Teil 77: Wenn was ist

738 28 0
                                    

In meiner Straße angekommen stellte ich meinen Wagen vor meiner Garage ab und betrat mein Haus. Ich hatte mich dazu entschlossen, erst abends zu Aria zu gehen, da mich dann niemand sehen würde, wenn ich durchs Fenster kletter. Die Haustür zu benutzen war mir definitiv zu Mainstream.

Ich stapfte in mein Zimmer und zog meine Supras aus. Langsam schlenderte ich in mein Bad und streifte mir dort alle Klamotten vom Leib, bevor ich in meine Dusche stieg und das dampfende Wasser auf meine Haut prasseln ließ.

Für einen kurzen Moment konnte ich meine Sorgen vergessen. Alles vergessen und mich einfach nur entspannen. Jeder einzelne Muskel meines Körpers genoss das warme Wasser. Ich entfernte das Shampoo aus meinen Haaren und blieb noch einen Moment stehen, bis ich mich doch dazu entschied, mich abzutrocknen.

Mit einem Handtuch um meine Hüften ging ich in mein Zimmer und zog mir neue Klamotten an. Ein weiß-graues Shirt mit einer '35' drauf, jedoch hatte die Zahl nicht mal eine Bedeutung. Dazu trug ich eine knielange scharze Hose in Lederoptik, die einer Basketball-Shorts ziemlich ähnelte. Eine Jeansjacke mit schwarzen Stoffärmeln und und beige Vans vollendeten mein Outfit.

Zufrieden sah ich in den Spiegel in meinem Bad, richtete meine Haare, steckte den Terminkalender in meine Hosentasche und sah auf die Uhr. Wo war die Zeit geblieben? Wir hatten mittlerweile 18 Uhr.

"Justin?" rief mich eine Stimme von unten. Es war meine Mam. "Komme." Ich ging runter zu ihr und sah sie auf dem Couchsessel sitzen. Wieder mit einer Jim Beam Flasche in der Hand. "Mama, du musst das lassen." zischte ich und riss ihr den Alkohol aus der Hand. "Komm her, Liebes." befahl sie. Ich setzte mich auf die Lehne des Sessels. Sie strich mir mit ihrer zierlichen Hand über den Rücken.

Es war erschreckend, was Alkohol mit Menschen machen konnte. Sie war normalerweise so wunderschön. Ihr Lächeln steckte jeden an, der es sah. Doch jetzt glich sie einer halbtoten 90 jährigen alten Frau. "Verbringst du den Abend mit mir?" fragte sie. Ich nickte. "Ich muss um 8 Uhr weg, aber bis dahin kann ich bei dir unten bleiben." bot ich ihr an. Ich wusste, dass man sowas nicht mal im weitesten Sinne von mir erwartet hätte.

Aber wie gesagt: Meine Familie, oder zumindest das, was davon übrig geblieben ist, war mir wichtig. So verbrachte ich die zwei Stunden mit meine Mutter. Zusammen sahen wir fern, bis ich auf meine Uhr blickte. 20:34 zeigte sie mir schon an. "Ich bin weg." murmelte ich leicht lächelnd und verließ das Haus. Es war schon am dämmern. Mit den Händen in meinen Hosentaschen schlenderte ich rüber zu Aria's Haus. In ihrem Zimmer war Licht an.

"Aria." rief ich, versuchte dabei aber leise zu sein, was gar nicht mal so einfach war. Es brachte mir aber nichts, denn entweder wollte sie mich nicht hören, oder sie hatte tatsächlich nicht mitbekommen, dass ich sie gerufen hatte. Also kletterte ich vorsichtig auf das Dach, um kurz darauf an ihr Fenster zu klopfen, denn diesmal hatte sie sinnvoller Weise den Riegel zugeschoben.

Keine drei Sekunden später stand sie vor dem Fenster und sah mich eingeschüchtert an. Ich formte ein 'Mach auf' mit meinen Lippen, doch Aria schüttelte ihren Kopf. Vorsicchtig kramte ich ihren Terminkalender heraus und wedelte damit vor ihren Augen herum. Aria riss ihre Augen auf und öffnete das Fenster, um mich rein zu lassen.

"Woher hast du das?" fragte sie mich verwirrt und riss mir das hübsche pinke Ding aus meinen Händen. "Ja, kein Problem, ich hab es dir gerne vorbei gebracht, Mrs. Peters." witzelte ich sarkastisch. "Jaja, danke." murmelte Aria. Ich hatte ehrlich gesagt ein fröhlicheres Mädchen erwartet. "Was ist los?" fragte ich leicht besorgt und setzte mich auf ihr Bett. "Nix." behauptete sie tonlos und bückte sich zu ihrer Schultasche hinunter, um das Büchlein zu verstauen, wobei ihr Top leicht hoch rutschte und eine blau-rot gefärbte Stelle enthüllte.

"Ach du Scheiße, was hast du gemacht?!" wollte ich wissen, als sie sich wieder umdrehte und geschockt ihr Top nach unten zog. "Es ist nichts, Justin." zischte sie. "So redest du nicht mit mir." sagte ich bestimmend und warf ihr dabei einen mörderischen Blick zu, der mir im Nachhinein schonwieder Leid tat. "Du bist nicht mein Vater." "Aber ein Freund." engegnete ich tonlos. "Ein Freund der mich bedroht und mich in Schwierigkeiten bringt, hört sich gut an, muss ich schon sagen."

Jedes einzelnde Wort spuckte sie hasserfüllt. "Sag es mir doch einfach, ich werde dir helfen." versuchte ich zu erklären. "Gehst du jetzt bitte?" Ihre Augen erfüllten sich mit Tränen. Ich stand auf und machte einen Schritt auf sie zu. "Shh, ich will dir doch nur hel-" "Zisch. ab." Was war nur mit ihr los? Ich entfernte mich wieder von ihr, nahm einen Stift in die Hand und schrieb meine Handynummer auf ein Stück Papier.

"Ich bin für dich da, wenn was ist." Mehr sagte ich nicht und kletterte wieder aus dem Fenster.

One Stratford Summer ~ j.bWo Geschichten leben. Entdecke jetzt