Kapitel 68: Babysitter Johnny
Fröhlich kreischend und ihre kleinen Hände in die Luft werfend, spielte die neun Monate alte Milena mit ihrem Ball, der ihr immer wieder von Johnny zurück gekullert wurde.
„Na, ihr beide habt aber Spaß.", fiel Wollcke auf, als er das fröhliche Kreischen des Mädchens hörte und Milena beim Spiel mit dem Sanitäter beobachtete. „Milena, was machst du denn für ein Radau? Das hättest du doch auch im Kindergarten haben können... Da hätten sich die Erzieher um dich kümmern können, Spatz. Aber du wolltest ja lieber bei deiner Oma und deinem Opa bleiben... Wo ist eigentlich dein Opa?"
„Uwe wollte noch bei uns zu Hause bleiben; er ist schon, seit er weiß, dass Fiona wahrscheinlich wieder bei uns wohnen wird, dabei, unser Haus umzuplanen. Damit Fiona und ihr Baby ein eigenes Zimmer haben, wenn die beiden bei uns übernachten. Ich meine, wir haben unsere Enkelin auch eine ganze Ewigkeit nicht mehr bei uns gehabt. Man merkt erst, wenn die Kinder nicht mehr bei einem sind, wie sehr man sie doch braucht..."
„Bei ihnen wird es Fiona auch ganz bestimmt toll haben.", wusste Wollcke und Hilde nickte. „Wenn Uwe das Zimmer von Fiona und ihrem Baby plant, dann auf alle Fälle..."
„Wo haben sie den Stiefvater von Jens denn eigentlich kennen gelernt?", wollte Johnny interessiert wissen, worauf Hilde lächelnd antwortete: „Ganz auf alte bewährte Weise. Wir haben uns bei der Beerdigung von Jens' Vater zufällig auf dem Friedhof getroffen, er hatte seine Frau wenige Monate vor dem Tod meines Mannes verloren. Und dann sind wir noch ein wenig über den Friedhof geschlendert. Ich konnte damals einfach noch nicht so früh wieder nach Hause. Dort war alles so leer, seit Georg... Jens' Vater... gestorben ist."
„Dann müsste Jens ja... seinen Stiefvater schon früher kennen..." „Nein, Jens war damals, als sein Vater beerdigt wurde, ziemlich schnell vom Friedhof verschwunden. Ich habe ihn dann, als ich am Abend nach Hause zurück gekehrt bin, in seinem Zimmer erwartet. Aber... Er war verschwunden. Erst am Abend des nächsten Tages kam er wieder. Sie können sich gar nicht vorstellen, was für Sorgen ich mir an diesem Tag gemacht habe. Wo ich doch erst kurz vorher meinen Mann..."
„Ich kann mir das sehr gut vorstellen, Frau Blank.", lächelte Wollcke und überlegte zur gleichen Zeit, wie er reagieren würde, wenn sein Sohn Richie einmal verschwinden sollte. Wahrscheinlich würde er ganz Deutschland, ganz Europa mit seinem Auto abfahren, bis er seinen Sohn wieder in die Arme schließen könnte.
Im Großen und Ganzen war Wollcke sehr froh, dass Richie selbst nach Iris' Tod nicht abgehauen war. Dass er und Madeleine dem damals gerade Fünfjährigen darüber hinweghelfen konnten, als seine Mutter starb.
Natürlich, bei Jens war es etwas völlig anderes; er war, als sein Vater starb, schon älter, als Richie damals. Aber auch ihn hatte der Tod seines Vaters sehr mitgenommen.
„Kannte Fionas Opa eigentlich die Mutter von seiner kleinen Enkelin?", wollte Wollcke wissen, doch Hilde schüttelte den Kopf und erklärte: „Mein Mann und Maria kannten sich nicht; Georg ist 10 Jahre vor Fionas Geburt gestorben. Da war Jens gerade 14 Jahre alt gewesen, mitten in der Pubertät... Aber ich glaube, wenn er gewusst hätte, dass er eine kleine Enkelin bekommen hat..." Hilde musste kurz schlucken. „Dann hätte er vielleicht noch einmal zu kämpfen angefangen. Er hat Kinder geliebt und das nicht erst, als Jens geboren wurde. Aber die beiden hatten auch immer ein sehr inniges Verhältnis zueinander... Dass mein Mann starb, als Jens gerade mitten in der Pubertät war... Das hat die Sache nicht einfacher gemacht."
„Ich kann mir vorstellen, dass es für sie nicht gerade einfach ist, über ihren Mann zu sprechen. Aber... Vielleicht würde sich Fiona freuen, wenn sie etwas von ihrem Opa erfahren dürfte. Kann ich mir vorstellen...", vermutete Johnny, als sich Milena zu ihm an die Brust kuschelte und einschlief.
„Ja, vielleicht würde es Fiona gefallen, wenn ich ihr etwas von Georg erzählen würde. Sie interessiert sich ganz sicher für ihre Familie. Aber... Ich habe einfach Angst, dass Jens, wenn er mitbekommt, dass ich von seinem Vater erzähle... Dass er dann vielleicht abhaut... Ich meine, sie kennen Jens jetzt auch schon eine ganze Weile. Er ist sehr sensibel; besonders, wenn es um seinen Vater geht.", erklärte Hilde dem befreundeten Kollegen ihres Sohnes und Bordtechniker Wollcke nickte zustimmend.
„Da haben sie wohl Recht, Frau Blank...", stimmte Wollcke zu, bevor er einen Blick auf die kleine Milena erhaschte und zu lächeln begann. „Milena hat es aber auch bequem bei ihrem Lieblingssanitäter auf dem Schoß. So, wie sich die kleine Maus hier an dich kuschelt, Johnny. ... Gut, dass Sabine und Jens gerade nicht da sind. Die beiden könnten glatt eifersüchtig werden, wenn sie sehen, wie ihre kleine Maus sich an dich kuschelt..."
„Tja. Ich habe halt eine gewisse Anziehungskraft für so zuckersüße, kleine Mädchen, die hier im Rettungszentrum gern gesehene Gäste sind... Stimmts, mein kleines Milenchen? Wir freuen uns immer, wenn die kleine süße Maus hier bei uns ist? Na, sag mal, Maus. Bist du denn jetzt schon eingeschlafen?", fragte Johnny und blickte auf Milena, die sich gerade ein wenig mehr an den Sanitäter kuschelte und ihre Augen schon geschlossen hatte.
„Na, da haben wir aber ein Problem, wenn die Kleine jetzt hier auf deinem Arm eingeschlafen ist. Dann müssen wir Milena wohl oder übel wohl zum nächsten Einsatz mitnehmen. Und ich gehe davon aus, dass das unser netter Major Frischner gar nicht leiden können wird. Dass wir unsere Kleine zum Einsatz mitschleppen müssen.", vermutete Wollcke und Johnny erhob sich vorsichtig von Milenas Krabbeldecke, die er vor der kleinen Spielstunde mit dem Mädchen auf dem Boden ausgebreitet hatte.
„Milenchen, meine kleine süße Maus. Wir werden dich trotzdem am besten mal hier aufs Sofa legen. Für den Fall, dass wir in den nächsten Minuten doch noch zum Einsatz raus müssen. Dann kann ich dich nicht mitnehmen. So gerne ich das tun würde. ... Aber deine Oma ist ja da und passt auf dich auf, wenn wir beim Einsatz sind.", beruhigte Johnny das kleine Mädchen, was sich beschwerte, als der Rettungsassistent die Kleine auf das Sofa legte.
„Sie will eben bei dir auf dem Arm bleiben, Johnny.", merkte Wollcke an und grinste frech, als der Oberstarzt ins Zimmer kam und den kleinen Ehrengast sofort erblickte.
„Ach, wir haben wieder einmal Besuch von unserem Rettungsfliegernachwuchs?", fragte der Chef des Bundeswehrkrankenhauses und Hilde nahm ihre kleine Enkelin auf den Arm.
„Ja, Milena wollte mal wieder bei ihrem Patenonkel vorbei schauen, anstatt im Kindergarten bei ihren Freunden zu bleiben und dort ein bisschen zu spielen, bis Sabine und Jens wieder Zeit für die Maus haben. Ich war auch gerade auf dem Weg zu Fiona ins Krankenhaus. Bei ihr war ich schon eine ganze Weile nicht mehr.", antwortete die Großmutter des kleinen Mädchens, das sich lauthals darüber beschwerte, nicht mehr auf Johnnys Arm zu liegen.
„Na, du hast aber ein lautes Stimmchen... Willst du wieder zu deinem Onkel Johnny auf den Arm? Oder sollen doch lieber Papa und Mama wieder zu dir kommen und sich um dich kümmern, hm?", fragte Wollcke das lautstark weinende, neun Monate alte Mädchen mit liebevoller Stimme und die Kleine hörte ihrem Patenonkel ganz genau zu, während ihr immer noch dicke Tränen aus den babyblauen Augen kullerten.
„Mama...", jammerte die Kleine und ließ sich auch vom liebevollen Schaukeln nicht beruhigen. Die dicken und salzigen Tränen, die dem neun Monate alten Mädchen über die Wangen liefen, tropften auf den hellgrünen Strampler, den die kleine Milena trug.
„Milena... Pschhht. Wir fahren gleich wieder zu deiner Mama und deinem Papa. Die beiden sind doch nur noch bei deiner großen Schwester im Krankenhaus und kümmern sich noch ein bisschen um sie. Aber dich haben Mama und Papa auch nicht vergessen...", beruhigte Milenas Oma ihre kleine Enkelin und streichelte dem Mädchen über den Kopf. „Bald sind Mama und Papa wieder ganz für dich da. Und dann hast du auch bald deine große Schwester bei dir. Die bleibt nämlich ganz sicher hier in Hamburg, bis dein Papa schon Opa wird... Und bis dahin bin ich immer in deiner Nähe. Und der Onkel Wollcke ist doch auch für dich da... Und da ist dein Onkel Johnny. Die beiden kennst du doch schon ganz lange, Milena. Und du weißt doch auch, dass sie dir nichts tun. Onkel Johnny und Onkel Wollcke haben dich doch so lieb; die zwei haben dich schon gerne gehabt, als du noch gar nicht auf der Welt warst..."
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Vaterfreuden
FanfictionJens und seine Ehefrau sind noch glücklicher, als sich ein Baby ankündigt. Fünf Jahre lang kann niemand die kleine Familie trennen, bis Jens' Frau plötzlich Thomas kennen lernt. Zehn Jahre sind Jens und seine kleine Prinzessin Fiona getrennt. Doch e...