Kapitel 38: Pläne für die Zukunft
„Du machst dir wohl große Sorgen um Fiona?", erkannte Sabine, als sie ihrem Lebensgefährten die Hand auf die Schulter legte und dabei ihre Stieftochter betrachtete.
Jens nickte bestätigend und erklärte: „Natürlich mache ich mir Sorgen um die Kleine. Sie hat keiner Fliege etwas getan. Und trotzdem muss sie sich so sehr quälen... Das ist nicht fair, das ist einfach nicht fair. Ich habe für Fiona in den letzten Jahren... nichts getan. Ich habe ihr weder zum Geburtstag gratuliert, noch Unterhalt gezahlt. Ich habe ihr nicht einmal etwas zu Weihnachten oder... zu Osten geschenkt. ... Seit Maria damals mit ihr weggezogen ist und die Scheidung durch war, ist Fiona ohne mich aufgewachsen. ... Eigentlich müsste ich zur Strafe hier liegen. Und nicht meine kleine Fiona."
„Jens, ich bin mir sicher, dass du dich um deine Kleine gekümmert hättest, wenn du gewusst hättest, wo sie lebt. Aber deine Ex-Frau hat dir doch den Kontakt komplett untersagt. Du hättest dich nicht um Fiona kümmern können. Auch, wenn du es gewollt hättest. Wer weiß, was deine Ex-Frau eurer gemeinsamen Tochter gesagt hat... Sie hat Fiona vielleicht sogar angelogen. Zuzutrauen wäre es ihr allemal...", wusste Sabine und sah abwechselnd Jens an und dann wieder Fiona.
„War deine Mutter heute auch schon einmal bei Fiona?" „Ja, sie war bis vor einer viertel Stunde schon hier und hat sich um die Kleine gekümmert..." Jens deutete auf den Plüschhund in Fionas Arm. „Den hat sie Fiona von Zuhause mitgebracht. Das war Fionas allererstes Plüschtier, was sie überhaupt hatte. Meine Mutter hat den damals ins Krankenhaus mitgebracht, als sie Fiona nach ihrer Geburt besucht hatte. Die Kleine hat seit diesem Tag den Hund überall mit hingeschleppt. In den Kindergarten, zwischen unserer Wohnung und meinem Elternhaus hin und her... Bis sie dann zu ihrem dritten Geburtstag von mir ihren hellbraunen Teddybären geschenkt bekommen hat. Dann war der Hund abgeschrieben und nur noch ihr Teddy durfte Fiona überall hin begleiten."
Sabine lächelte kurz. „Dann war der Hund sicherlich rasend eifersüchtig auf den Teddy..." „Naja, wie man es nimmt... Fiona hat nichts von der Eifersucht mitbekommen. Ihr Kuschelhund durfte ja trotzdem mit ihr im Bett liegen und die Nächte verbringen. Das hat die Eifersucht ein bisschen gelindert..." Noch einmal sah Jens auf seine Tochter. „Ich wünschte, Fiona würde wieder aufwachen und... und könnte endlich wieder aus dem Krankenhaus raus. Bestimmt will sie wieder zurück nach Hause..."
„Jens... Ihr Zuhause ist ab jetzt bei uns. ... Ich werde dich dabei unterstützen, wenn du deiner Ex-Frau erklärst, dass Fiona jetzt bei uns wohnt. Hier hat sie es doch viel besser, als bei ihrer Mutter, die sich sowieso nicht um das Baby eurer Tochter kümmern will.", wusste Sabine und Jens nickte kurz, war sich allerdings nicht so sicher, ob Fiona selbst auch nach Hamburg ziehen wollte.
„Sie war ihr ganzes Leben bestimmt noch nie hier in Hamburg; bis auf die Besuche im Tierpark mit mir und ihrer Mutter... Ihre Heimat war erst Diepholz und dann Berlin. Dass sie jetzt zum dritten Mal umziehen soll, das wird sie nicht mitmachen... Vor allem nicht, weil ich mit dir zusammen bin und wir beide ein gemeinsames Kind haben. ... Fiona wird sich mit Sicherheit bei uns nicht wohlfühlen..."
„Sie wird unbedingt zu uns beiden ziehen wollen, Jens. Als Fiona zusammengebrochen ist, war ich bei ihr. Da hat sie schon gesagt, dass sie hier wohnen will. Bei ihrem Vater...", erzählte Sabine und fügte an: „Klar wird das alles nicht einfach werden. Und wir müssen deiner Ex-Frau wahrscheinlich triftige Gründe für einen Umzug von Fiona nennen. Aber wir werden es schaffen. Wenn uns Wollcke und Johnny dabei unterstützen. Und das werden sie mit Sicherheit auch tun..."
„Wenn du meinst, dass wir das schaffen werden... Aber spätestens, wenn wir mit Maria reden, wird dein Plan schief gehen. Ich kenne meine Ex-Frau. Sie von irgendwas zu überzeugen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Und wenn sie doch einem Umzug von Fiona zustimmen sollte, dann müsste schon Weihnachten, Neujahr, dein Geburtstag, mein Geburtstag und Osten auf ein und denselben Tag fallen."
Gegen Mittag dieses schönen Samstags saßen Wollcke, Johnny und Oberstarzt Kettwig am Esstisch und erholten sich vom letzten Einsatz, bevor die drei wieder auf Milena zu sprechen kamen.
„Ob Fiona und Milena wohl miteinander auskommen?", murmelte Wollcke und Johnny blickte den Bordtechniker fragend an. „Was hast du da gerade gemurmelt?"
„Ich frage mich, ob Fiona und ihre kleine Halbschwester wohl gut miteinander auskommen werden? Ich meine, wenn Fiona nach Hamburg ziehen sollte... Das ist schon eine ganz schöne Umstellung für alle Beteiligten. Besonders für Milena. Dann ist sie nämlich plötzlich nicht mehr die einzige, die die Aufmerksamkeit von Jens und Sabine braucht..."
„Fiona ist sechzehn Jahre alt, Wollcke..." „Aber sie ist zum ersten Mal in ihrem Leben schwanger. Mit sechzehn Jahren. Das wird für Fiona eine ziemliche Umstellung werden. Plötzlich für ein Baby sorgen zu müssen. Dann kann sie nicht mehr auf Partys oder einfach so mit ihren Freunden weggehen.", fiel Wollcke dem Rettungsassistenten ins Wort und Johnny nickte kurz.
„Ja, ich weiß. Aber ich glaube, Fiona wird auch nicht so einfach mit ihren Freunden weggehen wollen, wenn sie ihr Baby auf die Welt gebracht hat. Das wird Jens schon zu verhindern wissen.", widersprach Rettungsassistent Johnny, bevor sich auch der diensthabende Notarzt des SAR 71, Oberstarzt Dr. Kettwig kurz zu Wort meldete: „Lassen sie Fiona erst einmal ein wenig Zeit, um die ganzen Folgen ihres Zustandes richtig zu verstehen. Sie weiß es doch selbst noch gar nicht so lange, dass sie schwanger ist. Die Nachricht muss sie erst einmal richtig verdauen."
„Sie haben wohl Recht, Herr Oberstarzt. Fiona wird bestimmt wissen, was sie tut. Vor allem, wenn sie ihr Baby auf die Welt gebracht hat... Ich mache mir nur Gedanken darum, dass es ihr vielleicht einmal zu viel sein könnte, wenn das Baby schreit und sie ganz alleine zu Hause ist. Sie ist sechzehn Jahre alt, für ein Baby vermutlich noch etwas zu jung...", wusste Wollcke und Oberstarzt Kettwig nickte.
„Ja, sie ist wirklich mit sechzehn Jahren noch etwas jung für ein Baby. Aber Major Blank und Frau Oberstabsarzt Petersen werden Fiona bestimmt in den ersten Wochen und Monaten unterstützen.", wusste Kettwig, bevor Johnny anfügte: „Außerdem sind wir ja auch noch da. Und Madeleine und Tatjana unterstützen Fiona bestimmt auch..."
„Madeleine und Tatjana kennen Fiona noch nicht einmal.", konterte Wollcke. „Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Fiona ihr Baby einfach einer für sie fremden Frau in den Arm gibt."
„Fiona ist in der neunten Woche schwanger... Sie wird Madeleine und Tatjana vor der Geburt sicherlich noch kennen lernen. Bis dahin fließt schließlich noch viel Wasser die Elbe runter...", war der abschließende Satz von Johnny, als plötzlich der Einsatzalarm durch das Rettungszentrum zu hören war und die drei Rettungsflieger zu Hubschrauber „Anneliese", die auf dem Landeplatz stand, liefen.
Die Hand seiner Tochter in seiner Hand haltend saß Jens noch immer am Krankenbett der Sechzehnjährige. Besorgt betrachtete er die leichenblasse Hautfarbe der Schülerin und flüsterte seiner Tochter leise zu, dass alles wieder in Ordnung käme.
„Meine kleine Maus. Du wirst wieder gesund... Weißt du noch, mein kleines Mädchen... Als ich dich damals aus dem Kindergarten geholt habe und du so schlimm krank warst... Damals warst du fast vier Jahre alt. Und ich habe mir den ganzen Tag große Sorgen um dich gemacht. Und ich habe mir auch den ganzen Tag immer wieder gesagt: Warum habe ich mein kleines Mädchen in den Kindergarten gebracht, wo es dir doch schon am Morgen nicht gut ging. ... Ach, Fiona. Mein kleines süßes Mädchen."
Kurz seufzend legte Jens seine Hand, die vorher die Hand seiner Tochter festhielt, auf die Stirn der Sechzehnjährigen. Dabei stellte er besorgt fest, dass die Schülerin wohl immer noch mit ihrer erhöhten Temperatur zu kämpfen hatte.
„Meine kleine Maus... Du hast doch immer noch mit dieser verfluchten Temperatur zu kämpfen... Die Ärzte haben dir doch vorhin erst etwas gegeben. Hat die Medizin denn noch nicht angeschlagen, Kleines?", erkundigte sich Jens und sah kurz auf, als sich die Tür zu Fionas Zimmer öffnete.
Michael und Thomas sahen kurz durch einen kleinen Türspalt in Fionas Krankenzimmer und als Jens kurz nickte, traten die Freunde herein.
„Wie geht es Fiona?", erkundigte sich Thomas und prüfte mit seiner Hand ebenfalls kurz die Temperatur von Fiona an der Stirn der Sechzehnjährigen. „Sie hat doch immer noch mit ihrem Fieber zu kämpfen... Haben die Ärzte ihr nicht vorhin erst etwas dagegen gegeben?"
„Ja, natürlich. Aber... Das muss ja auch alles erst einmal anschlagen. Das dauert seine Zeit.", bestätigte Michael Thomas' Aussage und er betrachtete die von den Kreislaufüberwachenden Geräten angezeigten Werte. „Sie hält sich tapfer... Aber anscheinend ist sie nicht nur wegen eines schlechten Tages zusammengebrochen, sondern weil sie sich wohl auch noch während der Klassenfahrt einen grippalen Infekt eingefangen hat. Aber das ist doch bei Fiona auch nichts Neues mehr. Wenn sie einmal nicht mit einem grippalen Infekt wieder nach Hause gekommen ist, dann war sie nicht in Ordnung... Unsere Fiona ist eben in Sachen Immunsystem nicht so gut aufgestellt..."
„Aber ich mache mir trotzdem Sorgen um meine Tochter...", flüsterte Jens beim Anblick seiner kranken Tochter. „Ich kenne Fiona sehr gut; sie ist ja schließlich auch meine Tochter. Und sie war als Kind häufig krank... Aber so schwach... habe ich die Kleine nie erlebt. Selbst nach dem Unfall, den Fiona und ich damals kurz vor der Trennung von Maria und mir hatten..."
„Jens.... Mach dir doch bitte um Fiona keine Sorgen. Michael ist doch extra hergekommen, um sich um die Kleine zu kümmern. Einen besseren Arzt, wie ihn, kenne ich gar nicht. Und ich habe in meiner Laufbahn als Pilot eines Rettungshubschraubers einige Ärzte kennen lernen können. Er wird Fiona schon nicht sterben lassen. Dafür hat er die Kleine viel zu gerne...", versprach Thomas beim Anblick der Sechzehnjährigen, deren unruhiger Atem für den erfahrenen Notarzt Michael neben der heißen, verschwitzten Stirn ein weiteres Indiz für erhöhte Temperatur war.
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Vaterfreuden
FanfictionJens und seine Ehefrau sind noch glücklicher, als sich ein Baby ankündigt. Fünf Jahre lang kann niemand die kleine Familie trennen, bis Jens' Frau plötzlich Thomas kennen lernt. Zehn Jahre sind Jens und seine kleine Prinzessin Fiona getrennt. Doch e...