Die Klinge meines Schwertes glänzte inder Abenddämmerung, als ich mich schwungvoll einmal um mich selbstdrehte und einem imaginären Feind den Kopf abschlug. Ich konnteseinen Kopf förmlich über den Boden der kleinen Lichtung rollensehen. Mit einem kräftigen Schrei liess ich meine Klinge nun aufeine nicht vorhandene Schulter niedersausen und vollführteanschliessend ein elegantes Ausweichmanöver. Bewegungen, die meinKörper im Schlaf beherrschte, setzten sich zu einem tödlichen Tanzzusammen, den ich über meine kleine Lichtung tanzte. Ich war nie einNaturtalent gewesen, doch hatte ich im Lauf der Zeit die Kunst desSchwertkampfes perfektioniert.
Die letzten zwei Monate hatte ichtagtäglich hier trainiert. Ich wollte ich der besten Verfassungsein, wenn wir diese Reise antraten. Anfangs hatte ich noch Zeit miteinigen meiner Gefährten verbracht, doch je länger sich unsereAbreise hinauszögert hatte, desto mürrischer war ich geworden. Daslange Warten machte mich verrückt; ich wollte JETZT aufbrechen;wollte JETZT tun, was so oder so getan werden musste. Wieso alsowarten?
Ich stiess einen wütenden Schrei aus,drehte mein Schwert in der Luft und stiess es mit beiden Händen ineinen vor mir liegenden Körper auf dem Boden. Die schlanke Klingeversank bis zum Schaft in seiner Brust.
Schwer atmend erwachte ich aus meinemtranceartigen Zustand. Der Körper verschwand, zurück blieb nur einSchwertschaft, der aus dem Gras ragte; kein Blut, kein Tod, keinFeind. Solche Dinge gab es in Bruchtal nicht. Noch nicht.
Ich schluckte und zwang mich langsamerzu atmen.
Beruhige dich!, befahl ich mir,Morgen bei Sonnenaufgang brecht ihr auf, also werde nicht nervös.Wenn du nervös bist, kannst du nicht richtig denken.
Als ich michendlich beruhigt hatte, zog ich mein Schwert mit einer energischenBewegung aus dem Boden und sah mich um. Die Sonne war inzwischenuntergegangen und hatte die Farben der Erde mit sich genommen, sodassnur noch eine Schattenwelt zurückgeblieben war.
Seufzend steckteich das Schwert in seine Scheide. Für heute hatte ich genug getan.Mit federnden Schritten verliess ich die kleine Lichtung. Mir warbewusst, dass ich sie heute wahrscheinlich zum letzten Mal gesehenhatte. Doch ich drehte mich nicht nochmals um, sondern lief ohne zuzögern in den Wald hinein. Es war nur ein Ort; nichts woran es sichlohnte, sein Herz zu hängen. Überhaupt kamen solche Dinge selten inmeiner Welt vor.
Leichtfüssig liefich auf dem schmalen Pfad zurück nach Bruchtal, während über mirdie ersten Sterne erstrahlten.
Vorsichtig schlossich die Hintertür des Pferdestalls. Alles war ruhig, jedes Pferdstand in seiner Box. Nur hier und da war ein leises Schnauben zuhören oder das Scharren eines Hufes. Durch das Fenster in der Türauf der anderen Seite des Gangs fiel schwach das Mondlicht undspielte mit dem Staub in der Luft. Schnell schritt ich die Boxenentlang und öffnete die Vordertür.
Bruchtals Gebäudelagen still vor mir. Einzig aus der Halle des Feuers drangen schwacheStimmen und hin und wieder war das helle Lachen eines Elben zu hören.
Ich wandte mich vonden Stimmen ab und schritt zügig den kleinen Weg entlang, um zumeinem Zimmer zu kommen. Konzentriert ging ich abermals meinePackliste für die morgige Abreise durch. Alles musste stimmen. Dochich wurde jäh unterbrochen, als ich zwei Stimmen hörte, die sichmir näherten. Ich blickte auf und erkannte in einiger EntfernungAragorn und Legolas, die mir entgegen kamen. Sie bemerkten mich erst,als wir auf gleicher Höhe waren.
„Lossiel!",rief Aragorn erfreut und blieb stehen, „Ich habe dich heute denganzen Tag nicht gesehen. Wo warst du?"
„Ich habe geübt",antwortete ich knapp.
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Die letzte Reise
FanfictionSchon seit Beginn der Zeitrechnung in Mittelerde bestimmt Lossiel das Schicksal Mittelerdes mit. Verbissen will sie Sauron, ihren letzten verbliebenen Feind, besiegen. Wenn es sein muss, bis in den Tod. So schliesst sich die Elbin der Gemeinschaft d...