Teil 76: Vergangenheit

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"Kommste auf'n Bierchen mit, Bro?" fragte mich eine Stimme, als ich in meinen Wagen steigen wollte. Ich drehte mich um. Vor mir stand Aaron. Ich lehnte mich an meinen Wagen, welches immernoch auf dem Schulparkplatz stand. Ausnahmsweise hatte ich heute mal nicht blau gemacht, was erklärte, dass wir jetzt schon 10 nach 1 hatten und mein Magen grummelte wie Sau.

"Klar, steig ein." bat ich ihm an und schon setzte er sich in meinen Wagen. Bevor wir aber zu ihm fuhren, machten wir bei Subway Halt und holten uns zwei Turkey&Ham Baguettes. Als wir bei Aaron zu Hause angekommen waren, hatten wir es schon wieder aufgegessen und schlenderten über die Wiese ins Haus.

Gemeinsam setzten wir uns ins Wohnzimmer und tranken gemütlich unser Bier. "Wie war's in der Schule?" fragte Aaron mit einem Grinsen. Er zog mich immernoch damit auf, dass ich einen vernünftigen Schulabschluss haben wollte. "Ganz ok." murmelte ich und nahm den letzten Schluck aus meiner Bierflasche.

Ungewohnt interessiert lehnte Aaron sich nach vorne, sodass er sich mit seinen Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln abstützte und sah mich an. "Wie gehts dieser Bella?" fragte er nach. "Aria heißt sie." korrigierte ich ihn. "Ganz gut würd' ich mal behaupten. Die Kleine hat's echt drauf." ich schmunzelte bei dem Gedanken an das was im Schulklo passiert war, auch wenn es nur ein Kuss gewesen ist.

"Wieso?" verwundert zog Aaron eine Augenbraue nach oben. Ich zuckte jedoch nur mit meinen Schultern. "Ein Gentleman genießt und schweigt." mehr sagte ich nicht. Er konnte denken was er will, aber wahrscheinlich hielt er mich für den einzig wahren Stecher. Was ich natürlich auch war, nur nicht heute.

"Hat sie ihre Klappe gehalten?" fragte Aaron plötzlich nach. Ich nickte. "Bis jetzt schon und ich glaube das wird auch so bleiben." versicherte ich ihm. "Gut, sonst muss ich sie leider leider aus dem Weg schaffen. Und du weißt, was ich damit meine." erklärte er kühl und stellte seine Bierflasche auf dem Tisch vor ihm ab. Das Blut gefror in meinen Adern. Niemals würde ich zulassen, dass er sie tötet.

"Das wirst du nicht tun." verteidigte ich sie. Aaron hob seine Augenbrauen. "Ohoo, ist Drew etwa verliebt?" "Wie kommst du auf so 'nen Scheiß?!" zischte ich. "Normalerweise grinst du anders, wenn du was mit irgendeiner Schlampe hattest." er zwinkerte mir zu.

"Nenn' sie nicht so, sie hat mir geholfen." "Siehst du, und genau das hast du auch noch nie bei 'nem Mädchen gemacht." konterte er und hatte Recht.

Normalerweise war ich derjenige, der jedes verdammte Mädchen den Spitznamen 'Schlampe' oder 'Bitch' gab. Bei Aria hatte ich es zwar auch schon einige Male getan, aber irgendwie tat mir das Leid.

"Willst du noch'n Bier?" fragte Aaron schließlich nach, doch ihn lehnte ab. "Muss Aria noch etwas vorbei bringen." Hunters grinste frech. "Jaja, vorbei bringen, ist klar." Augenverdrehend zog ich den kleinen, rosanen Terminkalender aus meiner Jackentasche und zeigte ihn Aaron. "Süß, ist das deiner?" er lachte laut. "Halt deine Schnauze, Hunters." murmelte ich und steckte das Teil wieder zurück.

"Mädels sind echt behindert. Die hat ernsthaft aufgeschrieben, dass sie um punkt 12:05 Uhr zum DM geht." ich tippte mit meinem Zeigefinger an meine Schläfe. "Was zum Geier ist DM?" fragte Aaron nach, stand auf und stellte unsere Bierflaschen auf die Spüle in der Küche. "So'n Drogeriemarkt." "Und das weißt du woher?" witzelte er. "Aaron, an deiner Stelle würde ich jetzt gut aufpassen, was du sagst." zischte ich und spannte meinen Kiefer an. "Oh stimmt, sorry man." Er klopfte bemitleidend auf meine Schulter. "Ich bin weg."

Ich fuhr durch meine Haare und zog leicht an den Spitzen, bevor ich mich in meinen Wagen setzte und meinen Kopf an die Kopflehne meines Sitzes lehnte. Woher ich wusste, was DM war? Jazmyn, verdammte Scheiße von Jazzy!! Wut und Trauer bauten sich gleichzeitig in meinem Körper auf.

Jazzy ist meine kleine Schwester. Oder eher gesagt sie war es? Ich hatte immernoch keine Ahnung, wie man das sagt, denn streng genommen wird sie immer meine Schwester bleiben und dafür bin ich dankbar. Auch, wenn sie nicht mehr unter uns ist. Ich merkte, wie sich Tränen in meinen Augen bildeten.

Sie war, zusammen mit Jaxon, mein ein und alles. Und vor genau 3 Jahren hatte ich sie beide aufeinmal verloren. Jazzy war 17, als Django -dieser Wixxer- sie umgebracht hat. Ich hatte immer wieder dieses Bild vor Augen, wie sie gefesselt auf einem Stuhl saß. Neben ihr Django. Und ich war keine 20 Meter von dem Drama entfernt gewesen. Ich konnte aber nichts tun. Er hat sie vor meinen Augen erschossen. Das letzte, was sie gesagt hatte war meinen Namen. Sie hat meinen Namen geschrien. Geweint und gezittert und dann hat er sie eiskalt ermordet. Ich hatte als ihr großer Bruder mehr als versagt. Jaxon war zu dem Zeitpunkt 15 Jahre alt und hat sich von da an kein einziges Mal mehr gemeldet. Ich konnte ihn verstehen, aber es tat ziemlich weh.

Eigentlich war das auch mehr der Zeitpunkt, ab dem meine Mutter so ein Wrack wurde und nicht der Tag, an dem mein Vater uns verlassen hatte. Einige Tränen liefen über meine Wange. Schnell wischte ich sie mir weg, denn ich hatte Ewigkeiten nicht mehr geheult und ein Indiander kennt keinen Schmerz, also startete ich den Motor meines Wagens, zündete mir eine Zigarette an und schnellte über die Straßen Stratfords.

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Kommentar:

Whoooho zwei Teile an einem Tag ! :D Ich hoffe euch gefällts :) Wenn ja dann lasst doch insgesamt ein paar Votes für mich da, das spornt noch mehr zum Schreiben an ♡  Liebe Grüsse , Lea :)

One Stratford Summer ~ j.bWo Geschichten leben. Entdecke jetzt