Sylvester und ich standen am Geländer der Seepromenade. Die Aussicht auf den Bodensee und das Lindauer Wahrzeichen waren herrlich, trotz der niedrigen Temperaturen. Wenigstens war der Schnee vollkommen verschwunden. Der Frühling stand vor der Tür. "Wen meintest du eigentlich vorhin mit wir?" Diese Frage schwirrte mir schon die ganze Zeit im Kopf umher. "Ich meinte mich und die anderen Austauschschüler." Jetzt ging mir auch ein Licht auf. "Ach du bist... Jetzt verstehe ich. Dann warst du bei den Rabauken dabei die heute in unserem Klassenzimmer waren! Hätte ich Robin angesehen als ich ihm meine Meinung gesagt habe, hätte ich es gleich kapiert. Entschuldige bitte." Er atmete durch. "Das ist doch nicht schlimm. Du warst eben verärgert. Deine Mitschüler sollten dir mehr Respekt entgegen bringen." So höflich und lieb ging lange keiner mehr mit mir um. Das lag aber ein Stück weit auch bei mir. "Respekt. Die kennen das Wort nicht. Als ich vor vier Monaten hier her gekommen bin wollte ich eigentlich ein neues Leben beginnen und glücklich werden. Stattdessen habe ich mich für meine Mitschüler eingesetzt und bin damit auf die Abschussliste geschrieben worden. Bezeichnungen wie etwa Nächstenliebe oder Ehrlichkeit kennen viele Schüler nicht. Also wen wundert es. Aber... Irgendwie komme ich damit schon klar...Mir blieb nichts anderes übrig als so zu werden um mich zu schützen..." "Mhmm." Sylvester grübelte. "Die Menschen sind wie sie sind. Sie sind schwach und deshalb spielen sie sich auf und hacken auf anderen herum. Dann merken sie dass dieses bösartige Verhalten zu Macht führt und missbrauchen diese um Schwächere zu unterdrücken." Damit hatte er vollkommen Recht. Die Welt war alles andere als Gerecht. "Schön das es noch Menschen gibt die es verstehen", atmete ich auf. Das war das erste Mal seit Wochen und Monaten das ich mich verstanden fühlte. Woher kommt dieses Vertrauen? Das ging irgendwie nicht so richtig in meinen Kopf rein. "Ich sollte langsam los. In einer halben Stunde muss ich bei der Arbeit sein." Sylvester warf einen Blick auf seine Armbanduhr. "Ooh ich muss mich auch beeilen! Mein Zug kommt in ein paar Minuten." Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Weg zur Arbeit.
Irgendwie war ich heute nicht ganz bei der Sache. Dieses Gespräch nach der Schule beschäftigte mich. "Los! Schneller! Zwiebelrostbraten anrichten!" Tellerand abgeputzt und unter den Pass gestellt rief ich den Service. "Einmal Zwiebelrostbraten Medium mit Spätzle und einer extra Portion Gemüse an Tisch 14!" Der Service nahm das Essen mit. Geschafft! Das wars für den heutigen Tag. Erleichtert fing ich mit meinen Kollegen an die Küche zu putzen. "Was war mit dir heute denn los? Bist du verliebt oder warum warst du heute so abgelenkt?" Der Küchenchef haute wie üblich einfach seine Gedanken raus. Mir stieg vor Scham die Röte in die Wangen. Diese Vermutung war ja mal vollkommen absurd. Nächstes Mal musste ich mich besser auf meine Arbeit konzentrieren. "Also Bitte, was denkst du denn von mir? Natürlich nicht! Ich musste nur an einen Vorfall in der Schule denken!" Genau genommen war es ja nicht gelogen. Es ging ja um die Schule.
An diesem Abend war ich nach der Schicht sehr erleichtert. Endlich Feierabend! Müde machte ich mich auf den Weg nach Hause. Vor meiner Wohnungstür lag ein brauner, gepolsterter Umschlag, an der Tür war ein gelber Haftnotizzettel.Ich habe das Päckchen für sie entgegen genommen da der Postbote bei mir sturm geklingelt hatte.
LG
HaukeMeine Nachbarin war eine sehr nette, ältere Dame. Manchmal lud sie mich zu sich und ihren drei Katzen auf eine Tasse Tee ein.
Was wohl in dem Umschlag war?
Ich betrat meine Wohnung, warf meine Sachen neben dem Eingang auf den Boden und setzte mich im Wohnzimmer auf mein kleines Sofa. Ungeduldig riss ich den Umschlag auf. Ein Brief ragte hervor. Diesen zog ich heraus und fing an zu lesen. Er war von Sabrina und Jannis. Darin stand dass ihr Urlaub ins Wasser fiel, warum auch immer. Jetzt luden sie mich zu sich ein. Sie hatten eine Überraschung geplant. Ausserdem stand dabei das Jannis Sabrina und mir etwas angefertigt hatte, dass sie mir im Umschlag hinterlegt hatten. Neugierig sah ich in den Umschlag. Wie schön! Eine neue Kette! Eine Eule die aussah als wäre sie aus Draht gebogen und auf eine Metallplatte in der selben Form geklebt. Als Augen waren zwei grüne Steine eingesetzt und den Schnabel zierte ein leichter Hauch von silbernem Glitzer. Silber traf auf Grün, einfach wunderschön! Sofort schickte ich Sabrina einen Snap davon und bedankte mich. Sie schickte mir einen Snap zurück. Darauf war eine Kette mit einer Feder dran, auf die selbe Art hergestellt wie die Eule. Die Umrisse der Feder wurden von glasklaren, farblosen Steinchen geschmückt. "Die Steine sind zwar nicht echt, aber trotzdem schön", stand dabei. Dann schickte ich Jannis auch noch einen Snap und bedankte mich nochmal. Er hatte wirklich Talent was das anging.
Danach legte ich mein Handy zur Seite und legte mich schlafen. In dieser Nacht träumte ich etwas seltsames. Im Traum trug ich die Kette und stand am Ufer des Bodensees. Plötzlich begannen die Augen der Eule zu leuchten und sie sprach zu mir! Sie sagte nur "Hör auf dein Herz!" Dann spürte ich einen Lufthauch im Nacken. Erschrocken und schweißgebadet saß ich nun hellwach in meinem Bett. Der Lufthauch in meinem Nacken fühlte sich sehr real an. Augenblicklich knipste ich das kleine Nachttischlämpchen an. Mir fiel auf dass der Sekundenzeiger meines Weckers stehen geblieben war. Wurde wohl Zeit die Batterien zu wechseln. Die Uhr auf dem Handydisplay verriet mir dass es grade mal kurz nach drei war. Diese Nacht konnte ich nicht mehr ruhig schlafen.
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Eulenmond (2) - Schottische Prinzessin
Fantasy(Band 2) Der scheinbare Liebeskummer hatte Stella zurück in ihre Heimat geführt. Dort ging sie wieder zur Schule, zum arbeiten und versuchte ihr Leben nach den schweren Erlebnissen wieder in den Griff zu bekommen. Wäre da nur nicht dieser geheimnis...