8. Kapitel

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Als ich aufwachte, war es hell. Die kläglichen Überreste des Feuers lagen kalt da und Koa war fort. Ich setzte mich auf und atmete ein. Es war kalt und ich trug nur einen Pullover, Shorts und Sneakers. Fröstelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust, irgendetwas war anders, irgendetwas, aber es wollte mir nicht auffallen. Ich stand auf und dehnte meinen Nacken, der von der Nacht auf dem Waldboden ganz steif war. Ich stopfte meine Hände in die Vordertasche meines Oberteils und starrte finster auf die Reste des Feuers. Koa war fort und ich wusste nicht, ob er zurückkommen würde. Er war mir nichts schuldig. Eher ich ihm.

Was sollte ihn zum bleiben bewegen? Er wurde vom System gesucht und ich war nur Ballast an seinen Beinen. Trotzdem ich ihn nicht wirklich kannte oder ihm hundertprozentig vertraut hatte, schmerzte sein Verrat. Die Temperatur schien stetig zu fallen, Nebelkroch zwischen den Bäumen hervor, auf mich zu. Ich schüttelte den Kopf. Der Nebel kroch sicherlich nicht auf mich zu. Immer noch kopfschüttelnd setzte ich mich in Bewegung, wenn  ich jetzt von Koa allein gelassen worden, konnte ich mich auch wenigstens auf die Suche nach einer der Städte machen. Vielleicht konnten mir die Stadtmenschen helfen nach Hause zu kommen.

Also machte ich mich in die Richtung auf, aus der wir gekommen waren. Wenn ich ein Gesuchter wäre, würde ich auch versuchen soviel Strecke zwischen mich und meine Verfolger zu bringen wie möglich. Was würde wohl passieren, wenn sie mich fanden? Würden sie mir etwas antun oder mich laufen lassen? Konnten sie mir gar helfen?  Konnten sie mir sagen, wo ich Lou fand? Ich setzte mir meine Kapuze auf und zog sie mir so tief ins Gesicht wie möglich. Ich hatte einmal gehört, dass die meiste Wärme des Körpers über den Kopf verloren ging.

Wie angewurzelt blieb ich stehen, als es mir wie Schuppen von den Augen, Lous Foto war nicht mehr da. Ich war mit ihm in der Hand eingeschlafen und ohne es aufgewacht. Auch Koa war fort gewesen, hatte er es mitgenommen? Doch zu welchem Zweck? Was sollte das? Wut wallte in mir auf. In meinem Kopf begann es zu wummern, der Flüssigkeitsmangel und das alles hier machten mich fertig. Es war zu viel! Ich wollte nach Hause, mit Lou. Dort wo wir beide hingehörten. Meine Eltern mussten gerade wahnsinnig werden. Was hatte die Polizei wohl im Haus gefunden? Meine Leiche? Doch daran wollte ich nicht denken. Ich hatte eine Prioritätenliste. Erst Lou finden, dann mit ihr nach Hause. Nicht mehr und nicht weniger. Falls ich Koa jemals wiedersehen sollte, würde dieser Arsch eine von mir geklatscht bekommen. Das fügte ich in Klammern auf meine Liste hinzu.

                                   ***

Ich brach ein Stück meines Müsliriegels ab und sah mich zitternd um. Abgesehen davon, dass es immer kälter wurde, wurde auch der Nebel immer dichter, sodass ich kaum noch etwas sehen konnte. Ein paar mal war ich schon gegen Äste oder sogar ganze Bäume gelaufen. Tief in meinem Inneren befürchtete ich, dass ich die ganze Zeit im Kreis gelaufen seien könnte, meine Orientierung war nicht gerade die Beste. Die Tatsache, dass alles gleich aussah und ich mich hier nicht auskennen konnte, halfen nicht gerade dazu bei.

Der Nebel um mich herum schien alle Geräusche zu dämpfen, bis ich das Gefühl hatte selbst kaum noch Geräusche zu machen, obwohl ich wahrscheinlich wie ein Flusspferd durch den Wald polterte, noch so eine Sache in der ich nicht so gut war, Grazie. Ich war sowohl aus dem Balletunterricht als auch aus der Bodenturn-AG geflogen, weil ich keinerlei Grazie besaß und auch nicht so wirken würde, als wolle ich welche an den Tag legen oder sie erlernen. Hallo? Ich war sieben gewesen, da wissen normale Kinder noch nicht mal was Grazie ist oder Seife.

