Die Pfade der Toten

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Das lose Schiefergestein murmelte knirschend unter den Hufen unserer stetig voranschreitenden Pferde. Schon seit wir in später Nacht aufgebrochen waren, warnte uns der graue Teppich, über den wir ritten, vor dem uns näher rückenden Ziel.

Keiner von uns vieren hatte sich getraut, ein Gespräch anzufangen. Dies hier war nicht der Ort, an dem man gerne Lagerfeuergeschichten erzählte. Und so war uns nichts anderes übrig geblieben, als den niemals endenden Ermahnungen des Schotters unter uns zu lauschen.

Die zarten Sonnenstrahlen eines wunderschönen Frühlingsmorgen suchten sich zögernd ihren Weg in die tiefen Schluchten, durch die wir unablässig ritten. Sie sammelten den Tau von den steilen, moosbewachsenen Hängen und kitzelten meine unruhigen Hände. Meine Fingernägel hatten sich tief in das Leder des Zaumzeugs gegraben. Jede Faser meines Körpers schrie danach, die graue Stute unter mir herumzureißen und zurückgaloppieren zu lassen. Nichts als eine staubige Wolke zurückzulassen. Die Wege der Toten waren mir ein noch grösserer Graus als die Minen Morias. Vor meinem inneren Auge sah ich unzählige enge Gänge einstürzen, winzige Nischen, in denen sich zusammengekauerte Skelette versteckten und tiefe Dunkelheit, die ins Nirgendwo führte.

Was hielt mich? Loyalität zu meinen drei Gefährten vor mir? Die Hoffnung, Mittelerde mit diesem Himmelfahrtskommando doch noch retten zu können? Mut? Stolz? Ehrgeiz?

Hochgeschätzte Leser, für euch habe ich diese Geschichte in unzähligen, schlaflosen mit kratzendem Federkiel Nächten verfasst. Was ist es, was ihr hören wollt? Die Geschichte einer verzweifelten aber starken Heldin? Dann sucht euch eines dieser bedeutungsschweren Wörter aus.

Ich will hier jedoch keine Fakten verdrehen und schreibe trotz allem auch die Wahrheit nieder: Das einzige, was mich weiterhin bei meinen Gefährten hielt, war der schlichte Knauf eines ganz bestimmten Dolches, der aus der Lederscheide an Legolas' Gürtel herausragte. Ohne ihn war ich eine Gefährdung für mich selbst und alle anderen um mich herum.

Gegen Mittag erreichten wir bei unserem Aufstieg in die Weissen Berge die Baumgrenze und die Täler und tiefen Schluchten wichen einer weiten, schroffen Steinlandschaft. Unsere Pferde hatten nun noch stärker mit dem losen Schotter zu kämpfen, da der Aufstieg immer steiler wurde. Einzelne Felsformationen ragten aus der nüchternen Schotterlandschaft auf wie mahnend erhobene Zeigefinger. Wir beachteten sie nicht.

"Was für ein Heer sollte sich an solch einem Ort aufhalten?"

Gimlis tiefe Stimme durchschnitt die Stille nur zaghaft, der Zwerg war sich der nahenden Gefahr nur allzu bewusst. Auch Legolas antwortete nur leise, der schwache Wind vermochte es gerade so, seine Wortfetzten zu mir zu tragen.

"Eines, das verflucht ist. Vor langer Zeit - Menschen des Gebirges dem letzten König von Gondor einen Eid, - Kampfes. Doch als die Zeit kam - sich an dunklen Orten im Gebirge. So verfluchte Isildur sie, niemals - erfüllt sei.

Wer wird sie rufen, - aus grauem Zwielicht?

Der -, dem sie einst schworen.

Vom - naht er, Not treibt ihn,

das Tor zum -wird er –"

Der Wind wurde stärker, fuhr durch meine Haare und zauberte eine Gänsehaut auf meine verkrampften Unterarbe. Er trug den Tod mit sich. Und das Versprechen auf ein ewig dunkles Gefängnis unter den Bergen.

Wir drangen nun immer tiefer in diesen Wald aus drohenden Felstürmen ein, bis der Weg zum hinab zu uns schließlich auch dem letzten Sonnenstrahl zu weit geworden war. Der Himmel war nichts mehr als ein schmaler blauer Streifen über uns. Mit jedem Schritt setzte sich eine Kälte in meinen Knochen fest, die wenig mit den fernbleibenden Sonnenstrahlen zu tun hatte. Bereits nun schienen die hohen Steinwände über mir zusammenstürzen zu wollen, um mich auf ewig zu begraben. Zitternd klammerten sich meine Hände um die dünnen Zügel.

Die letzte ReiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt