Prolog

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Es war dunkel und feucht dort unten. Ein Schrei zerriss die Stille. Sie zuckte zusammen.

„Wie seid ihr hier gelandet?", fragte der alte Mann ohne Zähne die junge Frau.

Sie sah sich verächtlich in der kleinen Zelle um, bis ihr Blick auf ihren anderen Zellengenossen fiel. Hasserfüllt starrte sie ihn an.

„Frag doch ihn.", erwiderte sie nur und wandte sich wieder ab.

Während der Alte seine Frage an den Mann, auf der anderen Zellenseite, richtete begann sie mit ihrem Schuh auf dem dreckigen Boden zu scharren und dachte an all das, was sie verloren hatte. Ihre Zukunft war ihr genommen worden. Sie würde in diesem dreckigen Loch verrotten.

„Es tut mir Leid.", sagte der Mann, den sie so sehr verachtete.

„Das kannst du dir sparen! Das würd den anderen und uns jetzt auch nicht mehr helfen.", fuhr sie ihn an.

Sie schaute zur Tür, die sie alle gefangen hielt, und seufzte. Ob ihre Begleiter wohl noch am Leben waren? Oder waren sie schon hingerichtet worden, während sie hier mit diesem Verräter auf das Unausweichliche wartete? Ihre eigene Hinrichtung. Es erschreckte sie selbst, wie endgültig es war. Sie begann zu zittern. Still liefen ihr die Tränen über die Wangen. Dann tat sie etwas, was sie seit ihrer frühen Kindheit nicht mehr getan hatte. Sie betete. Nur ein Wunder konnte sie jetzt noch retten.

Wie hatte sie es nur so weit kommen lassen können?

***

Geduckt lief er durch die nur spärlich beleuchteten steinernen Gänge. Normalerweise, hätte er sich wahrscheinlich gewundert, warum dort unten alles so alt war, während oben alles hoch modern war. Doch dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er musste die anderen finden, bevor es zu spät war, oder wenigstens sie. Wäre sie nicht da, wäre er einfach ohne die anderen gegangen. Es war ihre eigene Schuld, dass sie diesem daher gelaufenen Irren glaubten.

Seine Gedanken wurden von einer Patrouille laufenden Wache unterbrochen. Er drückte sich in den Schatten einen Vorsprungs. Eine Wache, gut. Sie suchten noch nicht nach ihm. Sein erster Instinkt sagte ihm den Mann auszuschalten. Je weniger später da waren, desto einfacher würde ihre Flucht werden. Doch wenn er die Wache jetzt und dort ausschalten würde, würde er zu viel Aufmerksamkeit erregen. Und wenn sie sein Verschwinden jetzt noch nicht bemerkt hatten, vielleicht merkten sie es dann erst, wenn auch die anderen weg waren. Das würde ihre Flucht erleichtern.

Die Wache war vorbei. Er tauchte aus dem dunklen Schatten wieder auf, und machte sich auf die Suche nach den anderen. Er hoffte, dass er noch nicht zu spät kam.

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