Abraham

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Ich hörte amy zu. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr wenden. In meinen Armen lag meine Frau und weinte. Amy zeigte keine Emotionen. Nicht eine einzige. Mein Sohn hatte recht. Ihre Augen wirkten wie Eiskristalle. Ich konnte und wollte nicht begreifen was sie mir da gerade erzählte. Ich wollte es nicht wahrhaben. Das konnte einfach nicht sein. Sie erzählte auch wie Yannic sie ein paar mal gerettet hatte ohne das er es wusste. Das machte mich stolz auf meinen Jungen. Aber wie konnte amy hier sitzen und leben während es Claire zerstört hatte? Was meinte sie denn vorhin mit Claire sei stark gewesen? Amy sitzt hier. Sie ist stark. Sie wurde von ihrem eigenen Vater misshandelt gedemütigt und vergewaltigt. Dann kam noch dieser chris dazu. Wie hatte sie weitermachen können?

"Wie?" Mehr brachte ich nicht heraus. Sie schaute mich fragend an. Ich räusperte mich und begab nochmal.

"Wie kann es sein das du.." meine Stimme brach wieder, aber sie schien verstanden zu haben.

"Es ist viel schwerer einen Schlussstrich zu ziehen und Menschen die man liebt hinter sich zu lassen und zu wissen das man sie verletzt als einfach weiter zu machen. Ich war nicht stark genug. Claire schon. Claire hat es geschafft."

"Aber sie hätte doch..." wieder brach meine Stimme. Aber amy verstand wieder mal was ich wollte.

"Nein. Hätte sie nicht. Das ist nicht leicht. Man fühlt sich schuldig. Man gibt sich die Schuld. Man möchte nicht das andere erfahren wie dreckig man ist, denn so fühlt man sich. Man möchte nicht das andere einen anschauen in dem wissen das man ihn dazu gebracht hat all das zu tun. Claire hatte Angst das ihr keiner glauben würde. Sie hatte Angst das ihr sie verstoßen würdet. Sie hatte Angst das man ihr die Schuld geben würde. Sie musste so unendlich Angst gehabt haben. Denn genau das sind meine Ängste. Das ist die Furcht mit der wir leben müssen. Und die Scham. Völlig hilflos zu sein. Völlig ausgeliefert ohne jegliche Hilfe. Das wissen das es nicht vorbei ist. Das die Schmerzen immer und immer wieder kommen werden. Claire wollte nur frei sein. Wieder lachen können. Glücklich sein können. Sich wieder sauber und rein fühlen können."

"Oh mein Gott." Meine Frau schluchzte laut auf. Ich drückte sie noch näher an mich heran.

"Es tut mir leid das du das durchmachen müsstest."

"Braucht es nicht. Ist nicht ihre Schuld. Aber glauben sie mir wenn ich Ihnen sag das Claire stark war. Ich meine das aus tiefstem herzen."

"Danke."

Sie nickte mir zu und stand auf.

"Ich gehe dann jetzt lieber mal."

Alle drei sprangen wir gleichzeitig auf und starrten sie mit großen Augen an.

"Wohin?"

"Nach Hause?"

"Nein!"

"Amy du kannst hier bleiben du musst nicht gehen."

"Er ist nicht da. Er kommt erst in ein bis zwei Wochen wieder. Und morgen ist Schule. Ich sollte also wirklich langsam ins Bett. Aber Danke."

"Ich komme mit." Yannic scheint die Idee gar nicht zu gefallen von amy getrennt zu sein. Sie verdrehte nur die Augen und winkte uns kurz zu.

Jetzt waren wir allein. Catherine und ich waren allein mit unseren Gedanken. Wir redeten selten über Claire. Es schmerzte einfach zu sehr. Sie war unsere Tochter unsere über alles geliebte Tochter. Wir hatten sie verloren. Das hatte uns beinahe unsere Ehe gekostet. Dabei kann ich mir ein Leben ohne Catherine nicht mal vorstellen.

"Ich kann sie verstehen."

"Wen?"

"Claire."

"Wieso?"

"Als du mich gehen lassen hast. Nach New York ins College da wollte ich nicht mehr weiter machen. Nicht ohne dich. Du hast so verdammt lange gebraucht zu kapieren das du etwas tun musst das meine Frist beinahe abgelaufen wäre!"

"Welche Frist?"

"Wie gesagt ich wollte nicht ohne dich leben. Ich habe dir zwei Monate gegeben danach hätte ich es beendet."

Scharf zog ich die Luft ein.

"Schatz. Das hast du mir nie erzählt."

"Ich weiß. Aus gutem Grund. Du hast einen Monat und 28 Tage gebraucht um zu mir zu kommen. Ich hatte in Diesen zwei Monaten mein lachen verloren. Ich hatte 15 Kilo abgenommen weil ich nicht mehr essen konnte und ich hatte keine Lust mehr zu leben. Mit jedem Tag der verging schwand meine Hoffnung. An dem Tag als du gekommen bist habe ich mich gerade auf den Weg gemacht um es zu beenden. Der Gedanke du könntest mit einer anderen glücklich werden machte mich wahnsinnig. Aber dann standest du einfach vor mir. Aus dem nichts. Mit einer kleinen Schachtel. Und hast mich gefragt ob ich deine Frau werden will. Du hast mich gerettet. Und Claire hat sich selbst gerettet. Sie ist frei. Amy hat recht. Sie war stark genug um sich ihre Freiheit wieder zu holen."

"Ich war ein idiot. Ich dachte wenn ich mich nur immer zulaufen lasse dann vergesse ich dich. Aber es wurde immer schlimmer. Bis Claire mich anrief und sagte du seist nur noch ein Schatten deiner selbst und wenn ich nicht meinen verdammten arsch bewege dann kastriert sie mich eigenhändig. Ich hab den nächsten Flieger genommen und im Flughafen den Ring gekauft. Und dann als ich dich gesehen hab. Wusste ich das auch du mich liebst. Ich konnte sehen das du leidest. Aber ich hatte keine Ahnung wie sehr. Aber mal wieder hat Claire ihre Finger im Spiel gehabt."

Wir mussten beide lachen. Claire. Unsere beste Freundin. Es wurde Zeit sie mal wieder zu besuchen. Es war schon wieder viel zu lange her.

"Und mit Claire hast du recht. Sie ist frei und dank amy können wir sie besser verstehen."

"Das arme kleine Ding. Was sie alles durchmachen musste. Ich hoffe sie wird darüber hinwegkommen."

"Das hoffe ich auch Catherine. Aber Yannic wird ihr beistehen. Zusammen schaffen sie das. So wie wir damals."

Catherine nickte mir zu und kuschelte sich wieder dicht an mich. Gott wie sehr ich diese Frau liebe. Sie hat mich gerettet. Sooft schon. Womit ich sie verdient habe weiß ich bis heute nicht.

"Meinst du sie wird ihren Vater und den anderen Kerl anzeigen?"

"Ich weiß es nicht mein Engel aber ich kann es nur hoffen. Wir werden ihr beistehen egal für was sie sich entscheiden sollte. Glaubst du es wäre in Ordnung wenn sie dann erstmal hier wohnen würde?"

Meine Frau lächelte mich an.

"Abraham du hast so ein gutes Herz. Natürlich ist das in Ordnung. Wir können sie wohl schlecht weiter bei ihm wohnen lassen nach allem was wir heute erfahren haben."

"Ja da hast du recht. Aber glaub mir mein Herz ist nicht halb so gut wie deines."

Ich zog sie näher zu mir und küsste sie. Noch immer bekomme ich eine Gänsehaut bei ihren küssen. Noch immer fliegen die Schmetterlinge in meinem Bauch wenn sie mich berührt. Das Feuerwerk ist mit den Jahren nur stärker geworden. Ich zog sie vom Sofa und hob sie in meine Arme. Sie lachte und ich trug sie hoch ins Schlafzimmer.

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