Ich steckte mir das abgebrochene Müsliriegelstück in den Mund und trottete weiter. Im Versuch meine Hände zu wärmen hauchte ich sie an, doch die Wärme war nur von kurzer Dauer. Was seltsam war, war das ich noch kein einziges Tier im Wald gesehen hatte. Vielleicht waren sie hier ja besonders scheu? Während ich meinen Gedanken nachhing knackte es keine zwei Meter entfernt von mir, vielleicht waren es mehr vielleicht auch weniger. Wegen diesem blöden Nebel konnte ich es nicht sagen, aber es war nah. Vielleicht ein Tier? Koa?

Ich machte einige Schritte rückwärts, doch kaum hielt ich inne, knackte es hinter mir. Ich wirbelte herum, das Geräusch war sicher nicht von mir gewesen.

„Hallo?", rief ich mit zittriger Stimme, doch sie verhallte ungehört im Nebel. „Ist da jemand?"

Super Rebecca, als ob dir jemand antworten würde! Stille. Ein Knacken zu meiner Linken. Ein schwarzer Schatten, den ich aus den Augenwinkeln wahrnahm. Ein Aufkeuchen meinerseits. Das erinnerte mich jetzt zu sehr an Vampirfilme, ich würde in den nächsten drei Sekunden von hinten angefallen und in den nächsten zwanzig Sekunden blutleer vom nächsten Baum hängen.

„Ich habe nichts! Wirklich. Ich kann Ihnen nichts geben, bitte, lassen sie mich!", schrie ich verzweifelt in den Nebel.

Stille.

Ein Knacken über mir.

Ich warf den Kopf in den Nackenund blickte ängstlich meinem Ende entgegen. Bitte lass es kurz und schmerzlos sein. Ein erneutes Knacken. Ich zuckte zusammen.

Ein Lachen.

Ich schluchzte nur. Was für eine kranke Psychoshow wurde hier abgezogen? Was hatte ich getan,dass ich das hier erdulden musste? Warum hilft mir denn keiner? Warum war ichhier draußen allein mit diesem...diesem Ding? Ungefähr dreißig Zentimeter neben meinen Füßen schlug ein Pfeil dumpf in den Erdboden ein.

Aus meiner Kehle löste sich ein schriller Schrei, während ich rückwärts taumelnd, wie gebannt auf den Pfeil blickte, der mich hätte töten können.

Ein glucksen über mir.

Mein Herz begann wie wild zuwummern und die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf, ich könnte weglaufen. Vielleicht war ich schneller. Eine andere Möglichkeit hatte ich nicht.

Ein Pfeil schlug mit einem krachenden Geräusch in den Baum neben mir ein.Erneut schrie ich auf. Doch dieses Mal wirbelte ich herum und begann zu rennen.So schnell ich konnte, auch wenn ich an wurzeln hängen blieb und zu straucheln begann rannte ich weiter.

Würde so mein neues Leben aussehen? Wegrennen? Meine Haare verfingen sich in einem Ast und ich wurde zurückgerissen. Ich riss an ihnen und lief weiter. Wenn ja wie lange würde ich dann überleben? Ein Ast schlug mir ins Gesicht, ich merkte, dass er einen blutigen Striemen auf meinerWange hinterließ, doch ich rannte weiter.

Schwer einzuschätzen, wie  lange ich gerannt war, bis ich es schaffte über die Schulter zu blicken. Ich hatte zu sehr Angst davor jemanden hinter mirzu erblicken, jedoch sah und hörte ich niemanden mehr. Gerade wollte ich meinTempo drosseln, als ich gegen etwas gegenlief und mit mir zu Boden riss.








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Heyyyy!

Ich wollte euch mal nach eurer Meinung fragen. Was haltet ihr von Koa, bevor und nachdem er abgehauen ist? :D Meint ihr er hat das Foto von Lou gestohlen?

Würde mich mal interessieren, natürlich auch sehr gerne andere Kommentare :)

Schöne Restzeugnissferien!!!!!!

Eure Sonnenblumenfee

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