Eine hoffnungserweckende Entdeckung

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Wütend strich ich mir die lange braune Strähne aus dem Gesicht, welche der Wind andauernd hinter meinem spitzen Ohr hervor wehte.

Bei der nächsten Rast muss ich meine Haare besser zusammenbinden!, dachte ich erbost, während die Ebene Rohans unter meinen Füssen dahinglitt. Die Erschöpfung von gestern war verflogen, weshalb ich ohne Schwierigkeiten mit Aragorn und Legolas mithalten konnte. Die beiden führten uns ohne zu zögern über die felsige Grasebene, durch welche die Orks eine gut sichtbare Schneise geschlagen hatten. Der breite Streifen niedergetrampelten Grases wies geradewegs in die Richtung Isengards – der Festung des Verräters Saruman.

Durch neuerliches Ziehen in meiner linken Schulter versteifte sich mein Körper und ich wäre beinahe über meine eigenen Füße gestolpert. Ich stöhnte gequält auf und biss mir auf die Unterlippe. Der süßliche Geschmack von Blut breitete sich in meinem Mund aus.

Ich habe die Schmerzen ertragen, die du mir geschickt hast, Sauron! Die Müdigkeit, die daraus folgte, habe ich überwunden und selbst der Traum kann mich nicht von dem Weg abbringen, den ich gewählt habe. Oder glaubst du wirklich, dass ich an alten Erinnerungen zerbrechen werde? Denn mit Schmerz kannst du mich nicht bezwingen. Wer einmal gespürt hat, wie das Gift der Spinne durch seinen Körper pulsiert und langsam das Blut in Flammen steckt, währen die Seele einfriert, der ist durch kein Foltergerät mehr von seinem Ziel fernzuhalten. Was willst du mir also noch antun?"

Kaum hatten die Worte meine Lippen verlassen, riss der sanfte Wind sie mit sich. Ich hatte so leise geflüstert, dass die Brise es nicht einmal vermochte, die sterbenden Wortfetzen bis zu meinen spitzen Ohren zu tragen.

Das Ziehen in meiner Schulter flaute ab, nur um mich in einigen Meilen erneut heim zu suchen. Heute Morgen kurz nach Sonnenaufgang hatte ich das merkwürdige Gefühl zum ersten Mal bemerkt. Es war, als würde heißes und warmes Wasser zugleich auf meine Schulter gegossen und verbreite sich von dort aus gleichmäßig in meinem Körper.

Was ist, wenn..

Wütend schüttelte ich den Kopf, um diese düstere Überlegung aus meinen Gedanken zu kriegen.

Es war nur ein Traum!, dachte ich bestimmt und wiederholte diesen Satz lautlos immer wieder, als könne ich ihm so den Zweifel, welchen ich an ihm hegte, austreiben.

Nur ein Traum! Es war nur ein Traum. Ein Traum! Es. War. Nur. Ein. Traum.

Plötzlich erschien die weite Ebene, die sich bis in die Unendlichkeit vor mir erstreckte, schrecklich kahl und leblos. Ich sehnte mich nach fahlem Sternenlicht, das zwischen rauschenden Blättern hindurch auf einen spiegelglatten Weiher fiel.

Entschlossen senkte ich meinen Kopf und starrte auf die abgewetzten Spitzen meiner hohen Lederstiefel, unter denen geknickte Grashalme dahinglitten.

Mein Oberkörper erschauerte, als eine erneute Welle aus Hitze und Kälte durch meine Schulter rollte. Die lange Scheide meines Schwertes schlackerte unkontrolliert gegen meine Beine. Missbilligend presste ich die Lippen aufeinander. Erneut keimte Zweifel in mir auf.

Was, wenn-

Energisch schüttelte ich den Kopf. Fragen, die mit „Was wäre, wenn..." verdrängte ich bereits seit drei Zeitaltern aus meinen Gedanken. Wieso über eine mögliche Zukunft spekulieren, wenn man seine Energie für die Wirklichkeit verwenden konnte?

Aber an so etwas könnte ich wirklich sterben., schoss es mir durch den Kopf

Nicht darüber nachdenken!, rügte ich mich sogleich selbst.

Ein resignierter Seufzer entglitt meinen Lippen. Es geisterten so viele Gedanken in meinem Kopf herum, dass ich nicht mehr wusste, welche davon ich denken durfte und welche nicht.

Die letzte ReiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt