über ertragen hast."
"Emely du bist meine Tochter. Ich kann dich schlecht einfach abschieben."
"Natürlich kannst du das."
"Das würde ich aber nie tun und das weißt du hoffentlich auch!"
"Ja klar."
"Dann geh jetzt ins Bett. Ich bring dich dann."
"Okay. Bis dann!"

Emely ging nun wieder, während ich noch ein bisschen arbeitete und dann ebenfalls ins Bett ging.


Am nächsten Morgen ging es dann wie gewohnt zur Fütterung und ich beauftragte Ben wieder einen Parcours für das Freispringen zu bauen. Dies tat er nach der Fütterung dann auch, während ich Cheyenne kurz über putzte, um ihr dann eine Trense an zu legen und sie warm zu reiten. Als ich fertig war stand Emely dann auch schon mit ihrer Schultasche vor mir und wartete.

Wenig später saß sie dann hinter mir auf dem Rücken der Stute und wir ritten zur Schule.
"Nehmen wir wieder die Mauer?", fragte ich mit einem breiten Grinsen.
"Von mir aus gerne.", meinte Emely.
"Heute Mittag wieder Cheyenne ist leider kein Springpferd.", meinte ich.
"Wie heute Mittag?"
"Ich dachte ich hole dich heute mal ab. Ich wollte sowieso mit Ginger ein bisschen ausreiten, bevor es mit dem Training anfange. Da bietet es sich an auf der Vielseitigkeitsstrecke ein bisschen zu trainieren. Wir kennen den Parcours ja jetzt."
"Super!"
"Jetzt geht es aber erstmal in die Schule."

Zehn Minuten später kamen wir dann dort an und ich band Cheyenne am Zaun an, um dann mit Emely rein zu gehen.

Auf dem Weg zum Sekretariat kam uns ein Mädchen entgegen, dass vor uns stehen blieb und mich aus großen Augen anschaute.
"Sind Sie nicht Lisa Michalów? Die Springreiterin?", fragte sie mit strahlenden Augen.
"Ja. Und du bist?", fragte ich.
"Lea. Ich bin Ihr größter Fan! Ich wünschte ich könnte auch so springen!"
"Reitest du denn auch?"
"Ja. Ich reite mit meinme Pferd A Springen."
"Das ist doch schonmal ein Anfang. Was hast du denn für ein Pferd?"
"Eine sieben jährige Hannoveraner Stute."
"Ah. Ein deutsches Pferd."
"Ja. Ich hab sie importieren lassen."
"Wie lange hast du sie denn schon?"
"Drei Jahre. Ich hab sie frisch angeritten gekauft."
"Das sind doch die besten Voraussetzungen. Mit genug Übung kann da doch noch was draus werden."
"Dazu bräuchte man nur einen Trainer und den hab ich im Moment nicht."
"Das ist hier auch schwer zu finden. Da müsstest du weiter weg."
"Ja. Genau das ist das Problem. Emely du kannst dich so glücklich schätzen! Hast deine Trainer direkt vor der Nase. Und dann noch eine Mutter, die so erfolgreich ist und nur Champions im Stall!"
"So besonders ist das eigentlich gar nicht, aber wie kommt es eigentlich, dass ich gar nicht weiß, dass du ein Pferd hast?", fragte Emely.
"Wahrscheinlich, weil wir noch nie so wirklich was miteinander zu tun hatten, außer das wir in einer Klasse sind."
"Das könnte sein."
"Deshalb weiß ich auch nicht, dass du die Tochter von meinem größten Vorbild bist."
"Emely ich denke ich kann dann wieder los oder?", fragte ich nun.
"Ja klar.", meinte diese.
"Gut. Ich hole dich dann heute Mittag ab."
"Ja. Bis dann."

Ich ging nun also wieder raus, wo ich Cheyenne ab band und mit ihr noch etwa eine Stunde lang locker durch die Umgebung galoppierte, bevor ich dann wieder zum Gestüt ritt. Dort übergab ich die Stute an Jenny und holte stattdessen Ginger, um mit ihr in die Halle zu gehen und sie dort mit Bens Hilfe wieder Freispringen zu lassen.

Der Falsche SprungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt