Einige Augenblicke ließ ich die Umarmung zu, dann ließ die Mischung aus Schreck und Schock nach und ich stieß die Person, die mich engumschlungen hielt, von mir. Ich nahm ihre Enttäuschung schon wahr, bevor ich in ihr Gesicht sah. Und auch meine Gefühle übermannten mich, während ich meine Gegenüber ansah. Schwer atmend starrte ich vor mich hin und Sekunden schienen zu Jahren zu werden. Die Person mir gegenüber trat unsicher von einem Fuß auf den anderen, nicht sicher, wie meine Reaktion zu deuten war. Castor trat einen Schritt näher an mich heran, doch das nahm ich kaum wahr, zu sehr konzentrierte ich mich auf die Person mir gegenüber. Sie suchte mein Gesicht nach einer eindeutigen Regung ab, etwas was verraten würde, wie ich als nächstes handeln würde. Doch ich war mir selbst nicht sicher, was ich als nächstes tun würde. Castor rückte näher an mich heran, während die Luft war Spannung zu knistern schien. Die Dorfbewohner waren still geworden, als wären auch sie gespannt, was ich als nächstes tun würde. Doch ich konnte nur starren. Innerhalb eines Sekundenbruchteils schien allerdings mein Körper zu übernehmen, noch bevor mein Kopf wusste, was ich als nächstes tun sollte, stürzte ich mich nach vorne. Castor schien eine Ahnung gehabt zu haben, denn er reagiert blitzschnell. Er schlang die Arme um meine Mitte und riss mich zurück.
Die Hände zu Klauen geformt schrie ich mein Gegenüber an: „Was fällt dir ein, mich anzufassen?"
Ich atmete schwer in Castors Armen, der mich weiter nach hinten zog, bis er mich mit meinem Rücken fest an seine Brust gedrückt hielt. Ich warf mich wieder nach vorne, doch nach einigen Versuchen sah ich allerdings ein, dass ich mich nicht aus Castors Klammergriff nicht befreien konnte. Um ehrlich zu sein hatte ich immer darauf gewartet, dass ich irgendwann irgendwem zurufen konnte: „Du kannst froh sein, dass er mich zurückhält!". Einfach um der Dramatik Willen, doch in diesem Moment konnte mein Gegenüber wirklich froh sein, ich hätte für nichts garantieren können, hätte Castor nicht seine Arme wie Schraubstöcke um mich gelegt.
„Was willst du hier?", ich spürte die Vibration von seiner Stimme an meinem Rücken. Inzwischen hatte ich die Arme gesenkt und beschränkte mich darauf mit feindseligen Blicken um mich zu werfen.
Unser Gegenüber schluckte, er sah mich immer noch unverwandt an. „Rebecca..." Seine Stimme klang leidend.
„Koa...", äffte ich ihn nach und zog meine Oberlippe zu einer Art Zähnefletschen nach oben.
Er seufzte und machte einen Schritt auf mich zu. Ich spürte, wie Castor sich hinter mir anspannte. Koa machte einen weiteren Schritt in meine Richtung und hob die Hand, um mein Gesicht zu berühren. Auch ich spannte mich, doch vermutlich nicht mit derselben Intention wie Castor, der versuchte uns auseinander zu halten. Würde er mich noch einmal anfassen würde ich ihn mit bloßen Händen zerfetzen.
Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Hass ihm gegenüber übertrieben war, doch wie sollte ich es sagen...
Das war mir herzlich egal. Innerlich zuckte ich die Schultern bei diesem Gedanken. Hass war auch ein Gefühl, das antrieb, vermutlich sogar mehr als jedes andere.
Koa schien mir noch näher kommen zu wollen, als Castors Kehle ein Knurren entwich. Er ließ mich los, war mit einem Schritt neben mir und im nächsten Moment saß er auf Koa, während er dessen Hände auf dem Boden fixierte.
Ich stand vollkommen perplex neben den beiden, unsicher, wie ich mich verhalten sollte. Auf einmal fiel mir wieder ein, dass wir nicht allein waren, wie bei unseren letzten Begegnungen im Wald und sah mich unsicher über die Schulter hinweg zu den Dorfbewohnern um. Die meisten schienen nicht recht zu wissen, was sie von der Situation halten sollten, einige wenige schienen belustigt zu sein. Ich schluckte und hoffte, dass sie uns, sobald das Ganze vorbei war nicht davonjagen würden.
Ich richtete meinen Blick wieder auf Koa und Castor, die sich ein vernichtendes Blickduell zu liefern schienen.
„Rebecca hat dir sehr deutlich gezeigt, dass du sie nicht anfassen sollst.", knurrte Castor nach einer gefühlten Ewigkeit.
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Spiegelwelt
Science FictionStell dir vor, deine Schwester verschwand vor sechs Jahren. Stell dir vor, du wünscht dir nichts sehnlicher, als sie wieder zurück zu haben. Stell dir vor, du begibst dich in dasselbe Haus in dem sie damals verschwand. Stell dir vor, dort passiere...