Goldene Lichtflecken tanzten über meine Hand. Unsicher schloss ich die Augen und suchte nach dem Schmerzen, der mich erfüllt hatte. Nichts ausser einem leichten Ziehen war zurückgeblieben und erleichtert hob ich meine Lieder wieder. Behutsam bewegte ich die Finger meiner Hand und spielte mit den Lichtflecken, die die Sonne durch das goldene Blätterdach Loriens schickte.
Nach einer Weile hob ich langsam den Kopf und blickte um mich. Der Tag war noch jung, der Duft nach feuchtem Moos hing noch unverkennbar in der Luft. Bedächtig setzte ich mich auf. Jede Faser meines Körpers war verspannt, doch es war nichts mehr als ein leichter Muskelkater. Für eine Elbe sehr ungelenk fuhr ich mit meinen Fingerkuppen sanft über die unebene Oberfläche des verkrusteten Blutes.
„Guten Morgen."
Erschrocken fuhr ich herum. Sam stand hinter mir und sah mich leicht verunsichert an.
„S-soll ich wieder gehen?", fragte er schüchtern und knetete nervös die Hände hinter seinem Rücken.
„Nein. Du hast mich nur etwas erschreckt. Was möchtest du?", fragte ich freundlich und stellte erleichtert fest, dass meine Stimme mir wieder gehorchte.
„Nun ja... Ich wollte fragen, ob du Hunger hast. Wir frühstücken auch gerade.", antwortete Sam und zeigte auf die andere Seite des Fletts, wo die Gefährten gemütlich in einem Kreis zusammen sassen und Schüsseln, sowie einige kleine Brotlaibe herumgehen liessen.
Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Sams Fürsorge war rührend und in Lorien schienen alle Sorgen immer tausende Meilen entfernt, weshalb ich mir diesen Moment der Glücksseligkeit gönnte.
„Aber du kannst natürlich noch eine Weile schlafen.", fügte der kleine Hobbit rasch hinzu, als ich ihm nicht gleich antwortete.
Mein Lächeln wurde nochmals breiter und ich wandte ihm wieder den Kopf zu.
„Nein. Ich denke, ich sollte aufstehen. Schliesslich wollen wir auch irgendwann weiter.", versicherte ich dem Hobbit und erhob mich unsicher. Nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten konnte ich sogar ohne zu zittern gerade stehen. Still dankte ich Ilúvatar, dem ewigen Schöpfergott, für den zähen Körper, den er den erstgeborenen Elben geschenkt hatte. Behutsam machte ich einige Schritte und versuchte dabei, mein geschundenes Hemd zurecht zu ziehen. Sam bemerkte es und sagte schüchtern: „Orophin hat dir gestern noch neu Kleidung hingelegt."
Mein Blick fiel auf ein grünes Stoffbündel neben dem weissen Leinentuch, das zerknüllt auf dem Boden lag. Ich bückte mich und entfaltete ein Leinenhemd wie es die Wachen Loriens trugen.
Mühsam richtete ich mich auf. Sam war bereits wieder zu den Gefährten hinüber gegangen, die es alle kategorisch vermieden, in meine Richtung zu schauen – ihnen schien die Situation genauso unangenehm zu sein wie mir.
Nachdem ich mich nochmals vergewissert hatte, dass mich niemand sah, drehte ich mich um und streifte mir das zerfetzte Hemd vom Körper. Es landete sanft neben meinen Füssen auf dem Boden und so schnell wie möglich schlüpfte ich ungeschickt in das weite Leinenhemd; immer darauf bedacht, meine linke Schulter zu verbergen.
Als ich mich wieder umdrehte, blickten immer noch alle in die entgegengesetzte Richtung und ich setzte mich verlegen zu ihnen.
„Geht es dir wieder besser?", fragte Aragorn nach einem kurzen Moment des Schweigens.
Ich nickte und griff nach einer kleinen Holzschüssel, in der Trockenobst lag. Während ich mir die süssen Fruchtstücke in den Mund schob, erfuhr ich, dass Orks in der Nacht den Nimrodel überquert hatten und durch die nördlichen Wälder gestreift waren. Orophin war vorgeeilt und hatte die Wachen im Inneren der Wälder gewarnt. Wir warteten nur noch darauf, dass er zurückkommen würde, um zu berichten, dass keine von diesen abscheulichen Kreaturen den Wald lebend verlassen hatte. Ungläubig schüttelte ich den Kopf: Orks in den Wäldern Lothloriens. Was war aus der Welt geworden?
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Die letzte Reise
FanfictionSchon seit Beginn der Zeitrechnung in Mittelerde bestimmt Lossiel das Schicksal Mittelerdes mit. Verbissen will sie Sauron, ihren letzten verbliebenen Feind, besiegen. Wenn es sein muss, bis in den Tod. So schliesst sich die Elbin der Gemeinschaft d...