18.März.2016

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"Amen" flüsterte er leise und stand  auf.
Vor uns war ein großer brauner Fleck frisch umgegrabener Erde. Daneben lagen zwei Schaufeln im hohen Gras und Gestrüpp des Waldes. Angestrahlt von der großen Taschenlampe in meiner Hand.

Er stand nun vor mir und schaute immernoch auf das Grab. Als könnte er durchschauen und das Mädchen darunter sehen.
Wir haben ihr ein schönes weißes Kleid angezogen, ganz egal ob es schmutzig wurde. Ihre Haare habe ich zu einem französischen Zopf geflochten und einzelne Blumen hinein  gesteckt.
So lag sie jetzt 1 Meter unter der Erde.

Es war eigentlich unnötig, es wird sie eh niemand mehr sehen.
Ich versteh die Bedeutung von Beerdigungen so wie so nicht. Ich denke er würde mehr Sinn machen wenn man das Ende des Lebens feiern würde. So rein aus kirchlicher Sicht.
Früher als Kind wollte ich immer das auf meinem Grab ganz viele Himbeer Büsche stehen, damit man sich an mir noch erfreuen kann. Also an den Himbeern.

Kinder sind komisch.
"Auf" meinte er und holte mich in das hier und Jetzt.
ich nickte und schnappte mir die Schaufeln.
langsam trotteten wir einen matschigen Pfad entlang. Meine Schuhe waren schon lange durchgeweicht, genauso wie meine viel zu dünn hose. Obwohl es schon März war und somit auch Frühling, pfeifte hier ein arschkalter Wind durch die Bäume.
Irgendwie auch kein Wunder es war 5 Uhr morgens.

Als wir endlich aus dem Wald kamen war die Sonne auch schon aufgegangen und der Himmel färbte sich am Horizont in ein warmes Orange.
Ich spürte meine Beine nicht mehr und zitterte an meinem ganzen Körper.
Normalerweise lenkt man sich ab um nicht an die Kälte zu denken, doch sobald ich in Gedanken war dachte ich an Sie.
Und daran dass ich schuld war. Er natürlich auch. Die ganze Situation. Aber ich hätte was machen können. Ich hätte sie retten können. Ich hätte....
Mir kamen schon wieder die Tränen. Ich hatte den letzte Tag damit verbracht. Ich hatte geheult und in Kissen eingeschlagen. Ich hatte mich im Spiegel angeschaut und darüber nachgedacht warum ich nichts getan habe. Weil ich sie nicht leiden konnte? War ich ein Mörder?
War ich wirklich schuld?
Ja
Ein schaudern brachte mich wieder zurück.  Ich sollte an was anderes denken. Eigentlich sollte ich gar nichts denken.

"Hay" er drehte sich um zu mir und streckte mir seine Hand hin.
Kurz überlegte ich was er damit wollte doch dann kam er auf mich zu und nahm mich an der Hand.
Seine Berührung erzeugte eine Gänsehaut und ich wollte meine hand sofort wieder wegziehen doch er erhöhte kurz den Druck als wüsste er das ich loslassen wollte.
Ich schluckte und lief mit ihm weiter.
Auch wen ich ihn nicht ab konnte die Geste beruhigte mich ein wenig. 
Ich machte kurz die Augen zu und legte den Kopf in den Nacken.  Der Wind wehte meine Haare nach hinten und ich fröstelte. Langsamer öffnete ich die Augen und schaute hoch auf den grauen Wolken.

Ob sie jetzt im Himmel ist, oder in der Hölle.So wie sie zu mir war würde ich sie in die Hölle stecken, aber.... ich mein Sie hatte auch kein leichtes Leben. Er hatte sie entführt, und ich glaube ihr war die Heirat zu viel . Deswegen hatte sie sich umgebracht.

Ob es leicht ist sich umzubringen. also der Sprung, oder das man den Stuhl umkippt, oder die Pillen runter zu schlucken. egal welche Art des Todes es brauch sehr viel Überwindung.
Egal wir wollten ja nicht darüber nachdenken. Wir? bin ich jetzt zwei Personen? Gott werd ich jetzt verrückt oder was ?
apropo verrückt. Ich blickte zu Ihm. er  schaute gebannt auf den Boden. Was er wohl dachte?
Er hat sie geheiratet, und mich hatte er einfach nur so entführt. also was wird er jetzt mit mir machen ? Auch Heiraten?  Bitte nicht.

Als wir sie vergrub schaute er immer wieder zu mir, als ob er auch nicht wüsste was er jetzt mit mir machen will.
Seit sie tot ist hat er immer wieder Stimmungsschwankungen. mal schreit er mich an und haut mich, gleich danach ist er fürsorglich, und dann ignoriert er mich einfach.

Nach gefühlten Stunden die wir über Feldwegen bzw Trampelpfade gingen kamen wir an seinem Auto an.
Er wollte sie sehr weit weg von sich begraben, dass falls sie jemand fand niemand auf ihn kommen würde.
irgendwie hab ich das Gefühl es war nicht das erste Mal das er Leichen vergrub.

"Einsteigen" befahl er, und startete danach auch gleich den Wagen.
die Fahrt würde wieder 5 Stunden dauern dass wusste ich ja vom herfahren.

"also, ich glaub wir müssen mal reden " fing er nach 10 Minuten an ein Gespräch zu führen.
ich schaute ihn verwirrt an. Seine Stimme war nicht böse oder ironisch. Er wollte wohl ein ganz normales Gespräch.
"ich versteh dich. jetzt da deine Mutter tot ist fühlst du dich alleine und verlassen."

was labert der. Meine Mutter? tot ? wann ist sie denn gestorben. Hatt er also doch alle umgebracht? also meine Familie und so. Aber er war doch die ganze Zeit bei mir.
Die einzige die tot ist, ist.... Sie. Er dachte sie war meine Mutter.
Okay , langsam wird das zu viel.
"Sie ist nicht meine Mutter " sagte ich verachtend. wie konnte er sie nur mit meiner  Mutter vergleichen. meine Mutter ist doch keine Hexe.

"Sag so etwas doch nicht, ich weiß sie war nicht die beste Mutter, aber das ist kein Grund sie zu verleugnen."
Er schaute kurz zu mir und lächelte mich aufmuntern zu. dann schaute er wieder auf die Straße.
"Wir beide schaffen das schon, Vater und Tochter."

Okay hatte er verlernt zu denken oder was? ich bin doch nicht seine Tochter.
Glaubt er das wirklich.
Ich schluckte und lehnte mich an die Scheibe.
Es kamen schon wieder Tränen und rollten langsam meine Wangen herrunter.  Warum. Warum ich?

EntführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt