Ich schlug die Augen auf. Eine mit Ranken verzierte Decke begrüsste mich. Beim Anblick der unzähligen verschlungenen Linien begann sich alles in meinem Kopf zu drehen und schnell schloss ich meine Augen wieder. Die Decke lag schwer auf meinem Körper, dass mir jemand meine Stiefel ausgezogen hatte, doch der Rest meiner alten Kleidung sich immer noch an seiner alten Stelle befand. Erleichtert seufzte ich, denn ich wollte nicht, dass mich eine der Heilerinnen an meiner schimmernden Narbe erkannte.
Lange lag ich still da und konzentrierte mich nur auf meine Atmung und die Dinge um mich herum. Mein Kopf war vollkommen leer. Hin und wieder hörte ich weit entfernt jemanden schnellen Schrittes durch einen Gang laufen, doch ansonsten herrschte absolute Stille.
Ganz langsam begann ich die Erinnerungen der letzten Tage abzurufen. Der Kampf mit dem Nazgul, die Schlucht, der Weg durch die Heide, das Feuer...
„Frodo!", sofort sass ich kerzengerade im Bett, die Augen weit aufgerissen. Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster auf der anderen Seite des Raumes und spielten mit dem Staub in der Luft. Auf einer kleinen Truhe, die unter dem Fenster stand, lagen neben einer grossen Schüssel fein säuberlich zusammengelegt neue Kleider und vor dem dunklen Holzkasten stand ein Paar neuer brauner Stiefel. Rechts daneben stand angelehnt an das braune Holz mein Schwert. Schnell schlug ich die weisse Bettdecke zurück und stand auf. Doch ich war zu voreilig gewesen und die Muskeln meiner Beine zogen sich schmerzhaft zusammen. Stöhnend liess ich mich wieder auf die Bettkante sinken und massierte meine Oberschenkel vorsichtig. Doch der Gedanke an Frodo liess mich nicht mehr los und nach kurzer Zeit erhob ich mich erneut. Mit unsicheren Schritten ging ich durch den Raum auf die Truhe zu. Jeder Muskel in meinem wollte vor Schmerz laut aufschreien, dich ich biss die Zähne zusammen. Das einzige, was mir bei einem solchen Muskelkater helfen konnte, war Bewegung. Bei der braunen Truhe angekommen stützte ich mich zuerst vorsichtig an ihr ab, doch mittlerweile war auch das Zittern meiner Knie verschwunden und ich konnte ohne grössere Schwierigkeiten normal auf beiden Füssen stehen.
Erleichtert atmete ich einmal aus und warf einen Blick in die mit Wasser gefüllte Waschschüssel. Von der glatten Oberfläche her schaute mir mein Spiegelbild entgegen. Meine silbernen Haare fielen mir zerzaust ins Gesicht und Dreck und Laub hatte sich in ihnen verfangen. Die Schrammen und Kratzer waren grösstenteils verschwunden, nur der Dreck war noch in meinem Gesicht zurückgeblieben. Ich musterte meine Augen. Sie waren tatsächlich dunkler geworden.Ein leiser Verdacht keimte in mir auf
Seufzend drehte ich mich um und beugte mich vornüber, um den Dreck aus meinen Haaren zu schütteln. Mit der Hand fuhr ich immer wieder durch meine verknoteten Haare und Erdklümpchen, Blätter und Zweige fielen vor meine Füsse.
Ganz langsam, damit mein Kopf nicht wieder anfangen würde sich zu drehen, richtete ich mich schliesslich wieder auf und machte mich an den Knöpfen meiner Bluse zu schaffen. Ich liess sie zu Boden fallen und entledigte mich auch der dreckverkrusteten Hose. Ich drehte mich um, zog die Vorhänge zu und griff nach dem kleinen Tuch, das hinter der Schüssel lag. Ich hielt das weisse Tuch in die Wasserschüssel, wrang es anschliessend aus und rubbelte mir mit dem feuchten Stoff über mein Gesicht. Der Hals und die Arme folgten. Das bereits etwas schmutzige Tuch wusch ich in der Wasserschüssel aus und fuhr nach einem abermaligen Auswringen mit meiner Katzenwäsche fort.
Wieder einigermassen sauber griff ich nach den frischen Kleidern, die neben mir lagen. So schnell ich konnte, knöpfte ich die weisse Leinenbluse zu, kontrollierte, ob sie die leuchtende Narbe auf meiner linken Schulter verbarg und schlüpfte danach in die schwarze Hose. Den Schwertgurt befestigte ich an meiner Hüfte und zuletzt schnürte ich meine neuen Stiefel. Den Haufen schmutziger Wäsche hob ich vom Boden auf und legte ihn zusammengefaltet neben die Schüssel, in der das trübe Wasser noch leicht hin und her schwappte.Schnellen Schrittes verliess ich das Zimmer und eilte den Gang hinunter. Am Ende des Ganges verliess ich das Gebäude nicht durch die Tür, durch die ich es zuletzt betreten hatte, sondern bog in einen anderen Gang ein. Wenn Frodo hier war, dann in diesem Gebäude. Zu meiner Rechten führten unzählige Torbogen in den angrenzenden Garten hinaus; links befanden sich einige kunstvoll verzierte Türen.
DU LIEST GERADE
Die letzte Reise
FanfictionSchon seit Beginn der Zeitrechnung in Mittelerde bestimmt Lossiel das Schicksal Mittelerdes mit. Verbissen will sie Sauron, ihren letzten verbliebenen Feind, besiegen. Wenn es sein muss, bis in den Tod. So schliesst sich die Elbin der Gemeinschaft d...