Kapitel 12: Sorgen um Milena
Auf einer Landstraße hatte es erst vor wenigen Minuten einen Unfall gegeben. Ein Auto hatte sich aus ungeklärter Ursache plötzlich nicht mehr steuern lassen und war mit voller Wucht in einen Baum gekracht.
Eine gefühlte Ewigkeit hatte keiner der vorbeirasenden Autofahrer das qualmende Auto in der Böschung bemerkt, bis endlich ein Auto anhielt und der Fahrer und deren Beifahrerin zu Hilfe eilten.
Im verunglückten PKW saßen ein junger Mann und eine ebenso junge Frau, vermutlich ein Liebespärchen.
Während die junge Frau anscheinend nur äußerliche Verletzungen und einen Schock hatte, war der Mann neben ihr auf dem Beifahrersitz bewusstlos. Aus der großen Platzwunde an der Stirn floss das Blut und bei genauerem Hinsehen sah man, dass der Mann unregelmäßig atmete.
Einen kurzen Überblick über den Zustand der Unfallopfer erhaschend, schluckte der Ersthelfer kurz und wies seiner Lebensgefährtin an, den Verbandskasten zu holen, bevor er sich an die Fahrerin des Unfallwagens wandte: „Hallo? Können sie mich verstehen? Was ist passiert?"
Der junge Fahrer, der wohl erst seit kurzem einen Führerschein besaß, wartete vergeblich auf eine Antwort, während seine Lebensgefährtin mit den Verbandskasten in der Hand zu Hilfe eilte. „Florian, hol den Notarzt. Ich kümmere mich um die beiden...", wies sie ihrem Lebensgefährten an und versuchte dann, vorsichtig die Fahrertür des verunfallten Kombis zu öffnen.
Dies erwies sich allerdings als kaum machbar, denn durch den Aufprall auf den Baum hatte sich das Metall so verzogen, dass ohne schweres Gerät wohl kaum an ein Türen öffnen zu denken war.
„Da muss auf jeden Fall erst mal die Feuerwehr ran. Die ganze Tür hat sich verklemmt... Ohne Werkzeug kriegen wir die nicht auf.", erklärte die junge Frau an ihren etwa gleichaltrigen Lebensgefährten gewandt und schüttelte entschieden den Kopf, bevor sie mit beruhigender Stimme auf die Unfallfahrerin einsprach: „Bleiben sie ganz ruhig; die Feuerwehr und der Notarzt sind schon auf dem Weg. Ihnen wird gleich geholfen."
Die Unfallfahrerin allerdings schien die beruhigenden Worte der jungen Frau nicht zu hören. Sie sah kurz zu ihrem schwer verletzten Beifahrer neben sich und fing an, immer hektischer zu atmen.
„Machen sie sich keine Sorgen. Wir lassen sie jetzt nicht alleine... Mein Lebensgefährte und ich kümmern uns um sie, bis der Notarzt kommt." Wieder und wieder versuchte die junge Frau, die Unfallfahrerin mit beruhigender Stimme etwas abzulenken und zu beruhigen, was allerdings nicht zu funktionieren schien.
Also versuchte sie es auf eine andere Art und Weise. „Wie heißen sie denn eigentlich?", fragte sie und bekam eine gekrächzte Antwort: „Lisa... Lisa Berner... Ich... Ich..."
„Pscht, ganz ruhig, Lisa. ... Ich darf doch Lisa zu Ihnen sagen, oder?" „Ja...", krächzte die junge Frau und sah wieder auf den jungen Mann, der neben ihr saß und noch immer nichts gesagt hatte. „Hannes... Hannes... Sag doch was...", keuchte Lisa, doch der Mund ihres Freundes blieb geschlossen.
„Gut, Lisa... Ich bin Corinna. Und das ist mein Lebensgefährte Florian... Wir passen auf sie auf, bis der Notarzt kommt. Versprochen. Machen sie sich jetzt bitte keine Sorgen; es wird alles wieder in Ordnung kommen. Sie werden sehen... Bald sind sie wieder auf den Beinen."
Endlich näherte sich das Martinshorn des Rettungswagens, der Polizei und der Feuerwehr.
„Sehen sie, Lisa, jetzt wird alles wieder gut... Die Feuerwehr holt sie gleich aus dem Auto raus. Machen sie sich keine Sorgen... Da oben kommt auch schon der Rettungshubschrauber...", beruhigte auch Florian, der Lebensgefährte der Unfallhelferin, die junge Frau, die sich am Lenkrad ihres völlig demolierten Autos festkrallte.
