Teil 86: Schuldgefühle mit Herzschmerz

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Die erwartete Standpauke von meiner Mutter gab es nicht. Justin hatte mir echt den Arsch gerettet. Gerade als ich hoch in mein Zimmer verschwinden wollte, hielt mich meine Mutter jedoch davon ab. Na toll.

"Justin also?" sie grinste und ich verdrehte nur meine Augen. "Ja, Justin." Sie glaubte wirklich, dass wir zusammen sind. Super gemacht Justin. Aber wie hatte er nochmal gesagt? 'Dann denkt sie das jetzt'. Scheint so als hätte er damit kein allzu großes Problem. Ich wusste jetzt schon, dass mich meine Mam nicht eher hochgehen lassen würde, bis sie mich ausgequetscht hatte, also setzte ich mich auf einen Barhocker in der Küche, während sie begann, den Herd sauber zu machen.

"Und seit wann seid ihr ein Paar?" Ich zuckte ahnungslos mit den Schultern. "Du weißt es nicht??" Klar wusste ich es nicht. Wir waren ja nicht einmal zusammen.

"Seit letzter Woche oder sowas." Ich grinste, denn der Gedanke wirklich mit ihm zusammen zu sein war unglaublich schön - bis mir Django vor die Augen trat. Würde es ihn nicht geben, hätte ich Justin nicht anlügen müssen und ich könnte ein ganz normales Leben führen, aber nein ich muss für ihn 'arbeiten'. Wenn man sowas überhaupt arbeiten nennen konnte.

Nach einer langen Diskussion darüber, dass ich mir so ein Datum gefälligst merken sollte, konnte ich endlich mein Zimmer betreten. Ich schmiss mich auf mein Bett und nahm mein Handy in die Hand. Sollte ich Justin einfach mal anschreiben? Ja, ich musste es einfach tun.

Ich nahm den Zettel, den er ein oder zwei Nächte vorher in mein Zimmer gelegt hatte und speicherte seine Nummer unter 'Justin♡' ein. Sofort tippte ich eine SMS an ihn.

- Hey Justin, ich bins Aria. Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast. Bin dir was schuldig -

Kurz bevor auf 'senden' drücken wollte, stoppte mein Herz. Justin hatte sein Handy nicht mehr, was meine Schuld war. Django hatte es und wenn er meine Nummer sieht, oder meinen Namen in der SMS lesen würde, wäre ich mehr als nur am Arsch. Ich wär' unter der Erde. Sofort löschte ich die SMS und legte mein Handy auf mein Nachtschränkchen.

Mehr als an die Decke starren tat ich nicht. Nicht mal als mich meine Mutter zum Essen gerufen hatte, kam ich runter. Also hatte meine Mutter geflunkert, als sie gesagt hatte, dass ich endlich rein kommen sollte, weil es essen gibt. Das war mir gar nicht aufgefallen, war aber auch nicht weiter wichtig.

Ich lag stumm in meinem Bett. An die Decke starrend und nachdenkend. Ich hatte Schuldgefühle wie noch nie. Justin war so süß gewesen und ich klaue ihm sein Handy. Ich hatte gar nicht verdient, dass er so nett zu mir war.

Bedrückt stand ich von Bett auf, holte mir eine kurze Sporthose und ein Top heraus und zog beides an. Nachdem ich komplett bettfertig machte, legte ich mich wieder hin und starrte an die Decke. "Ich muss ihm sein Handy wieder geben." flüsterte ich zu mir selbst, bevor ich in einen unruhigen schlaf fiel, indem ich nur von Django und ekligen Männern im Club träumte.

Am nächsten Morgen war ich einfach nur verdammt müde, ging duschen und versuchte danach meine Visage unter Make-Up zu verstecken. Heute war es ziemlich warm, weswegen ich mir einfach ein weißes, luftiges T-Shirt mit der Aufschrift '2 fab for u' in rosa, überzog und es zu einer kurzen Jeans-HotPants kombinierte. Dazu ebenfalls rosa Vans.

Bevor ich meine Schultasche zur Hand nahm, band ich mir meine lockige Mähne zu einem lockeren Zopf zusammen und ließ vorne ein paar Strähnchen heraushängen. Ich checkte mich im Spiegel ab und war soweit zufrieden, also ging ich mit meiner Tasche runter in die Küche, gab meiner Mutter einen Guten-Morgen-Kuss und schnappte mir einen Apfel.

"Du bist spät dran." Ich blickte auf die Uhr. 7:35 Uhr. Scheiße, meinen Bus hatte ich verpasst und zu Fuß würde ich niemals pünktlich ankommen. Schnell packte ich meine Schulbrote ein, die meine Mam mir zum Glück schon gemacht hatte und sprintete aus dem Haus.

Ein BMW hielt genau vor meinen Füßen. "Soll ich dich mitnehmen?" fragte Justin und lächelte. Sollte ich einsteigen? Oder es riskieren zu spät zu kommen? Ich schaltete meine Gedanke aus, öffnete die Tür des Wagens und stieg ein. "Hey." hauchte ich leise und hoffte einfach nur, dass Django auch diese Fahrt nicht mitbekam.

Auf halber Strecke sah Justin mich lange an. "Ich würde lieber auf die Straße gucken, Justin." ich musste ein wenig lachen.

"Was hat das zwischen uns eigentlich zu bedeuten?" Mein Lachen verstummte. "Was meinst du?" fragte ich unwissend. "Naja.." Justin kratzte sich verunsichert am Hinterkopf. "Das bei meinem Kumpel zu Hause oder der Kuss letztens in der Schule.."

Mir stockte der Atem. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, aus Angst etwas falsches zu sagen. Am liebsten würde ich ihm jetzt um den Hals fallen, ihn küssen und dann für immer mit ihm für immer zusammen sein. Ganz Klischeé-mäßig.

Ich fasste all meinen Mut zusammen und sagte genau das, was alles was wir bis jetzt miteinander hatten, in den Schatten stellte. "Eigentlich nichts oder?" ich zwang mit notgedrungen ein Lächeln auf, aber innerlich verfluchte ich mich gerade selber und merkte wie mein Herz entzwei brach.

Ich hatte alles kaputt gemacht.

Justin's Augen verdunkelten sich schlagartig. Trotzdem lächelte er. Es sah ziemlich gezwungen aus. Nicht so, wie sein Lächeln, dass ich so liebte.

Dieses Lächeln war anders und sah.. traurig aus.

One Stratford Summer ~ j.bWo Geschichten leben. Entdecke jetzt