Schnapschuss = Liebe

4.1

Ich war ernstlich besorgt um Jj. Am Tag ihrer Anreise war sie ohne Umschweife nach der Begrüßung in ihr Zimmer gegangen und hatte den kompletten restlichen Tag geschlafen. Am darauf folgenden Tag war sie zwar aufgestanden, sah aber immer noch wie eine wandelnde Leiche aus und kaum dass wir abends auf dem Sofa Platz genommen hatten schlief sie wieder ein. Sie hatte nicht mal protestiert, als ich meinen Arm um sie gelegt hatte. Und nun, ja nun... sagen wir es mal so, kein Halloween-Kostüm hätte mit ihrer Erscheinung mithalten können. Sie war zwar wie immer gut gekleidet, aber körperlich schien sie nicht besonders fit. Dennoch shootete sie was das Zeug hielt. Scheuchte mich hin und her und ich war abends so platt, dass ich mich ernstlich fragte, wie sie, in ihrem Zustand, den Tag überlebte.

Auch den Anderen war es aufgefallen, keiner von uns traute sich sie darauf anzusprechen. Sogar Ronan, zu dem sie mittlerweile eine recht gute Beziehung aufgebaut hatte wusste sich keinen Rat mehr. Die Lösung des Problems führte Isaac herbei. Der kleine Schlingel.

Obwohl Jj sich wirklich Mühe gab sich nichts anmerken zu lassen merkte der kleine Junge, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Betroffen kam er zu mir, ließ sich von mir auf den Arm heben und fragte mich dann:"Onkel Keat, fühlt sich Jj nicht wohl?"

"Ich weiß es nicht....aber wenn du magst, kannst du sie fragen gehen."

"Darf ich?"

"Sicher, geh.", ermutigte ich ihn noch einmal bevor ich ihn auf den Boden stellte und ihn, mit einem Lächeln Richtung Sofa schob.

Klein, wie er war, kannte er da ja nichts und ging strack auf sie zu. Sie saß im Jogginganzug mit angezogenen Beinen auf dem Sofa. Die Arme über dem Knie gestapelt und den Kopf darauf abgelegt starrte sie Löcher in die Luft, bis sie Isaac, der nun vor ihr stand, wahr nahm.Sofort lächelte sie ihn freundlich an.

"Oh, hey Isaac."

"Hey Jj. Geht es dir nicht gut?", fragte der Kleine ohne groß um den heißen Brei herum zu reden.

Das brachte sie für einen Moment anscheinend völlig aus ihrem Konzept, sie schluckte schwer bevor sie antwortete:" Ich habe nur Bauchschmerzen."

"Also bist du krank?", brachte er es auf den Punkt.

"Ja. Aber es ist schon in Ordnung. Mir wird es bald bestimmt besser gehen."

"Bist du dir sicher?", fragte er mit angstvollen Augen.

"Ja, mein Kleiner. Und jetzt denk nicht weiter daran."

Dem Jungen schien ein Gedanke gekommen zu sein und er fragte plötzlich:"Bauchschmerzen? So wie die von Mama?"

"Hat deine Mami auch manchmal Bauchschmerzen?", fragte sie ihn aufhorchend.

"Ja, sogar sehr oft, aber sie sagt immer, dass alle Mädchen die Krankheit bekommen. Meine Freundinnen im Kindergarten haben die Krankheit aber nicht", sagte er völlig ernst. So ernst, dass es Jj und auch mir ein Lachen entlockte. Liebevoll strubbelte sie ihm durch das Haar und sagte:"Da hat deine Mami recht, und ja, es ist die selbe Krankheit, also mach dir keine Sorgen, ok?"

Erleichtert nickte er, dann schien ihm jedoch eine Idee gekommen zu sein, denn er kam zu mir und bedeutete mir mich zu ihm herunter zu beugen.

"Onkel Keat. Wir müssen ihr eine Wärme-Flasche machen. Jj hat die Mädchenkrankheit!!!"

"Mädchenkrankheit? Was ist das?"

"Was bist du denn für ein Mann, Onkel Keat. JEDER Mann kennt doch die M-Ä-D-C-H-E-N-K-R-A-N-K-H-E-I-T!"

So ein kleiner Frechdachs! Aber ich wusste was er meinte. Sie hatte ihre Tage. Mensch, so eine Lappalie. Mein Blick wanderte wieder zu ihr und ich bemerkte, dass sie schon wieder in sich zusammen gefallen war.