Kapitel 8: ein Erstaunliches Untersuchungsergebnis - Teil 1
Inzwischen warteten Wollcke und Jens am Hubschrauber auf die Rückkehr ihrer beiden Kollegen.
Während jedoch der Bordtechniker ausgesprochen kommunikativ war, hatte Jens einen sehr schweigsamen Tag erwischt. Nachdenklich saß der Pilot im Cockpit von Bell „Anneliese" und schien über irgendetwas durchgängig die ganze Zeit zu grübeln.
„Jens?" Wollcke bemerkte, dass der Pilot mit seinen Gedanken ganz woanders war und somit auch nicht mitbekam, dass sein Bordtechniker die ganze Zeit über bereits mit dem Piloten über für Jens momentan unwichtige Sachen redete. Ohne Punkt und Komma wohlgemerkt.
„Jens? Ist alles in Ordnung? Gibt es irgendein Problem mit Milena? Ihr hattet doch erst wieder einen Termin beim Kinderarzt...", fragte Wollcke noch einmal, doch wieder konnte er nur auf das versteinerte und zugleich besorgte Gesicht des Piloten schauen. Nur ab und zu konnte man einen kurzen Seufzer von Jens hören.
Endlich kehrten Sabine und Johnny zum Hubschrauber zurück und sogleich war Jens wie ausgewechselt. Nervös sprang er auf und fragte: „Sabine... Sabine, was ist mit der Patientin?"
Wollcke und Johnny sahen sich nur fragend an, während die Notärztin ihrem Lebensgefährten anbot, ein Stück von den beiden Freunden entfernt, mit ihm zu sprechen.
„Weißt du, was mit Jens los ist? Hat er irgendwas gesagt?", fragte Johnny verwirrt, doch Wollcke schüttelte den Kopf und erklärte, dass er vergeblich versucht hatte, mit Jens zu sprechen. „Aber du kennst ja unseren lieben Herrn Piloten. Wenn er einmal ein Problem hat... Dann redet er nicht so gerne darüber. Und vor allem nicht mit seinen Kollegen... Auch, wenn wir seit Jahren miteinander befreundet sind."Während Thomas und Maria gemeinsam auf dem Sofa im Wohnzimmer saßen, läutete das Telefon. „Ich gehe schon.", stoppte Thomas seine Frau, die just in diesem Moment aufstehen wollte.
„Thomas Wächter... Ja, das ist richtig. ... Nein, ich bin nur der Stiefvater von Fiona. Meine Frau ist Fionas leibliche Mutter. ... Ja, ich kann sie ihnen natürlich gerne geben. Einen kleinen Moment bitte. ... MARIA! Kommst du bitte mal kurz her. Telefon für dich."
„Wer ist es denn?", wollte die Mutter wissen, doch Thomas tat sehr geheimnisvoll und antwortete auf die Frage seiner Ehefrau nicht, weswegen sich Maria meldete: „Maria Wächter... Ja, das ist richtig. Ich bin die leibliche Mutter von Fiona... Was ist denn passiert? Was ist mit meiner Tochter? ... Und wo liegt sie jetzt? ... Nein, ich... Ich kann erst morgen oder übermorgen zu ihnen kommen. Ich habe hier... noch meinen Sohn zu versorgen. ... Nein, Fionas Halbbruder ist noch in der Schule, kommt aber gleich nach Hause. Er ist erst sechs; geht seit den Sommerferien in die Grundschule. Ich muss erst eine Betreuung für ihn organisieren. ... Ja, das kann ich machen. Aber erst später... Ja, ich komme morgen vorbei. ... Danke für ihren Anruf. ... Auf Wiederhören."
Kreidebleich stand Maria neben dem kleinen Tischchen im Flur, auf dem das Telefon stand und hielt sich verkrampft an der Tischplatte fest. „Fiona... Fiona, meine Kleine..."
Maria spürte sofort ein Deja-Vü. Sie erinnerte sich an damals, als sie vom Unfall von Jens und Fiona erfahren hatte. Hörte die Geräte, an denen die Kleine damals nach der schweren OP angeschlossen war. Sie hörte die Worte der Ärztin nach der Operation. „Fiona hat die OP trotz ihrer schweren Verletzungen erstaunlich gut überstanden. Wir mussten allerdings ihre Milz entfernen. Aber ihre Tochter kann gut ohne Milz leben.", waren die erlösenden Worte der Ärztin nach den Stunden der Ungewissheit.
Noch einmal sah Maria ihre kleine Tochter vor sich im Bett liegen; angeschlossen an hunderte von Maschinen und Geräte. Leichenfahl, dem Tode näher als dem Leben.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Thomas besorgt und hielt Maria fest. „Was haben die Ärzte denn gesagt? Was ist mit Fiona?" „Sie... Sie liegt im Krankenhaus. Weil sie auf dem Hauptbahnhof zusammengebrochen ist. Und jetzt... Du kannst dir nicht vorstellen, wer Fiona ins Krankenhaus gebracht hat... Jens... Mein Ex-Mann... Fionas Vater... Er weiß, dass Fiona in Hamburg ist.", zitterte Maria und ließ sich an der Wand hinter sich nach unten gleiten.
„Aber... Das ist doch nicht schlimm. Du wolltest Jens doch sowieso... Du wolltest doch sowieso zu Jens Kontakt aufnehmen. Da weiß er jetzt eben etwas früher, dass... Dass die Kleine in Hamburg ist. Und vielleicht... Vielleicht hat er die Kleine ja noch nicht... Vielleicht hat er Fiona nach den ganzen Jahren ja auch gar nicht erkannt..."
„Würdest du denn dein eigenes Kind... Würdest du, wenn du Lisa und Laura... eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hast und sie plötzlich irgendwo triffst... Dann würdest du die beiden doch trotzdem erkennen... Das spürt doch ein Elternteil... Diese innere Verbundenheit; diese Liebe.", widersprach Maria und sah sich das Familienfoto an, das in einem Hängeregal stand.
Es zeigte eine glückliche Familie; zeigte den Anfang von Fionas Leben in einer Familie, die die Kleine über alles auf der Welt liebte. Maria, die ihre kleine Fiona, dieses neugeborene Bündel Leben, in ihren Armen hielt und von Jens überglücklich betrachtet wurde.
Die Mutter von drei Kindern wusste noch genau, wo und wie dieses Foto entstanden war. Ihre Schwester Pia, eine begnadete Hobby-Fotografin hatte diesen Schnappschuss im Krankenhaus angefertigt; es wurde zum Lieblingsbild von Jens und Maria.Mehrere hundert Kilometer von Berlin entfernt, in Hamburg, standen Sabine und Jens ein Stückchen abseits von ihren beiden Kollegen und Freunden, Johnny und Wollcke, und der Major wiederholte noch einmal seine aufgeregte Frage, was mit Fiona wäre.
„Das weiß ich noch nicht. Aber deine Kleine ist wieder zu sich gekommen, das ist schon mal ein sehr gutes Zeichen. Fiona wird jetzt erst mal untersucht, du kannst sie sicherlich später hier in der Klinik besuchen. Allerdings werden sicherlich auch in Kürze Fionas Stiefvater und ihre Mutter zu Besuch kommen. Deine Ex-Frau ist schließlich die Erziehungsberechtigte von Fiona."
Jens nickte und schluckte kurz, bevor er fragte: „Hat dein Kollege schon angedeutet, was der Kleinen fehlen könnte? Warum sie plötzlich... Sie ist doch aus heiterem Himmel... einfach zusammengebrochen... Als Kind hatte meine Kleine nie Probleme mit dem Kreislauf, ansonsten wären wir mit ihr sofort beim Kinderarzt gewesen... Ich hätte von Kreislaufproblemen meiner Tochter... meiner Kleinen doch etwas gewusst..."
„Jens, mach dir jetzt bitte keine Vorwürfe. Wir können noch nicht mit Sicherheit sagen, was mit deiner Tochter los ist. Aber... Ich darf dir von Fiona ausrichten, dass sie ihren richtigen Papa sehr vermisst und ihn sehr gerne wieder in ihre Arme schließen würde. Besonders jetzt... Wenn es ihr nicht gut geht."
„Hat sie das wirklich so gesagt?", fragte Jens und ein kleiner Hoffnungsschimmer ließ ihn kurz lächeln. „Ja... Sie hat mir erzählt, dass sie schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Papa hätte. Und dass sie ihn sehr vermissen würde. ... Ich habe ihr dann versprochen, dass ihr Papa sie bestimmt auch sehr vermisst...", munterte Sabine ihren Lebensgefährten auf.
„Aber... Wieso ist Fiona denn so plötzlich, wie aus heiterem Himmel zusammengebrochen? Ich... Am liebsten würde ich jetzt sofort zu ihr runter und... Und selber mit dem behandelnden Arzt sprechen. Fiona ist ja schließlich meine leibliche Tochter..."
„Ich habe meinen Kollegen gebeten, dass er mich, was den Zustand von Fiona betrifft, auf dem Laufenden hält. Er weiß auch schon, dass du der leibliche Vater von Fiona bist.", versprach Sabine, bevor sie auf Johnny und Wollcke sah und ihren Lebensgefährten ermunterte: „Wir sollten jetzt aber so langsam wieder nach Hause fliegen. Johnny und Wollcke warten auch schon auf uns beide. Die werden sonst noch misstrauisch."
„Die beiden... sollen ruhig misstrauisch werden... Mir ist es doch egal, was Johnny und Wollcke denken... Fiona ist mir im Moment wichtiger, als unsere Kollegen. Oder was sie davon halten...", erklärte Jens mit energischer Stimme und machte sich sogleich auf den Weg in Richtung Notaufnahme.
Verfolgt wurde der erfahrene Pilot von seiner Lebensgefährtin. „Da ist Dr. Bleichmann, der behandelnde Arzt von deiner Kleinen. ... Herr Kollege... Das ist unser Pilot Jens Blank, der leibliche Vater der Patientin."
„Ah, guten Tag, Herr Blank. Dr. Bleichmann mein Name, ich bin der Oberarzt hier... Sie sind der leibliche Vater von Fiona...", wandte sich der Arzt an Jens und der Pilot nickte bestätigend, bevor er mit nervöser Stimme fragte: „Was ist... Was ist mit meiner Tochter? Was fehlt Fiona?"
„Ihrer Tochter geht es soweit gut, sie ist bereits unten auf der Station. Wir haben bereits mit Fionas Mutter telefoniert; sie wird allerdings erst in einigen Tagen hierher kommen können und Fiona hier besuchen. Währenddessen können sie gerne zu ihrer Tochter, wenn sie wollen. Sie hat während der Untersuchung auch schon von Ihnen gesprochen. Wie sehr sie ihren Vater vermisste und wie gerne sie ihn wiedersehen würde.", schlug der Arzt vor und Jens folgte seiner Lebensgefährtin in Richtung Fionas Zimmer.
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Vaterfreuden
FanfictionJens und seine Ehefrau sind noch glücklicher, als sich ein Baby ankündigt. Fünf Jahre lang kann niemand die kleine Familie trennen, bis Jens' Frau plötzlich Thomas kennen lernt. Zehn Jahre sind Jens und seine kleine Prinzessin Fiona getrennt. Doch e...