Kapitel 16

0 0 0
                                    

Wir waren also in einem Wald. Wann hatten wir den nur erreicht? Dieser Wald schien endlos groß zu sein. Als ich vorher am Flussufer erwacht war, war ich schon überrascht.
"Sylvester, meinst du nicht wir sollten uns hier irgendwo Unterschlupf suchen?" Ausserhalb des Waldes, wo nichts war, wirklich rein garnichts, wollte ich nicht schutzlos im dunkeln ausgeliefert sein. Im Wald hatte man zumindest die Chance sich zu verstecken. "Nein, es wird bald dunkel. Das wäre viel zu gefährlich. Wir müssen tagsüber rasten. In der Dunkelheit könnten wir jederzeit überrascht werden." Als wäre es Zufall entdeckten wir relativ bald auch schon ein winziges Holzhäuschen. Es sah zwar morsch und verlassen aus aber wir traten trotzdem ein. Von innen sah es noch viel kleiner als von außen aus. Es standen nur ein alter, verstaubter Holztisch und ein Schemel dessen eines Bein zersplittert schien drin. Zwar gab es weder Stroh noch sonstiges, worauf wir hätten schlafen können, jedoch war dies sicherer als draußen irgendwo zu schlafen. Müde und entkräftet setzten wir uns nebeneinander auf den Boden und lehnten uns dabei an die Wand.
"Sylvester? Glaubst du wir haben überhaupt eine Chance irgendetwas zu finden? Ich meine wir sind jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit hier und es ist nichts zu finden ausser die Weiten des Nichts, ab und zu mal ein Wald wenn man ihn sich wirklich ganz dringend wünscht und dieses morsche Haus. Allmählich bekomm ich auch Magenschmerzen vor Hunger. Wir werden hier sowas von sterben!" Sylvesters Blick war mitleidig. Als er sah das mir eine Träne übers Gesicht kullerte, legte er seine Hand stützen unter mein Kinn, führte den Blick in Richtung seiner Augenhöhe und wischte mir mit dem Daumen die Träne aus dem Gesicht.
"Wenn du jetzt aufgibst hast du schon verloren. Wir werden kämpfen und wir werden es schaffen zurück zu finden. Du musst dran glauben." Also atmete ich tief durch. Sylvesters Magen knurrte laut. Auch er hatte riesigen Hunger. Er tat so viel für mich, musste nicht mal hier sein sondern tat es um mich nicht hilflos zurück zu lassen.. Zu hören das auch er Hunger hat war mir unangenehm. Mein Vertrauen in ihn war sehr groß. Kein Vergleich zu Milo, bei dem ich mir ständig Gedanken machen musste was er wohl als nächstes anstellen würde. Ohne lange drüber nachzudenken und voll auf Sylvester vertrauend entblößte ich meine linke Schulter und legte den Kopf zur Seite. Sylvester sah mich nur an wie ein Auto bevor ich etwas sagen konnte.
"Schau mich nicht so an, mir ist das in gewisser Weise auch peinlich. Du hast hunger, dann nutz die Chance. Wenigstens du." Er schüttelte den Kopf. "Was tust du? Stella, mach keinen Unsinn. Hast du etwa schon vergessen das es mir vom Gesetz verboten ist Menschen zu beißen und das du den Grund eigentlich schon weißt?" Ja, mir war so einiges bewusst. Aber zählten diese Regeln überhaupt hier? Wir waren nicht in der Zeit in der diese Regeln festlagen. Naja oder zumindest nicht in unserer Welt. Immerhin war es seltsam das es möglich war Sabrina und Jannis zu kontaktieren. "Bist du dir sicher das diese Gesetze auch in dieser Zeit zählen? Du hast Hunger und hier ist weit und breit niemand. Wer soll dich denn bestrafen?" Mit ernster Miene zog er eine Augenbraue hoch. "Du vergisst das Gift. Zwar muss es bewusst injiziert werden und kann nicht einfach austreten aber wenn es aussversehen passiert.... Dann würdest du emotional darunter leiden. Zumindest bei zu wenig Gift. Bei zu geringer Dosis wird der Gebissene vom Vampir abhängig. Die Anwesenheit des Vampirs ist dann für den Menschen wie eine Droge und Menschen tun alles um an ihre Drogen zu gelangen." Darauf atmete ich ungeduldig aus. "Und bei zu viel Gift?", fragte ich ihn, wenn wir schon bei Thema waren. "Verwandlung zum Vampir", meinte er kurz und bündig. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass er einem Menschen Leid zufügen könnte. "Sylvester, du musst doch aber bei Kräften bleiben. Und du hast selbst gesagt, du musst es erzwingen um es zu injizieren. Dir wird das schon nicht aussversehen passieren." In seinem Blick lag scheinbar Schmerz. In meinem nun ebenfalls. Darauf musste ich kurz Durchatmen. "Bitte, ich vertraue dir. Und du glaubst garnicht was ich für eine Angst ich sonst vor Nadeln habe. Trotzdem.." Also neigte ich meinen Kopf wieder zur Seite, griff nach seiner Hand und legte sie an meine Kehle. Mein Puls war schon leicht angestiegen, nur bei dem Gedanken was ich da gerade tat. Ohne ein Wort, aber mit mitleidigem Blick stand er auf und kniete sich vor mich wie bei einem Heiratsantrag. Mit seiner linken Hand stützte er meinen Kopf, der von mir aus gesehen rechts zur Seite lag. Ich spürte wie mir der Puls in die Höhe schoss, meine Atmung sich beschleunigte und meine Wangen erröteten. "Du hast doch Angst", flüsterte er mir zu. "Nein, ich bin nur aufgeregt. Sowas kommt nicht alle Tage vor", versuchte ich zu versichern. Doch etwas ängstlich schloss ich die Augen. Zuerst spürte ich nur den Atem und dann etwas zartes und ein leichtes saugen. Ringsum kratzte es auch ein wenig von seinem Dreitagebart, aber es war angenehm. Das ganze ging gerade mal wenige Sekunden, bevor er sich wieder von mir löste.
Langsam schlug ich wieder die Augen auf. Seine wunderschönen Augen trafen die meinen fest und entschlossen. "Stella, ich kann nicht." Wärend ich ihn verdutzt ansah, bedeckte er meine Schulter wieder. Er hatte mich lediglich geküsst, nicht gebissen. "Du bist selbst kaum bei Kräften, dann kann ich nicht noch dein Blut trinken." Dann grinste er mich an und meinte noch schelmisch: "Ausserdem würde ich wie ein Mensch darum kämpfen dich von mir abhängig zu machen und nicht auf solch eine unfaire Weise." Also wenn mein Gesicht jetzt nicht endgültig bis zum Anschlag rot war... "Wer weiß was du alles schaffen kannst wenn du wie ein einfacher Mensch lebst. Du bist jedenfalls herzensgut."

Eulenmond (2) - Schottische PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt