32.//Wie schön du bist.

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Er zögerte.
Wusste nicht recht was er sagen soll.
Letztendlich fand er den Anfang.
"Darf ich von vorne anfangen?"
Ich schaute verdutzt.
"Von vorne?"
"Ja, von vorne."Er stieß seinen Atem hörbar aus.
"Heute,als wir zusammen mit dem Bus zum Sportplatz gefahren sind-"
Er brach im Satz ab und senkte den Kopf.
Mir ist nicht entgangen,dass seine Stimme zitterte.
Irgendwas in mir zog sich zusammen.
Entschlossen weiter zu reden schaute er wieder zu mir.
"Jedenfalls... Im Bus.Ich hab's gesehen.Und ich kann einfach nicht verstehen,warum das keinem Auffällt.Wenn du nicht wollen würdest,dass man sie sieht, dann würdest du garnicht erst ein T-Shirt anziehen.
Ich meine deutlicher kann man einen Hilfeschrei doch nicht machen.
Und deine Art.So wie du sprichst.So wie du dich verhältst...
Es ist so eindeutig,dass irgendwas mit dir nicht stimmt,und wieso...
Wieso merkt das keiner...."
Ich hörte ein schluchzten.
Ich hielt meinen Kopf wehrend er sprach gesenkt,doch nach seinem letzten Satz schaute ich in seine Augen,die wässrig schimmerten.
Es tat mir leid.
Alles tat mir so leid.
"N-nein.."stotterte ich panisch.
"Hör auf zu weinen."
Aber er hörte nicht auf mich.
Seine erste Träne lief ihm die Wange hinunter und tropfte auf den Boden meines Zimmer.
Ich konnte das nicht sehen.
Schnell wand ich meinen Kopf.
Eine erkaltete Hand berührte meine Wange.
Zaghaft wurde mein Gesicht wieder in seine Richtung gedreht.
Durch seine Hand spürte ich,dass er zitterte.
"Du fragst allen Ernstes was mit mir ist?
Die bessere Frage ist, was ist mit dir?"
Meine Stimme hörte sich weich an.
Es hörte sich in den eigenen Ohren komisch an.
"N-nein.. es..."fing er an.
"Es ist kompliziert?"unterbrach ich ihn.
Ich hatte in's Schwarze getroffen,denn er nickte stumm.Er hatte schon einmal gesagt,dass es kompliziert sei.
"Rede weiter."gab ich nur von mir und strich seine kalte Hand von meiner Wange.
Kurz hielt ich sie fest in meiner,aber ich wusste nicht ob das wirklich richtig war sie fest zu halten.Deswegen ließ ich sie nach wenigen Sekunden los.
Er schien es aber nicht wirklich war genommen haben.
Taehyung fuhr fort.
"Naja... also... i-ich.."mehr bekam er nicht raus.
Ich wusste,dass es jetzt mal an der Zeit war etwas zu sagen.Eine Frage brannte mir wortwörtlich unter den Nägeln.
"Wieso kümmert dich das so?"
Es legte sich eine kurze Stille über uns,bevor er auf meine Frage reagierte.
"Mich lässt sowas nie kalt.Warum ausgerechnet bei dir weiß ich nicht...
D-du musst wissen...Mein..ah.~"
Ein starker schluchtzer entwich ihm und sein ganzer Körper zitterte kurz auf.
Er konnte nicht's mehr sagen,obwohl er derjenige war,der reden wollte.
Ich wusste,dass er sich erst beruhigen musste.
Seine Kopf senkte er, und seine Haare fielen ihm in's Gesicht.
Ich nahm meinen Mut zusammen, ging einen Schritt auf ihn zu und nahm ihn zaghaft in den Arm.
Er war zwar größer als ich aber,dass ich mich auf die Zehenspitzen stellen musste,damit ich an seine Schultern heran kam störte mich nicht.Nicht's störte mich grade.
Ich bemerkte, wie er sich in meine Umarmung fallen ließ und sein Gesicht leicht in meine Halsbeuge drückte.
Als er zitterte strich ich ihm sanft über den Rücken.Irgendwas gab es was ihm wohl sehr zur Last fällt.
Ich merkte es.
Die Art,wie schnell er angefangen hat zu weinen.
Die Art wie leicht er sich umarmen ließ.
Mir wurde bewusst,dass Taehyung jemanden gesucht hat, der ihm zuhört.
Keiner hat bemerkt,dass er jemanden zum reden gebraucht hätte.
Und das tat mir so leid.
Irgendwie kam mir das bekannt vor.
Hatte er nicht fast genau das gleiche vorhin zu mir gesagt?
Verrückt.
Ich wusste nicht wie lange wir beide da so standen.
Arm in Arm.
Ich streichelte ihm immer noch vorsichtig über den Rücken obwohl er garnicht mehr zitterte.
Auch weinen tat er nicht mehr.
Erleichterung machte sich in mir breit, und ich atmete einmal tief aus.
Schließlich löste ich mich von ihm.
Er tat es mir gleich, schaute mich jedoch nicht an.Er drehte seinen Kopf komplett zur Seite, so das ich nur sein Seitenprofil sehen konnte,aber das wurde von seinen Haaren verdeckt, die ihm Strähnenweise ins Gesicht fielen.Es kam mir so vor,als würde er sich vor mir verstecken.
Die ganze Zeit standen wir mitten im Raum herum.Ich beschloss das zu ändern, und um die Situation auf zu lockern.
Langsam ging ich auf mein Bett zu und setzte mich auf dieses.
Taehyung hatte sich zu mir umgedreht.
Mit einer Handbewegung klopfte ich neben mich auf's Bett.
Und er verstand mich.
Stumm setzte er sich neben mich.Ich war froh,dass er meiner Geste gefolgt ist.
Ich versuchte das Gespräch wieder aufzubauen.
"Ich hab gemerkt, dass irgendwas auf dir lastet.Und mir ist ebenfalls klar geworden,dass das irgendwas mit mir zu tun hat.
Wahrscheinlich.
Aber ich weiß nicht was, und solange du es nicht sagst werd ich da vielleicht von alleine auch nicht drauf kommen."
Meinen Kopf ließ ich in seine Richtung schwenken.
Er schaute zwar auf den Boden,dennoch wusste ich aber,dass er mir zuhörte.
"Auf jedenfall...es.. Es tut mir leid,okay?"
Ich schnaufte.
Ich konnte mich noch nie gut entschuldigen.
Er schaute mich nun an.
Verwirrt.
"Was tut dir leid?"
Ich schlung meine Arme um meinen Oberkörper.
"Alles.Vorallem,dass was beim Lauf passiert ist...."ich merkte wie meine Stimme zittrig wurde.
Ich wusste nicht wie ich das sagen sollte,aber ich hoffte einfach mal,das er wusste worüber ich sprach.
"Das muss dir nicht leid tun...
Mir sollte es leid tun.
Ich hab dich bedrängt.
Ich bin wütend geworden.
Ich wollte so unbedingt mit dir reden."
"Du wolltest mit mir reden..?"fragte ich.
"Ja."antwortete er.
"Ich wollte mit dir über die Sache im Bus reden.Das,was ich grad schonmal angesprochen hab..."
Durchdringend spürte ich seinen Blick.
"Darf ich?"fragte er behutsam und streckte vorsichtig seine Arme zu meinen Ärmel aus.
Ich nickte stumm und hielt ihm meine Arme hin freiwillig hin.
Kurz zögerte er,doch dann zog er vorsichtig beide Ärmel hoch, und drehte meine Handflächen zu ihm.
Scharf zog er die Luft an und ich merkte wie mich das Elend überrollte.
Ich wusste genau, was er sich grad anschaute,obwohl ich ihn nicht ansah.
Ich wollte meine Hände wegziehen, aber er hielt sie zaghaft fest.
Sein Finger glitt an mein Kinn und Stütze es hoch,damit ich ihn ansah.
Mitleidend schaute er mir in die Augen.
Ich wollte bloß kein Mitleid, aber bei ihm fühlte es sich weniger schlimm an.
Eine Hand löste er von meiner Hand uns strich vorsichtig über ein Teil von meinem Arm der von alten Narben überzogen war.
Es fühlte sich unglaublich gut an, als ich seine Fingerkuppe an meinen Einkehrbungen spürte.
Mein Körper entspannte sich, und das Elend verschwand.
Schließlich zog er meine Ärmel wieder herunter und nahm meine Hände in seine.
Nun waren sie wieder warm und ein wohliger Schauer erfüllte meinen Körper.
Leicht drückte er meine kleinen Hände und sagte mit einem erst gemeintem Lächeln:

"Du bist so schön,aber merkst es nicht."

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{ Your Scars are beautiful. }Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt