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Als Helen, nachdem sie Ellory befragt hat zu mir tritt, lächle ich sie so entspannt wie möglich an..und vermeide dabei ganz bewusst einen Blick zu den Prinzen.

Helen stellt mir die exakt gleichen Fragen die sie auch den anderen vier Mädchen gestellt hat. Nach einer Minute ist auch mein Interview vorbei und wir dürfen zurück zu den anderen Mädchen, welche uns so unauffällig wie möglich- schließlich sind die Kameras nun auch auf sie gerichtet- böse Blicke zuwerfen. Ich sehe kurz zu Falleen, aber diese blickt starr zu Gabriel.

Schließlich wendet sich Gabriel an die Königsfamilie und fragt: "Nun wollen wir aber auch wissen wie es Ihnen während der ersten Woche des Wettbewerbs ergangen ist." Er streicht kurz über sein Jackett und lächelt die fünf an. Keiner von ihnen lächelt zurück doch der König neigt leicht den Kopf. Schließlich formen sich die Lippen der Königin doch zu einem Lächeln.

So sehr der König in Verbindung mit dem Elend im Volk steht, so sehr wird seine Frau hingegen von vielen heimlich respektiert und geschätzt. Es ist allgemein bekannt, wenn auch nicht von Seiten des Königshauses bestätigt, dass die Königin sich gegen viele Ansichten ihres Mannes stellt. Natürlich sind das nur alles Gerüchte und sie selbst wird wohl niemals einen Kommentar dazu abgeben, aber ich bin der Meinung das sie an der Seite eines anderen Mannes großes für das Volk und für unsere Zukunft erreichen hätte können.
Ob es nun Liebe oder die Diplomatie war die sie zusammengeführt hat ist offensichtlich von geringer Bedeutung.

"Gesellen Sie sich doch zu uns."
Offenbar sind damit nur die Prinzen gemeint denn wie auf ein Zeichen erscheinen drei Diener in meinem Sichtfeld. Jeder von ihnen ist mit einem massiv wirkendem Stuhl bewaffnet. Als die drei Prinzen auf den Stühlen platzgenommen haben fährt Gabriel fort: "Wie geht es Ihnen heute? Sind sie aufgeregt oder sich Ihrer Sache sicher?", Jasper antwortet als erster: "Uns geht es prächtig danke der Nachfrage. Oh ich kann Ihnen versichern das wir uns beraten haben und schließlich entschieden haben wer diesen Wettbewerb leider frühzeitig verlassen muss."
"Also wird uns heute lediglich eine Kandidatin verlassen?", fragt Gabriel übertrieben überrascht. Aleksander lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und sagt: "Nein, bedauerlicherweise werden uns heute bereits vier der Erwählten verlassen."
Ein leises Raunen geht durch unsere Reihen. Ob sie sich bewusst sind, dass sie dadurch dem Druck, den das Volk zweifellos auf das Königshaus ausübt nachgeben? Oder handeln sie gerade deswegen so? Henry nickt zustimmend, seine Haltung ist angespannt. Ich kann nicht sagen ob er ernst oder verkrampft aussieht.

Ich finde es grotesk das sie aus dieser Entscheidung ein öffentliches Spektakel machen, manche Dinge klärt man besser hinter der Kamera als davor.

Gabriel, ein Abbild charmanter Gelassenheit wirft einen kurzen Blick in unsere Richtung bevor er kurz die Schulter anhebt. "Ich denke wir sollten die Damen nicht länger auf die Folter spannen." Mit diesen Worten schlägt der Moderator abermals die langen Beine übereinander. "Ich werde jetzt nacheinander die Kandidatinnen, welche weiterhin im Palast bleiben dürfen aufrufen", erklärt uns Gabriel.

Eine Endgültigkeit liegt in der Luft.

Der König sieht stumm zu.
Helen rekelt sich auf ihrem gepolsterten Stuhl und streicht eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Die Königin betrachtet die drei Prinzen.
"Bitte kommen Sie wenn Ihr Name aufgerufen wurde zu uns und stellen Sie sich neben die Prinzen. Anschließend wird noch ein Foto für den Zeitungsartikel geschossen."

Ich schlucke. Ich sollte nicht aufgeregt sein, das Blut sollte nicht in meinen Ohren rauschen, mein Atem sich nicht beschleunigen und mein Herz nicht verrückt spielen. Doch wie es scheint habe ich keinerlei Kontrolle über meinen Körper.
Ellorys Hand streift für einen kurzen Augenblick die meine und das löst mich aus meiner Starre. Ich sehe nicht zu ihr aber ich umschließe ihre Hand. Nur für eine Sekunde, sage ich mir.

Abwechselnd beginnen Helen und Gabriel die Namen der Mädchen vorzulesen, jedes mal ertönt ein leises erleichtertes Seufzen oder ein kleiner aber spitzer Aufschrei. Man sind wir armselig.

Dann ruft Helen Ellory auf, ich zwinkere der Blondine zu als diese sich abwendet und sich natürlich rein zufällig direkt neben Henry stellt. Sie streckt beide Daumen in meine Richtung in die Höhe. Ich sehe zu wie sich Falleen und Abelyn, gefolgt von Scarlett und einer erleichtert wirkenden Juniper zu Ellory gesellen. Im Kopf zähle ich jedes mal, wenn eine der Kandidatinnen unsere Reihe verlässt. So stehen jetzt nur noch acht Mädchen hier, während siebzehn der Frauen bereits ein breites Grinsen im Gesicht tragen, um damit entweder verzückt in die Kamera oder zu einem der Prinzen zu strahlen.

Ich werfe einen Blick zu Aleksander. Dicht neben ihm stehen Abelyn, Lenora, June, Emory und West. Alle fünf starren ihn derart hingerissen an, dass mir schon nach längeren hinsehen schlecht wird. Ich wende mich in dem Moment ab als Aleksander den Blick hebt und in meine Richtung sieht.
Ich spüre seine Augen auf mir doch ich drehe den Kopf nicht um nochmals hinzusehen.
Stattdessen starre ich auf einen Punkt an der Wand und versuche zum hundertsten Mal endlich meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen.

Weitere Sekunden vergehen in denen weiter Namen gesagt werden doch ich bin nur körperlich anwesend. Es erschreckt mich das ich so sehr hierbleiben will.

Ein weiteres Mädchen wird aufgerufen doch ich kann nur daran denken das ich zurück nach Hause fahren werde. Zurück in die Stille. Zu meinen Eltern.

"Avery Fernsby."

Meine Augen zucken zu den Moderatoren.
Mit einem Schlag herrscht Leere in meinem Kopf. Die Gedanken verflüchtigen sich wie Rauch der sich ganz plötzlich lichtet. Zurück bleibt ein merkwürdiges Gefühl von Erleichterung.
Meine Finger zittern und einen Moment wage ich es nicht mich zu bewegen.

Es ist keine überbordende Freude die mich erfüllt. Ich spüre nur abgrundtiefe Erleichterung.

Dann endlich schaffe ich es ein kleines, hoffentlich gelassenes Lächeln auf mein Gesicht zu legen und gehe auf die drei Prinzen zu. Nicht ohne einen kurzen Blick in Richtung der Kameras zu werfen. Bei den anderen Kandidatinnen angekommen merke ich das ich keine Ahnung habe zu welchem der drei Prinzen ich mich stellen soll. Ja, natürlich, alle stehen scheinbar zufällig nebeneinander, aber ich weiß das hier ganz eindeutig Vorlieben gezeigt werden. Ellory steht neben Henry, Abelyn neben Aleksander und Monroe kann kaum die Augen von Jasper lassen.
Ich zögere.
Verdammt, so schwer ist das jetzt wirklich nicht!
Ich sehe wie eine der nicht aufgerufenen Kandidatinnen zusammenbricht. Sie gleitet zu Boden und lautes Schluchzen erfüllt die Stille.
Nach einem tiefen Atemzug trete ich so gelassen wie möglich zu Abelyn und stelle mich hinter sie.
Ich spüre Aleksanders Augen auf mir, er steht schräg neben mir. Ich kann nicht widerstehen meinen Kopf in seine Richtung zu drehen. Dann sehe ich zu ihm hinauf.
Er hat die Lippen leicht geöffnet und seine Augen lassen mich nicht mehr los.
Ich will ihn fragen was er eigentlich von mir will. Wieso betrachtet er mich? Wieso stehe ich bei ihm? Und wieso verdammt ist es so schwierig wegzusehen?

Hey,
sorry das so lange nichts kam

𝐭𝐡𝐞 𝐟𝐢𝐫𝐞 𝐲𝐨𝐮 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐭𝐞𝐝 - 𝐞𝐫𝐰ä𝐡𝐥𝐭 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt