Teil 23: Zu Gut

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-Justins Sicht-

 

 

Ich betrat mein Haus. Von Anfang an hatte ich mich hier wohl gefühlt. Bis zu meinem 13. Lebensjahr hatte ich in dieser Straße, in diesem Haus gewohnt.

Bis mein Dad und verlassen hatte. Wir sind ans andere Ende von Stratford gezogen, dahin wo sich die meisten Kinder dieser Gegend nicht hintrauten. Genau so, wie diese Aria. Sie kannte wahrscheinlich nur die schöne Seite Stratfords.

Alles war gut, man hatte keine Geldprobleme, Überlebensängste oder Angst, mal für 2 Tage nichts zu Essen zu haben. Genauso war es bei mir. Ich musste mich durchbeißen. Ich, als 13 jähriger Knirps musste dafür sorgen, dass ich überlebte.

Meine Mutter konnte man für nichts gebrauchen. Alkoholikerin. Als mein Vater uns verlassen hatte, waren es mal ein oder zwei Abende, die sie mit ihren Freundinnen bei uns verbrachte. Sie schlürften meistens Wein oder Sekt.

Aber es wurde immer krasser. Irgendwann verschanzte sie sich dann endgültig und trank nur noch Hochprozentiges wie Jim Beam, Vodka oder so. Ich konnte mich selbst beschäftigen. Bin raus gegangen und hab mich mit verschiedenen Leuten angefreundet. Und jetzt?

Jetzt bin ich wieder hier. Mein Vater ist vor einem halben Jahr gestorben und hat uns dieses Haus vererbt. Ich schlenderte die Treppe hoch in meine Etage und musterte mich im Badezimmerspiegel.

"Dieser behinderte Wixxer." murmelte ich und tupfte meine Wunde mit dem Stofffetzen meines T-Shirts ab. Ich sah Aria vor mir, wie sie versucht hatte, meine Haare zu richten. Ich kam mir in dem Moment lächerlich vor. Mehr als lächerlich. Ich war 18 Jahre alt und definitiv selbst in der Lage, meine Haare zu machen.

Sie konnte froh sein, dass ich ihr überhaupt geholfen habe, bei der Sache mit Django. Das hätte mehr als schief gehen können. Das Board war ich ihr trotzdem schuldig. Das ist quasi sowas wie 'Wettschulden sind Ehrenschulden', bloß ohne Wette.

Ich band mir notgedrungen einen Verband um meinen Kopf und ging dann in mein Zimmer. Es war relativ sperrlich eingerichtet. Mehr als ein Bett und einen Fernseher, der gegenüber von dem Bett stand, brauchte ich sowieso nicht.

Ich setzte mich lustlos auf mein Bett und zog meine Supras aus, die ich dann im hohen Bogen in irgendeine Ecke warf, um sie aus dem Weg zu schaffen. Ich legte mich hin und sah auf die rot-leuchtenden Zahlen meines Digital-Weckers. 23:29 Uhr zeigte er an.

Na wollen wir mal hoffen, dass die Kleine mich morgen nicht ausfragen wird. Ich hatte nämlich keinen Bock auf lästige Anhängsel, die mir mein ganzes Leben ruinierten.

Ich griff nach der Fernbedienung meines Fernsehers und schaltete ihn an. "Aaron Hunters, der gefürchtete Mörder aus Stratford ist zurückgekehrt." hörte ich die Nachrichtensprecherin im ernsten Ton sagen.

Ich musste Grinsen. Diesen jungen Mann kannte ich nur zu gut.

 

One Stratford Summer ~ j.bWo Geschichten leben. Entdecke jetzt