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Eswar jetzt schon etwa drei Tage her seit ich bei Emma gewesen war. Eswar kalt draußen geworden und es sah aus, als wenn es bald denersten Schnee geben würde. Der Himmel war grau und nicht besonderseinladend, der Boden jeden Morgen gefroren und die Luft so klar undfrisch, wie ich sie um diese Jahreszeit am liebsten mochte. Die Vögelhörte ich hier im Wald schon lange nicht mehr zwitschern, die warensicherlich schon längst nach Süden gezogen, ab und an sah man nachwie vor ein Eichhörnchen mit vollen Wangen auf einen der starren undblätterlosen Bäume huschen, doch sonst, sonst gab es hier nichtmehr viel zu sehen. Der perfekte Ort um nachzudenken also. Deswegenauch der Grund, warum ich ständig spazieren ging. In dem Haus derStrombergs war einfach zu viel Trubel. Ständig klingelten dieTelefone, dabei waren die Anrufe die mittlerweile entgegen genommenwurden zu etwa 50 Prozent für mich, oder Keaton und Wesley wetztenin einer ihrer ungehaltenen Anwandlungen schreiend von hier nach da,Ronan und Renee schlichen ständig umher und kaum dass es an der Türklingelte schubsten sie alles und jeden zur Seite und bauten sich wiezwei Schränke vor ihr auf. "Es könnte ja ein Paparazzisein...", hatten sie erst gestern gemeint, als ich sie mit einemvernichtenden Blick gestraft hatte, nachdem sie wieder diese alberneShow abgezogen hatten. Als ich Emma daraufhin mit völlig entnervtem,todeslustigem Blick eben jene Tür aufgemacht hatte, sah sie mich nurverwundert an, bis sie Renee und Ronan etwas verlegen undniedergeschlagen in einer Ecke hinter mir stehen sah.

"Entschuldige,ich musste erst mal die Wachhunde wegsperren...", hatte ich ihrfinster auf ihren fragenden, aber durchaus belustigten Blickgeantwortet. Kaum oben, in meinem Zimmer angekommen, hatte sie sichlachend auf mein Bett geschmissen und hatte sich gar nicht mehreinkriegen können, bis sie schließlich völlig unvorhergesehen vomBett gefallen war und auch ich mit in ihr Lachen einstimmte.

AuchLaraine, so heißt Keat und Wesleys Mutter in Wirklichkeit, war nichtbesser als der Rest. Immer wenn ich versuchte in ihrer Nähe Schutzvor den Tücken dieses Hauses zu suchen und ihr meine Hilfe anbot,schickte sie mich wieder in die Höhle des Löwen. Die Worte "Ruhdich ein bisschen aus Schatz", waren nicht gerade dieSeltenheit, obwohl sie mir damit jedes Mal meine Ruhe raubte. WennWilliam, Herr Stromberg Senior, zu Hause war, war es noch schlimmer.Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht mich solange mit absolutunnützem SmallTalk zu foltern, bis ich freiwillig den Raum verließund selbst dann rief er mir immer noch nach, was ich bitte noch denJungs sagen sollte. Er beobachtete jeden meiner Schritte im Haus,besonders wenn es um Keat ging und war sich um keine Ausredeverlegen, mich seinem Sohn näher zu bringen und dann "heimlich",zumindest dachte er das wohl, zu beobachten, ob sein Plan aufging. Eswar die pure Hölle!

Dereinzige Lichtblick in diesem Chaos war der kleine Isaac. Der kleineJunge war wohl der einzig "normale" Mensch in diesem Hausvoller Verrückten, obwohl auch er einen Narren an mir gefressen zuhaben schien. Sobald er durch die Haustür kam suchte er nicht mehrseine Onkel, sondern mich und wehe mir ich war nicht da, dannschmollte er so lange, bis ich wieder kam. Ständig klebte er an mirund wollte kuscheln und spielen und am allerliebsten abends aufmeinem Schoß Fernsehen, denn dann schlief er immer ein. Dennoch, warer das kleinere Übel und ich hatte ihn wirklich lieb. Es machte mirnichts aus, wenn er zu mir gerannt kam und in meine Arme sprang, oderwir zum fünften mal das gleiche Lied sangen, weil er es einfach sotoll fand, oder mir die Beine einschliefen, wenn er abends in meinenArmen einschlief. Es machte mir einfach nichts aus. Heute würde erallerdings nicht zu uns kommen. Er wahr nämlich mit Brianna undBrooke auf einem Geburtstag eingeladen.

>Auchschön, dann kann ich ja vielleicht heute ein bisschenentspannen...Noch ein Kleid mehr und mein Schrank platzt aus allenNähten!", dachte ich deprimiert daran, dass Brooke und Briannaes sich zur Aufgabe gemacht hatten mir ständig neue Kleider zukaufen. Teure Kleider. Edle Kleider. Kleider, die man nicht einfachmal so irgendwo anziehen konnte, nein. Kleider, die man aufbesonderen Anlässen trug. Auch das war ziemlich nervig. Bei ihnenwar ich wohl die Schaufensterpuppe, die man immer neu durchstylte.

"Jj!JJ! Komm bitte schnell! Ich muss mit dir sprechen!", schrie esplötzlich hinter mir.

Erschrockendrehte ich mich um und sah einige hundert Meter hinter mir Em, diewie von der Tarantel gestochen den Waldweg entlangraste. Sofortreagierte ich und lief ihr entgegen, in heller Panik, dass ihr etwasSchreckliches passiert sein könnte.

"UmHimmels Willen! EM! Was ist los?", rief ich ihr völlig außerPuste entgegen, doch wir hatten uns schon erreicht. Sowohl sie alsauch ich atmeten schwer. Mein Herz klopfte mit einer Heftigkeit gegenmeinen Brustkorb, dass ich Angst hatte, es würde ihn gleichzerstören und herausspringen.

"Jj!Es tut mir so Leid! Ich", sie holte tief Luft, bevor sie sichaufrichtete und den Kopf über streckte. Die Hände in die Hüftegestemmt um ihre Atemhilfsmuskulatur zu aktivieren. "Ichwünschte ich hätte euch nie einander vorgestellt! Es tut mir soLeid!"

Schnapschuss = LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt