Teil 14: Bis ans Ende der Gasse

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"Und wieso nicht? Bin ich dein Taxi? Oder dazu verpflichtet dich zu bringen?" maulte Justin. Ich verstand überhaupt nicht, was mit ihm los war. Langsam hatte ich das Gefühl, er war schizophren.

"Meine Fresse, dann fahr ich halt alleine zurück, wenn ich den Weg überhaupt finde."

"Musst nur geradeaus, dann bist du aus dem Gebiet hier raus. Fahr aber schnell, kann manchmal gefährlich werden." Justin legte seine Beine auf die Couch, was mich dazu zwang aufzustehen. Er nahm sein Handy aus seiner Hosentasche und tippte darauf herum. Der war mir 'n Scherzkeks.

Schön, dass er mich davor warnte, dass es hier in der Gegend gefährlich war. Selbst die bekanntesten Reporter Stratfords trauten sich nicht mehr hier hin, weil hier meist tagtäglich Schüsse fielen.

"Justin ich hab Angst." sagte ich, in der Hoffnung, dass ich ihn doch noch zum Aufstehen bewegen konnte. Fehlanzeige. Er bewegte sich kein Stück. Eingeschnappt drehte ich mich um, verließ die Garage und machte mich auf den Weg zur geteerten Straße, welche nicht weit von den Garagen entfernt war.

Okay, wenn ich schnell fahre, passiert mir sicherlich weniger, als wenn ich da durch schleiche. Hoffte ich zumindest. Ich legte mein Board auf der Straße ab und stellte mein rechtes Bein in Anfahrposition darauf. Ein letztes Mal drehte ich mich um, in der Hoffnung, dass Jus vielleicht doch noch kommen würde, aber dieses verfickte Arschloch hielt es ja nicht für nötig.

Meine Mutter könnte ich natürlich auch anrufen, aber die würde mich dann nur ausfragen, wieso ich überhaupt hier war. Also musste ich wohl oder übel dadurch. Ein bis zwei Straßenlaternen waren angeschaltet. Die restlichen flimmerten, wie ein alter schwarz-weiß Fernseher oder sie waren zerschlagen und deswegen einfach nur aus.

"Aria, du schaffst das." flüsterte ich mir selbst zu. Und dann fuhr ich los. So eine Angst, wie in diesem Moment hatte ich noch nie. Nicht einmal bei einer verdammten Mathe-Klausur. Ich hatte das Gefühl, die Rollen meines Board waren so laut, wie der Ghettoblaster in meinem Zimmer.

Alles war still, das einzige, was zu hören war, war der kalte Wind der um meine Ohren sauste, die Räder meines Boards und mein Atem. Ich atmete laut, aus Angst, dass irgendwas passierte. Innerlich verfluchte ich Justin.

Dieser kleine Wixxer brachte mich hierher, es war alles okay und wenn ich dann sage, dass ich langsam mal nach Hause musste, lässt er mich alleine durch diese dunkle Industriestraße fahren. Am liebsten hätte ich ihm eine verpasst. Aber ich habs gelassen. Nur weil er so ausgerastet war. Und weil ich nicht wollte, dass er mich bis aufs Blut hasste.

Ich blickte die ganze Zeit geradeaus. Bloß nicht nach rechts und links schauen, wo ich im Blickwinkel immer wieder zerschlagene Scheiben und Schatten wahrneben konnte. Einfach nur geradeaus, in der Hoffnung, dass dieser Spuck ganz schnell ein Ende hatte.

One Stratford Summer ~ j.bWo Geschichten leben. Entdecke jetzt