Während die beiden Polizeibeamten erst einmal um den Unfallort herum alles absperrte, landete im Hintergrund bereits der SAR-Hubschrauber und Sabine und Johnny liefen zu dem verunglückten Wagen.
„Machen sie sich keine Sorgen, wir holen sie hier raus.", beruhigte die Ersthelferin das Unfallopfer noch einmal, bevor sie sich an Sabine wandte: „Wir kommen nicht an die junge Frau ran. Aber sie ist momentan ansprechbar... Wenn auch nur bedingt... Der Puls der Patientin ist erhöht. Vermutlich Schock..."
„Sie sind wohl vom Fach?", staunte Sabine über die Aussagen der jungen Frau, die lächelnd erwiderte: „Ich bin momentan noch in der Ausbildung zur Krankenpflegerin... zweites Lehrjahr... Davor habe ich schon eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht. ... Aber ich bin es eigentlich gewohnt, dass die Patienten schon versorgt sind, wenn sie zu uns in die Klinik kommen..."
„Hallo... Ich bin Dr. Petersen... Wie heißen Sie?", wandte sich Sabine an die Unfallfahrerin, die sich krampfhaft an ihrem Lenkrad festkrallte und zu ihrem kurz aufstöhnenden Lebensgefährten sah.
„Hannes... Hannes... Schatz... Du... Du lebst!", freute sich die Unfallfahrerin und hatte über die Freude schon wieder vergessen, was sie von Sabine gefragt wurden war. Für die junge Frau zählte nur noch ihr Freund, der stöhnend zu Lisa sah und fragte: „Was... Was ist passiert?"
„Sie hatten einen Unfall...", erklärte die Ersthelferin. „Ich kann nicht genau sagen, wann das passiert ist. Aber... Ich denke, es ist noch nicht lange her... Die Motorhaube ist noch warm. ... Die Fahrerin heißt übrigens Lisa..."
„Gut, danke... Johnny, Sti...", wollte Sabine ihren Rettungsassistenten anweisen, doch da hatte Johnny auch schon die Halskrause in der Hand und reichte sie seiner Chefin. „Danke, Johnny. Hilfst du mir beim Anlegen?"
Kaum hatten Sabine und Johnny gemeinsam den beiden Verunglückten einen Stifneck angelegt, da kamen auch schon Wollcke und Jens mit der Trage.
„So... Sehr gut... Haben sie Schmerzen?", erkundigte sich Sabine bei Lisa und leuchtete ihr mit einer kleinen Lampe in die Augen, was der Patientin nicht zu gefallen schien.
Stöhnend antwortete Lisa auf Sabines Frage: „Ich... Mein Kopf... Und mein linker... Arm... Ich... Ich kann mich kaum noch bewegen. Und die Brust..." „Ich schaue mir das gleich an, wenn wir sie aus dem Auto raus haben. Machen sie sich keine Sorgen... Gut, ihr könnt dann das Auto öffnen.", wandte sich die erfahrene Notärztin an die beiden Feuerwehrmänner. Nun hieß es warten; darauf zu warten, dass die Feuerwehr endlich die beiden Unfallopfer aus dem Wrack ihres Autos befreien konnten.In der Zwischenzeit, während ihr Sohn mit seiner Crew im Einsatz war, hatte Jens' Mutter das Rettungszentrum erreicht und kümmerte sich um ihre knapp einjährige Enkelin.
„Meine Kleine... Haben sich Papa und Mama heute Früh schon um dich gekümmert?", wandte sich die Großmutter der Kleinen an ihre Enkelin und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange.
„Die Crew musste sehr früh schon weg.", erklärte Homann und gab Jens' Mutter die Tasche der kleinen Milena. „Hier sind die Sachen ihrer Enkelin... Ich denke, sie wollen dann gleich mit der Kleinen nach Hause fahren. Oberst Brandt kommt später noch vorbei..."
„Und ich bin mit der Kleinen zu Besuch da...", erklärte Hilde dem Obergefreiten. „Ralph Brandt und ich kennen uns noch von früher. Er wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn ich Jens und meine Schwiegertochter mit der kleinen Milena besuchen komme."
„Aber Oberst Brandt findet es garantiert nicht gut, wenn... Nun ja... Wenn die Kleine hier im Rettungszentrum ist. Da könnte es gewiss ziemlichen Ärger geben.", widersprach Homann, doch da war es auch schon zu spät – das Auto des Kommodore fuhr vor und Oberst Ralph Brandt stieg aus.
„Da ist er schon...", flüsterte der Obergefreite und verschwand im Funkraum hinter seinem Tresen, während sich Hilde mit ihrer kleinen Enkelin auf das Sofa setzte.
„Oh... Frau Blank... Wir haben uns ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen... Und die kleine Milena ist auch da.", fiel Brandt auf und er begrüßte das Kleinkind freundlich. Milena allerdings schien der Mann etwas furchterregend zu sein und sie versteckte ihren Kopf in der Bluse ihrer Oma.
„Milena, Süße. Ich bin es doch nur... Der liebe Onkel Ralph... Was machst du denn eigentlich hier? Solltest du nicht in der Kita sein?", erkundigte sich der Chef des LTG 63, worauf Jens' Mutter antwortete: „Sie wollte nicht. Jens und Sabine haben versucht, die Kleine heute Morgen bei der Erzieherin abzugeben. Aber sie hat so ein Theater gemacht, dass der Erzieherin nichts anderes übrig blieb, als Sabine anzurufen, damit Milena wieder abgeholt wird. Das habe ich dann übernommen und ihren Eltern versprochen, die Kleine heute bei mir zu parken."
Inzwischen saß Milena auf ihrer Spieldecke am Fenster und kullerte ihren Ball vor sich her. Das machte der Kleinen so viel Spaß, dass man nur noch fröhliches Kreischen und Lachen hörte.
„Milena... Hey, Süße. Nicht so laut...", stoppte Hilde ihre Enkelin und Milena sah ihre Oma mit großen Augen an, bevor sie wieder zu brüllen anfing: „Mama? Mammmi..."
„Mama kommt doch bald wieder... Im Moment sind Papi und Mami noch mit dem großen Hubschrauber unterwegs... Aber keine Angst, in ein paar Minuten sind sie wieder da.", beruhigte Hilde ihre Enkelin, während die Kleine ihren Kopf nach ihren Eltern suchend hin und her drehte und weiterhin nach „Mama" und „Papa" rief.
„Mama kommt gleich, Süße.", versprach nun auch Oberst Brandt dem Mädchen. „Mach dir keine Sorgen, du kleine Prinzessin... Bald sind Mama und Papa wieder bei dir und kümmern sich um dich."
„Pa... Pada... Mammmi", quengelte Milena plötzlich wieder und krabbelte zu ihrer Oma, hinter deren Beinen sie sich verstecken wollte. „Mammmi..."
„Was hast du denn jetzt wieder, Milena?", wollte Jens' Mutter von ihrer Enkelin wissen und hob die knapp Einjährige auf den Schoß. „Ich bin doch da. Und Mama und Papa kommen auch gleich wieder... Ich verstehe nicht, was die Kleine plötzlich schon wieder hat. Sie brüllt in den letzten Tagen nur noch nach ihren Eltern."
„Vielleicht geht es ihr momentan gesundheitlich nicht besonders gut. Oder sie will zu ihren Eltern, weil sie Jens und Sabine vermisst... Oder sie hat Angst vor irgendetwas... Oder Milena ist einfach nur müde, weil sie heute Nacht nicht richtig geschlafen hat. Wer weiß... Es gibt einige Gründe, warum Milena plötzlich quengeln könnte.", riet Oberst Brandt und musterte das kleine Mädchen auffallend lange, was die Kleine noch ein bisschen mehr dazu brachte, zu weinen und zu quengeln. „Vielleicht sollten sie mit der Kleinen nach Hause fahren..."
„Und Jens und Sabine machen sich gleich noch mehr Sorgen um die Maus... Wenn sie wissen, dass ich die Kleine mit hergebracht hab und dann doch nicht da bin. ... Jetzt warten wir erst mal ab, bis die beiden von ihrem Einsatz zurückkommen. Danach kann ich ja immer noch mit Milena nach Hause fahren."
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Vaterfreuden
Fiksi PenggemarJens und seine Ehefrau sind noch glücklicher, als sich ein Baby ankündigt. Fünf Jahre lang kann niemand die kleine Familie trennen, bis Jens' Frau plötzlich Thomas kennen lernt. Zehn Jahre sind Jens und seine kleine Prinzessin Fiona getrennt. Doch e...