Ignoranz

3.1K 89 9
                                    

Mittlerweile habe ich mich an die Eintönigkeit meines Dorfes gewöhnt. Jeden Tag die selbe Routine, man könnte meinen, die Menschen hier verwelken innerlich. Mir ist es schleierhaft wie sie dennoch einen Weg finden morgens aufzustehen und ihr geisttötendes Leben von neuem zu beginnen. Unser Dorf liegt nicht so zentral wie Kenettra oder Sunort und entspricht gerade einmal einem Fünftel von beiden. Nichtsdestotrotz sind wir alle froh nicht an ein Waldgebiet zu Grenzen.
Die wenigen Bauern, die Asteel noch bewohnen- meist alt eingesessene Generationen von Gründerfamilien- bieten auf der Straße ihre Ware zum Verkauf an. Die Hitze der mittäglichen Sonne hat die meisten Bewohner in ihre Häuser zurückgedrängt. So begegne ich keinem allzu bekannten Gesicht- wenn man die Tatsache ignoriert, dass unser Dorf so klein ist, dass sich jeder mindestens mit Nachnamen kennt.
Ich hebe die Hand gegen die blendenden Strahlen und blinzle mehrmals während ich mir meinen Weg durch die nur teilweise gepflasterten Straßen Asteel's bahne. Die Annahme, es seie wegen der Hitze weniger zeitaufwendig zu Fuß von einer Seite des Dorfes zur anderen zu gelangen hatte sich als Fehleinschätzung bewiesen. Aber daran lässt sich jetzt nichts mehr ändern.
Meine Finger schließen sich wie von selbst um die Taschenuhr und ich gewähre mir einen kurzen Blick auf ihr Sandfarbenes Zifferblatt.
Drei vor sechs.
Mist. Meine Stimmung sinkt ohne mein Zutun. Ich werde zu spät kommen.

Als ich schließlich zwei Minuten zu spät vor dem Herrenhaus meiner Eltern zum stehen komme, versuche ich meine ungleichmäßige Atmung unter Kontrolle zu bringen. Nach ein paar Anläufen gelingt es mir und ich schließe die Tür auf. Im Eingangsbereich ziehe ich meine Schuhe aus und bekomme die Gelegenheit, mich im Spiegel an der Wand zu betrachten. Mit einer Hand schiebe ich meine schwarzen, schulterlang geschnittenen Haare aus dem Gesicht. Ich richte mich etwas gerader auf und gestatte mir nicht länger zu warten.
Mit schnellen Schritten durchquere ich den Gang, straffe die Schultern und öffne die Tür des Speisesaals.
Das Esszimmer- sowie das restliche Haus- ist mit allerlei unnötig aufwändigen Stuckverzierungen übersät. Eine beträchtliche Ansammlung, bestehend aus Nippes und filigranen Porzellanfiguren, nimmt den Großteil der freien Flächen auf den vielen Schränken und Tischchen mit spitzenbesetzten Seidentüchern ein.
Stille senkt sich über den Raum, wie eine Decke aus unausgesprochenen Vorwürfen. Als ich aufsehe sitzen meine Mutter in mein Vater am gedeckten Tisch. "Entschuldigung, ich habe für den Rückweg länger gebraucht".
Schweigen.
Das schwache Ding in meiner Brust verkrampft sich.
Das hier ist meine Bestrafung. Während andere Eltern ihren Kindern Vorträge halten ist ihre Strafe für Fehlverhalten meinerseits..Ignoranz. Meine Mutter wendet sich an ihren Ehemann und fährt mit ihrem Gespräch fort. Ich ignoriere sie so gut es geht und beginne den kaltgewordenen Fisch auf meinem Teller leer zu essen. Nach dem Essen will ich gerade den Tisch verlassen als ich merke das beide Augenpaare auf mich gerichtet sind. Die Beziehung zu meinen Eltern war nie so intim wie man sich sie eigentlich vorstellt. Wir sind..distanziert, gesittet wie es meine Mutter zu sagen pflegt. Sie redet von Respekt und Kultviertheit, dem daraus resultierenden Gehorsam. Für mich ist es Ignoranz. Sie ignorieren mich gänzlich. Naja zumindest was Gefühle angeht.

Hi there
ich heiße Hanna und habe mich nach reiflicher Überlegung dazu entschieden diese Geschichte zu schreiben. Wie gefällt euch der Anfang? Vermutlich überarbeite ich ihn irgendwann noch einmal.
LG. Hanna

𝐭𝐡𝐞 𝐟𝐢𝐫𝐞 𝐲𝐨𝐮 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐭𝐞𝐝 - 𝐞𝐫𝐰ä𝐡𝐥𝐭 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt