Ohne Titel Teil33

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Wie viel Zeit war nun wieder vergangen?

Wie lange war ich dieses Mal weg gewesen?

Das waren die ersten Fragen, die sich in mein Bewusstsein schoben, als ich erneut zu mir kam. Sofort spürte ich, dass etwas anders war. Doch es dauerte noch einen Moment, bis ich die Veränderungen auch bewusst wahr nahm.

Ich versuchte angestrengt meine Sinne zu schärfen. Zuerst wurde ich mir der erdrückenden Ruhe um mich herum bewusst. Kein Ticken einer Uhr, kein röchelnder Atem von Michael war zu hören. Alles, was mich umgab war Stille. So still, dass ich die tapferen Schläge meines Herzens hören konnte. Wohltuend ließ ich die Ruhe auf mich wirken. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr mich das Ticken doch genervt hatte.

Da! Das Nächste dass anders war! Die Luft war warm und trocken. Vor allen Dingen aber war sie sauber. In ihr lag nicht mehr der bittere Beigeschmack des modrigen Kellers und des abgestandenen Alkohols. Ganz langsam, fast schon zögerlich fanden nun auch mein Geist und mein Körper zueinander. Wurden wieder ein Ganzes.

Dann fielen mir die anderen Veränderungen auf. Ich war nicht mehr aufrecht an eines der Rohre Gefesselt. Es lastete keinerlei Gewicht auf meinen Füßen. Aber das ich auf etwas weichem lag, auch von etwas weichem umgeben war, eingehüllt in Wärme, wie es sie nur in einem Bett gab, ließ mich erschrocken die Augen auf schlagen.

Das erste, dass ich sah, war eine, mit dunklem Holz verkleidete, Zimmerdecke, in deren Mitte eine altmodische Leuchte angebracht war. Diese war jedoch aus geschaltet. Von irgendwo anders wurde der Raum in sein sanftes Licht getaucht.

Die Creme'-farbenen Wände zierten hier und da einige gerahmte Fotos. Von meiner Position aus konnte ich die Menschen darauf aber nicht klar erkennen. Nur das sie fröhlich zu sein schienen, war mir auch auf Entfernung klar.

Ich neigte meinen Kopf etwas, um auch den Rest des Raumes zu betrachten. Gegenüber von mir war ein Fenster, welches mit schweren grünen Vorhängen verhangen war. Daneben in einer Ecke stand ein alter, hölzerner Schaukelstuhl, welcher gemütlich wirkte.

Links neben mir befand sich ein kleiner massiver Kleiderschrank. Unmittelbar daneben ging eine eben so massive Tür ab. Was wohl dahinter lag?

Wollte ich es überhaupt wissen?

Rechts von mir standen eine kleine Kommode, ein alter Stuhl, sowie ein Nachttisch. Alles ebenfalls aus massivem Holz. Der Fußboden war mit schwerem dunkel grünen Teppich ausgelegt. Auf dem Nachttisch stand ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit. Vermutlich Wasser, aber bis ich das genau wusste, wollte ich es nicht anrühren.

Der gesamte Raum wirkte so freundlich und einladend. So total im Kontrast zu dem stickigen kleinen Keller, in dem ich das letzte Mal zu mir gekommen bin.

Durch die Türe drang das knarren einer Treppe zu mir durch, gefolgt von schweren näher kommenden Schritten.

Oh Gott! Panik stieg in mir auf. In meinen Handflächen bildete sich kalter Schweiß und ich begann unkontrolliert zu zittern. Mein Atem wurde immer gehetzter und mein Herz hämmerte schmerzhaft in meiner Brust. Mit jedem näher kommenden Schritt, wurde mein Drang mich zu übergeben heftiger.

Jetzt war dann wohl der Moment gekommen, an dem Michael auch die letzte Grenze überschreiten würde. Warum sollte er mich sonst in ein Bett verfrachtet haben?

Panisch sah ich mich noch einmal im Raum um. Der einzige Fluchtweg, der mir blieb war das verhangene Fenster. Noch bevor ich den Gedanken zu ende denken konnte, wusste ich, dass ich fest saß. Selbst wenn ich es in meinem Zustand, bis zum Fenster schaffen würde, so wusste ich noch immer nicht, was ich hinter dem Vorhang finden würde. Konnte man das Fenster überhaupt öffnen? Wenn ja, was dann? Springen konnte ich vergessen, ich wusste ja nicht einmal, ob ich in der Lage war einen Schritt zu laufe, ohne zusammen zu brechen. Selbst wenn ich nur raus klettern würde, hätte er mich viel zu schnell wieder eingeholt. Und dann? Dann würde es noch schlimmer werden, da war ich mir sicher!

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