Kapitel 8

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Am nächsten Morgen war ich relativ früh wach. Die Aufregung stellte mich unter Strom. Es war schwer die Zeit bis zum Nachmittag tot zu schlagen. Alle fünf Minuten sah ich auf die Uhr. Gefühlte 1000 Mal kontrollierte ich ob ich alles eingepackt hatte.
Um kurz vor 14 Uhr war ich dann endlich auf der Lindauer Insel und wartete bei Gleis 3 auf den Zug aus Österreich.
Endlich kam die wohlbekannte, undeutlich zu verstehene Ansage durch die Lautsprecher:

...von Bludenz nach Lindau. Ankunft: 14:03 Uhr.

Der Zug der ÖBB fuhr ein. Als sich die Türen öffneten ströhmten die Menschen nur so heraus. Inmitten der Menge suchte ich nach Sylvester und entdeckte ihn dann auch letztendlich. Als er auch mich sah, wurde sein Schritttempo schneller und er nahm sein Headset aus den Ohren. Mit offenen Armen begrüßte er mich. Seine Umarmung war so stark dass ich selbst durch seine Lederjacke seinen Herzschlag leicht andeutend fühlen konnte und dann erst der himmlische Duft! Relativ schnell ließ er mich wieder los. "Hey, na alles klar?", fragte er. Ohne es abschalten zu können grinste ich wie ein Honigkuchenpferd. "Ja, alles bestens. Und bei dir?" Er nickte leicht andeutend. "Ebenfalls, alles gut." Wir verließen den Bahnhof. Planlos zogen wir durch die Gassen der Insel. "Was sollen wir machen? Auf was hast du Lust?", lächelte er mir zu. "Mir egal, wir werden schon was finden", meinte ich. Es war verdammt kalt und ich bereute es in dieser Sekunde nur eine Weste an zu haben. "Wie wärs wenn wir zum Einkaufszentrum laufen?", schlug er vor. Das klang gut. So liefen wir wenigstens nicht planlos herum. "Gute Idee. Laufen wir zum Lindaupark", stimmte ich ihm zu, nur um nicht blöd da zu stehen.
Der Ausblick der sich uns darbot, als wir über die Inselbrücke spazierten, war einfach zu herrlich. Schwäne und Blesshühner schwammen über den See. Das Wetter war noch etwas trübe, doch das konnte uns die gute Laune nicht nehmen. "Ich liebe das alles hier so sehr. Ich wünschte, ich könnte öfter hier her kommen. Wenn die Arbeit nur nicht wäre.." Entspannt antmete ich durch. Mein Blick schweifte über das Wasser. "Liebst du die Natur auch so sehr", fragte ich in Trance. "Ja, manchmal. Wenn ich denn mal Zeit dazu finde", antwortete er mir. Wir schlängelten uns durch eine schmale Gasse hindurch um an die Hauptstraße zu kommen. "Tut mir leid dass ich keinen besseren Vorschlag machen konnte, was wir unternehmen können. Ich kenne mich in Lindau einfach zu wenig aus." Es war mir deutlich unangenehm, denn eigentlich sollte ich mich hier besser auskennen als er. Immerhin wohnte ich hier schon eine kleine Weile. "Das ist doch nicht schlimm", versuchte er mich aufzubauen. "Ich komme ab und zu ganz gern nach Lindau also kenne ich mich hier auch ein bisschen aus." Oh! Er kam also von Zeit zu Zeit mal nach Lindau? Diese Nachricht überraschte mich positiv.
Gemeinsam betraten wir das Einkaufszentrum. "Wo möchtest du hin?", fragte er höflich. Ich kannte die Läden aber ich musste mir gut überlegen wo wir gemeinsam hin konnten. Es sollte ja keine Shoppingtour werden, deshalb wollte ich ihm die Entscheidung überlassen.
"Gibt es einen Laden hier drin in den du gerne würdest?", stellte ich die Gegenfrage. "Im obersten Stockwerk gibt es Essen. Wie wärs wenn wir da hin gehen?" Essen also. Mit einem leicht mulmigen Gefühl folgte ich ihm in eine kleine Coktailbar im obersten Stockwerk. Hoffentlich will er mich nicht einladen.. Mein Gedanke wurde durch die ganze Lage insgesamt ausgelöst, vor allem da er so höflich war. Wir sahen uns beide die Coktailkarte an aber ich wusste schon ganz genau dass ich keinen bestellen würde. Die Bedienung, ein Mann mit dunklen Locken, kam mit großen Schritten auf uns zu. "Guten Tag. Was kann ich ihnen bringen?" Sylvester legte die Karte bei Seite und bestellte einen Coconut-Kiss. Meine Augen weiteten sich. Mein Lieblingskoctail! "Und die Dame?" Blitzschnell überlegt ich. Wenn ich ein Wasser bestellen würde, wäre es zu offensichtlich was ich mir dachte, so entschied ich mich für eine Fanta. Der Kellner verschwand mit genauso großen Schritten hinter der Theke wie er auch an den Tisch gekommen war. Sylvester und ich unterhielten uns über unsere Lebenseinstellungen und Gedanken. Er erzählte mir dass er die Welt positiv verändern wolle und er sich schon über verschiedene Berufe Gedanken gemacht hatte, wie etwa Soldat, Lehrer oder Sanitäter. In Gedanken stellte ich mir Sylvester in den jeweiligen Berufen vor. "Aber.." Mir stockte kurz der Atem. "Soldat? Das ist sehr gefährlich. Wenn dir nun etwas passiert?" Mein Blick bohrte sich in seinen. "Ja, schon. Aber man muss Risiken eingehen." Mir fuhr ein Schauder über den Körper. "Das Risiko, dass ein so wertvoller Mensch wie du dabei umkommt ist zu groß.. Es gibt zu wenige die so...besonders sind. Deine Familie würde sich bestimmt auch sorgen." Er schien auf meine Antwort nicht gewappnet gewesen zu sein. Er schnappte nur still nach Luft. "Würde dir etwas geschehen wäre ich eine der ersten die um dich weint", fügte ich dem noch hinzu und bereute in der nächsten Sekunde schon meine Worte. Stella, was redest du da? Du kennst ihn doch kaum! Das Seltsame an dem Ganzen war, dass ich überzeugt war dass ich wirklich um ihn weinen würde. "Wie gesagt, es gibt Alternativen", fixierte er mich. Er starrte kurz aus dem Fenster. "Eines Tages möchte ich ein Team gründen, dass sich für den Frieden einsetzt." Mir fiel beinahe die Kinnlade nach unten. "Das ist eine gute Idee. Für sowas würde ich mich auch gerne einsetzen." Wieder schien ich ihn zu verwundern. Was war denn daran so aussergewöhnlich? Welcher Mensch auf Erden wollte denn keinen Frieden?

Eulenmond (2) - Schottische PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt