„Wer hat eigentlich entschieden, dass ich mit euch kommen muss?", schnaubte ich und trottete hinter Koa einen schmalen Pfad entlang, hinter mir lief Castor, dessen Blick ich die ganze Zeit im Rücken spürte.
„Niemand, du kannst auch gehen.", antwortete mir Koa schulterzuckend. „Und ganz alleine durch den Wald irren. Wahrscheinlich darf ich dich dann wieder irgendwo halb verdurstet unter einem Baum auflesen und aufpäppeln. Gib's ruhig zu, du stehst drauf, wenn ich den edlen Ritter spiele und dich rette.", fügte er zwinkernd hinzu.
Ich schnaubte nur. Doch er hatte recht, alleine kam ich hier nicht zurecht, zu dem Schluss war ich bis jetzt mehr als einmal gekommen. Jedoch zu wissen, dass ich scheinbar gehen konnte, wann ich wollte, war gut.
Ich drehte mich ihm laufen um, sodass ich Castor ansehen konnte: „Und wer bist du jetzt?", fragte ich neugierig. Koa und er schienen sich schon länger zu kennen, allerdings hatte ich keine Ahnung, wie sie zueinander standen.
„Castor.", erwiderte Castor und sah mich an, als wäre ich etwas schwer von Begriff.
Ich gab mir alle Mühe, lächelte und nickte: „Ähm, das dachte ich mir schon. Was ich eigentlich fragen wollte ist, wo willst du hin?"
„In die Stadt.", antwortete er achselzuckend.
Mein Herz machte einen Satz, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen.
„Ist es noch weit?"
„Gut sieben Tage."
„Was willst du dort?", fragte ich und lächelte.
„Hab dort zu tun."
„Vorhin warst du gesprächiger.", sagte ich ohne wirkliches Motiv.
„Ich denke grade nach, außerdem hat Koa vorhin eine rein gehauen bekommen, das versetzt mich für gewöhnlich in Hochstimmung. Vor allem wenn es von einem Mädchen ist.", gab er lächelnd zurück.
Wow, sein Lächeln war echt Hammer. Seine plötzlich gute Stimmung gab mir Mut.
„Kann ich mit in die Stadt?", fragte ich vorsichtig.
Castor hörte nicht auf zu lächeln, als er mir antwortete: „Wenn du möchtest, klar."
„Super, vielen Dank.", kreischt ich, hüpfte auf ihn zu und umarmte ihn.
Castor lachte auf und umarmte mich, auch wenn etwas ungelenk. Natürlich hatte ich nicht vergessen, dass er mich vorhin festgehalten und nicht mehr loslassen wollte und das er mir nicht ganz geheuer gewesen war, doch inzwischen wirkte er ganz normal. Nett sogar, etwas in sich gekehrt, aber nett. Und ob ich wirklich irgendjemandem hier wirklich hundertprozentig vertrauen konnte, daran glaubte ich nicht.
In der Stadt hatte ich die besten Chancen Lou zu finden oder wenigsten jemanden, der sie gesehen hatte. Ich war mir sicher, ich würde sie dort finden, vielleicht arbeitete sie in einem Gasthof als Kellnerin oder sie half in einer Schneiderei beim Nähen. Die Möglichkeiten sie zu finden, schienen unglaublich groß. Hoffnung durchströmte mich warm und ließ mein Herz tanzen. Jetzt musste ich nur mein Foto wieder bekommen. Ich ließ Castor fröhlich los und bedankte mich nochmals bei ihm. Er nickte nur lächelnd.
Ich sah mich nach Koa um, der in einiger Entfernung stehen geblieben war und uns argwöhnisch betrachtete. Als er sah, dass ich ihn beobachtete, drehte er sich ruckartig um und stampfte weiter.
„Weiß Koa, dass du in die Stadt willst?", fragte ich Castor ohne den Blick von Koas Rücken zu nehmen.
„Ich bin mir nicht sicher, für gewöhnlich schwatzen wir nicht wirklich, wenn wir uns sehen.", auch Castor blickte Koa hinterher. „Aber er wird nicht begeistert sein, wenn er erfährt, dass du mit mir kommst."
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Spiegelwelt
Science FictionStell dir vor, deine Schwester verschwand vor sechs Jahren. Stell dir vor, du wünscht dir nichts sehnlicher, als sie wieder zurück zu haben. Stell dir vor, du begibst dich in dasselbe Haus in dem sie damals verschwand. Stell dir vor, dort passiere...