22.2

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Die Konsulin starrte auf die leere Flasche vor sich. Wo war die bernsteinfarbene Flüssigkeit geblieben, die diese eben noch bis zum Rand gefüllt hatte? Sie legte ihre Hände auf ihren Schreibtisch, um sich mit ihnen hochzudrücken. Schlafen, sie wollte nur noch schlafen. Doch ihr Versuch misslang, die Beine der Konsulin gaben nach und sie fiel zu Boden. Seltsam, sie spürte den Aufprall gar nicht und das Klirren der Flasche, die sie mit sich gerissen hatte drang seltsam verspätet zu ihr durch. Die am Boden liegende Frau griff nach einer Scherbe und betrachtete fasziniert wie ihr eigenes Blut ihre Finger hinunter ran, den ehemals weißen Stoff ihrer Kleidung färbte.

Sie lächelte. Ja, so leicht ließ sich Unbeflecktheit vernichten. Vernichten... da war doch etwas gewesen. Etwas Wichtiges. Die Konsulin versuchte sich zu konzentrieren, doch das Farbenspiel auf ihrem Ärmel war einfach zu bewundernswert, als dass sie ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten konnte. Nachdenklich betrachtete sie es.

Sie mochte rot. Warum war nochmal alles in weiß, grau und schwarz? Ach ja, damit man das Blut besser sehen konnte. Seelig lächelnd legte die Konsulin den Kopf auf ihre Arme. Sie war zufrieden mit dieser Antwort, jetzt hatte sie sich ihren Schlaf verdient.



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