Titelblatt

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Unschlüssig stehe ich neben Jasper und sehe zu wie der Fotograf schließlich ansatzweise zufrieden nickt und nochmals die Kameraeinstellung überprüft. Dann nickt er und sieht zu uns. Wir richten uns etwas gerader auf, gleich darauf nehmen einundzwanzig Kandidatinnen ihre Pose ein und lächeln damit in die Kamera als hätten sie ihr ganzes Leben nie etwas anderes getan als hirnlos in Kameras zu lächeln um gut in Zeitungsartikeln auszusehen.
"Drei..."
Ich richte meinen Blick auf die Linse und versuche mich an einem Lächeln. Während ich mich darauf konzentriere alles um mich herum auszublenden, kann ich das plötzliche Kribbeln in meinem Nacken nicht ignorieren. Zeitgleich versteife ich mich.
"Zwei.."
Ich kann nicht anders als den Kopf zu drehen. Es ist fast so als mache sich mein Körper selbstständig. Meine Augen suchen die Menge ab bis sie Aleksander finden. Er beobachtet mich mit solch glühender Intensität, dass mir schwindlig wird.
Aleksander steht, umringt von Mädchen, etwa vier Meter von mir entfernt am anderen Ende der Gruppe.
Der Moment zersplittert in tausende von Augenblicken während wir wie erstarrt sind. Dumpf höre ich wie der Fotograf: "Eins", sagt. Unfähig mein Gesicht auch nur in die Richtung der Kamera zu wenden bleibe ich wie ich bin. Auch Aleksander macht weder Anstalten den Blickkontakt abzubrechen, noch sich der Kamera zuzuwenden. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergeht während wir so dastehen, ineinander verloren. Doch nach einer Minute, einer Stunde oder einer Sekunde setzt mein Hirn wieder ein und ich reiße den Kopf in Richtung der Kamera.
So heftig das etwas in meinem Nacken zu pochen beginnt, aber ich ignoriere den Schmerz.
Ich fühle mich wie betäubt während ich auf den Boden starre und schließlich wieder den Blick hebe. Meine Augen irren ziellos durch den Raum.
Überall hin nur nicht zu Aleksander.
Als ich das Königspaar mit den Augen streife, bleiben sie an der Königin hängen. Sie..betrachtet mich, die Stirn gerunzelt und ein verborgenes Lächeln auf den Lippen.
Verwirrt wende ich schließlich den Blick ab. Der Fotograf hat seine Kamera bereits abgebaut und ist verschwunden. Ebenso wie Gabriel und Helen.
"Avery, wie geht es Ihnen?" Eine Stimme reist mich aus meinen Beobachtungen und ich zucke zusammen. Ich drehe mich um und sehe Jasper an. Er trägt einen kobaltblauen Pullover und schwarze Hosen. Sein Haar sitzt perfekt und die Augen strahlen mich an. Lässig schiebt er eine Hand in die Hosentasche und mustert mich eingehend. "Das Kleid steht Ihnen hervorragend", er lächelt sein charmantes Lächeln und ich bedanke mich.

"Ich wollte Sie schon länger fragen ob Sie etwas dagegen hätten etwas mit mir zu unternehmen?"

Was? Hatten die anderen Kandidatinnen auch schon eine Verabredung gehabt?
Ich zögere. Kaue auf meiner Unterlippe. "Natürlich, gerne."
Vielleicht sollte ich diese Chance nutzen um ihm auf den Zahn zu fühlen. Um etwas Licht ins Dunkle zu bringen.
"Ich hole Sie morgen Vormittag an Ihrem Zimmer ab." Ich überlege. "Ich weiß nicht was für den morgigen Tag gepla-", Jasper unterbricht mich indem er sagt: "Keine sorge darum habe ich mich bereits gekümmert."

Ich bemühe mich ihn nicht fassungslos anzustarren und frage stattdessen in möglichst neutralem Ton: "Sie wussten nicht ob ich zusagen würde, wie konnten Sie da-", doch ich werde abermals unterbrochen.

"Nun, dann hatte ich wohl einfach Glück."
Er zwinkert mir zu. Ich beiße die Zähne aufeinander. Ganz ruhig Avery, er könnte der nächste König sein.

Als ich schweige meint er lediglich: "Nun, wir sehen uns schätze ich."
Dann dreht er sich um und geht. Nun nicht mehr in der Lage meine Empörung zu verstecken, balle ich eine Hand zur Faust und atme tief durch.

Für wen hält er sich eigentlich?

Als Ellory und ich am nächsten Tag den Speisesaal betreten sitzen bereits fast alle Kandidatinnen an dem langen Tisch. Da Jasper unserem Treffen keine genaue Urzeit beigefügt hat muss ich wohl oder übel in meinem Zimmer auf ihn warten.
Während wir uns auf unsere Plätze setzen fällt mir das beinahe erwartungsvolle schweigen der anderen Mädchen auf. Ich runzle die Stirn und drehe mich zu Juniper, die neben mir sitzt und in ihrem Fruchtsalat herumstochert. "Wieso sind alle so angespannt?"

Juniper verzieht leicht den Mund und lässt den Blick kurz über die anderen schweifen. "Sie warten auf Lenora, sie ist gegangen um die heutige Ausgabe des Wellbrons zu holen." Der Wellbron ist eine enorm populäre Tageszeitung. Jeder der sie sich leisten kann liest sie. Die anderen erfahren dann meist aus zweiter Hand die Tagesthemen. Meine Eltern haben natürlich ein zehn- Jahres- Abonnement bei der Zeitschrift. Wir bekommen sie jeden Tag von dem Postboten.

Gerade als ich mir ein Brot mit Frischkäse bestrichen habe, kehrt Lenora zurück. Sie rennt förmlich auf uns zu und knallt die Zeitschrift anschließend in die Mitte des Tisches. Eine Weile ist ihr schwerer Atem das einzige Geräusch im jetzt so stillen Zimmer. Es scheint als wäre Leonra einen Marathon gelaufen. Sie streicht die Zeitung glatt und dann werfen wir alle einen Blick auf das Titelblatt.

Ein Bild nimmt fast den ganzen Platz der Titelseite ein. Es ist eines der Gruppenbilder die der Fotograf gestern geschossen hat. Meine Augen fliegen über die Personen bis sie meine Wenigkeit erfassen und ich scharf die Luft einsauge. Während die anderen in die Kamera Lächeln ist mein Kopf zur Hälfte abgewandt, es ist nicht der Fotograf den ich mit sengender Hitze in den Augen anstarre. Nein. Stattdessen ist es - wie sollte es auch anders sein- eines von den Bildern in denen ich Aleksander ansehe. Und mit ansehen meine ich angaffen.

Oh mein Gott. Bitte nicht.

Meine Augen gleiten wie selbstverständlich zu dem schwarzhaarigen, unausstehlichen- ja Avery, du kannst ihn nicht ausstehen- und doch überraschend anziehenden jungen Mann. Aleksander sieht aus wie ein griechischer Gott, naja- zu mindest der Teil von ihm, der zu sehen zu ist. Er verdreht sich förmlich den Hals während er meinen Blick mit einer Intensität erwidert, die man auf einem Bild normalerweise nicht erkennen können sollte. Ich bin mir sicher das es auch keinem der anderen Mädchen entgangen ist, halte meine Augen aber auf den Artikel gerichtet. Auch wenn mir bewusst ist das es ebenso gut mit einem roten Stift umkreist sein könnte.

Hastig beginne ich den Text unter dem Foto zu überfliegen.

Yeah, 50 Kapitel.
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𝐭𝐡𝐞 𝐟𝐢𝐫𝐞 𝐲𝐨𝐮 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐭𝐞𝐝 - 𝐞𝐫𝐰ä𝐡𝐥𝐭 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt