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DasSchweigen war erdrückend. Kaum auszuhalten! Wie konnte es sein, dassdiese Familie immer schwieg, wenn sie es nicht sollte? Sonst hieltensie doch auch nie den Mund! Was war bloß los mit dieser Familie?Verdammt!

Ichschaute von einem zum anderen, doch es schien als würden sie sichnicht einmal trauen zu atmen... Himmel! Was stimmte denn bloß nichtmit ihnen?

"Nungut, wenn ihr mir nichts zu erzählen habt, erzähle ich euch jetztmal was.", sagte ich und lehnte mich in meinem Sessel zurück.Er war aus hellem Leder, ich hoffte einfach mal, dass es keinnatürliches weißes Leder gab und ich hier nicht gerade auf der Hauteines armen Tieres rastete, und definitiv neu hier im Wohnzimmer.Anders als diese blöden modernen Sessel in denen man kaum seinHinterteil unterbringen konnte, wenn es so breit war wie meines, undvon bequem nicht die Rede sein konnte, war dieser nicht nurwahnsinnig breit und unfassbar groß, ich konnte ohne Probleme einenSchneidersitz darauf machen, nein, er war auch noch das bequemste,was mir seit langem, mal von meinem Bett abgesehen, untergekommenwar. Ich rutschte etwas weiter nach Hinten gen Sessellehne undversuchte für meine Beine eine gute Sitzposition zu finden, doch dasgerade in diesem Moment gemütlichste und uneinengenste, war es dieBeine einfach gerade auszustrecken mit dem Clu, dass die Sitzflächeso lang war, dass sie mir bis fast zur Achilles-Sehne reichte. Ja,das war es was ich wollte... angelehnt an die Lehne, die Füßeentspannt baumelnd, die Arme ungezwungen und schlapp links und rechtsneben mir, den Kopf so weit in den Nacken gelegt, dass ich die Deckebetrachten konnte. Ja, das wollte ich. Wie eine Puppe. EineSammler-Puppe auf einem Sofa sitzen, mein Leben lang und nichts tun.Nichts hören. Nichts sehen. Und vor allem,...nichts fühlen!

Ichschloss erschöpft meine Augen. Zwar spürte ich meinen geschundenenKörper immer noch, aber ich konnte nichts sehen. Nicht ihreGesichter, ihre Ausdrücke, oder die Blicke die sie wechseln würden,während ich erzählte.

Ichbegann zu sprechen. Erzählte ihnen, was mir ein "Vögelchengezwitschert" hatte. Das Taylor wieder einmal auf spektakuläreWeise alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Das ich wusste,dass er behauptete ich wäre jetzt mit ihm zusammen. Und das ich esnicht fassen konnte, dass Keat und Wes sich so von ihm verarschenließen.

"Halleluja!Jungs! Was habt ihr euch dabei gedacht? Wie konntet ihr so dermaßeneuer Gesicht vor ihm verlieren? Ich meine, ihr seid in derÖffentlichkeit auf ihn los gegangen", endete ich, die Augengeschlossen und die Hände über dem Kopf zusammengelegt.

       

"Esist alles wegen dir!", meldete sich jemand plötzlich undunerwartet zu Wort. Nunwar ich es die erstaunt die Augen aufschlug. Klar, wegen mir,irgendwie,...aber hey, ich wüsste nicht, dass ich ihnen einen Grundgegeben hätte, an meiner Loyalität zu zweifeln und so bescheuert esklingen mag, und nein, ich bin nicht käuflich, aber sie bezahltenmich ja auch dafür.

       

"Wegenmir?", fragte ich erstaunt und beobachtete, wie Keaton sichanspannte. Die Hände zu Fäusten geballt funkelte er mich wütendan. Ich musste schwer schlucken und fragte mich plötzlich doch, obich irgendetwas getan haben könnte, ohne es zu wissen? Im Gedankenging ich meine letzten Wochen durch. Ich war zu Hause gewesen, derFlug war ein einziges Desaster gewesen. Mal von dem aufdringlichenMann, neben dem ich hatte sitzen müssen, er hatte mir ständigpersönliche Fragen gestellt und mich nicht in Ruhe gelassen, er wargewiss ein Reporter gewesen, 'Under cover' und so, pah! Irgendwannhatte ich wirklich die Schnauze voll gehabt und hatte mir meineriesigen Kopfhörer aufgesetzt, die Musik laut aufgedreht und michschlafend gestellt. Die Aktion war nur von mäßigem Erfolg gekröntgewesen, weil hinter mir eine Familie mit einem zuckersüßen Kindsaß. Versteht mich nicht falsch. Ich bin gelernteHeilerziehungspflegerin und habe, in eben jener Funktion, auch langeZeit in einem Kindergarten gearbeitet, ich liebe Kinder, aber ineinem Flugzeug, da brauchen wir uns ja nichts vor zu machen, ist estodlangweilig für Kinder. Hinzu kommt, dass sie sich dort nichtwirklich bewegen dürfen und überhaupt sind Menschen in einemFlugzeug, enger Raum und so, viel schneller gestresst als sonst.Alles andere als gute Bedingungen für diese kleinen Geschöpfe, dieunsere Welt noch nicht verstehen, mit all ihren Regeln und falschenWerten.

Alsohatte ich mich hingestellt und herum gedreht. Das Kind, ein Mädchenmit super großen strahlend grünen Augen schaute mich verängstigtan, was ich darauf zurückführte, dass ihre Eltern ihr die ganzeZeit damit drohten, dass sich die anderen Fluggäste gleich umdrehenund mit ihr schimpfen würden. Doch das hatte ich nicht vor gehabt.Im Gegenteil ich hatte sie angelächelt und hatte angefangen mit ihrzu sprechen. Es stellte sich heraus, dass sie Loreen hieß, 5 Jahrealt war und ein riesengroßer Fan von Emblem3 war. Ein kleiner Fanalso von meinem Freund. Da war das Problem natürlich sehr schnellgelöst. Ich hatte mich umgedreht und hatte eines der Bilder vonKeaton, dass ich versuchsweise hatte ausdrucken lassen aus meinemHandgepäck geholt und hatte es ihr gegeben. Sie starrte mich erstverwirrt an, doch dann begannen ihre Augen zu blitzen und sie schauteimmer von dem Bild zu mir und wieder zurück.

"DasBild kenne ich!", sagte sie und begann in ihrem pinkenMädchen-Rucksack herum zu kramen. Zum Vorschein kam ein kleinesBuch, auf dem, oh Wunder, sowohl Keaton als auch Wesley zu sehenwaren. Soso, die Bilder sprachen ihre eigene Sprache. Nicht nurBilder, auch Artikel und alles was mit Emblem3 zu tun hatte war indiesem kleinen Buch gesammelt worden. So säuberlich, wie es eben voneinem fünf jährigen Kind zu erwarten war, waren die Dingeeingeklebt und mit verschiedenen Stickern dekoriert worden. Obwohl eskeine wahnsinnig, kleinlich, ausgearbeitete Facharbeit war, war ihrund dem Heft anzusehen, wie viel Liebe sie in dieses Buchhineingesteckt hatte. Und dann hatte sie anscheinend gefunden, wassie gesucht hatte. Den Artikel mit dem Exklusiv-Interview das wir indie Wege geleitet hatten. Das Bild war das selbe. Dann erblickte siedas Bild von mir und starrte mich an, dann wieder das Bild. Ichzwinkerte ihr zu und hielt mir den Finger vor den Mund und bedeuteteihr damit nichts zu sagen. Sie strahlte und nickte mir zu. Ich drehtemich wieder um und siehe da, hinter mir herrschte absolute Ruhe.

Derseltsame Mann neben mir hatte nichts mehr gesagt, den gesamten Flugnicht. Klar war mir aufgefallen, dass er immer Mal wieder ein kleinesBüchlein aus seinem Handgepäck holte, etwas hinein schrieb und esdann wieder weg packte, als wäre nichts gewesen. Der Rest des Flugeswar mit Ausnahme des schlechten Essens und einem Fluggast mitSchwächeanfall eigentlich ganz ruhig gewesen.

Späteram Flughafen, an dem ich in den Flieger nach Deutschland umsteigenmusste, hatte das Mädchen, mit den strahlend grünen Augen, sichkurz von ihrer Mutter losgerissen und war noch einmal total aufgeregtzu mir gerannt gekommen. Gott, war die süß gewesen. Sie hatte sichauf mich gestürzt und hatte mich stürmisch umarmt und sich nocheinmal bei mir bedankt. Den Eltern war das mega peinlich gewesen,doch ich war einfach nur gerührt von der offensichtlichen Zuneigungdes Kindes und hatte sie dann hochgehoben und ebenfalls gedrückt.Das Ende vom Lied war, dass ich, ich hatte noch 3 Stunden Zeit bismein Flieger ging, mit ihnen ins Gespräch kam und wir uns so gutverstanden, dass wir Adressen austauschten. Schreibfaul wie ich warreichte ich ihnen meine Visitenkarte zum Abschied und der Moment indem sie realisierten, dass sie mit der Fotografin gesprochen hatten,die bei den Stars im Moment ganz hoch im Kurs war, wurden ihre Augengroß und ihre Münder klappten auf. Da ich mich noch ein bisschenumschauen wollte bevor ich wieder in den Flieger mussteverabschiedete ich mich von ihnen und drehte mich dann um, nur umfest zu stellen, dass mein vorheriger Sitznachbar liebevoll lächelndetwa 3 Meter entfernt von mir stand. Irgendwie war das unheimlichgewesen...

Schnapschuss = LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt