Kapitel 27

1.9K 77 0
                                    

"Es ist dein Bruder."
Mir stockte der Atem. Mein Bruder. Bruder. Bruder.
Ich habe einen Bruder?!

Mein Herz klopfte wie verrückt. Du hast einen Bruder.
Ich habe einen Bruder.
Wo ist er? Seit wann?

Ich guckte geschockt zu meiner Mutter, die sich ihre Tränen unterdrückte. Was ist denn passiert? Ich wollte was fragen, aber kriegte keinen Ton heraus. Mein Schockzustand war zu groß.

"W-wo i-ist e-er" stotterte ich.
Meine Mutter atmete tief aus. Das macht sie immer, wenn sie traurig ist.

"Als ihr kleiner wart habt ihr oft draußen gespielt" setzte sie an.
Warum kann ich mich an ihn nicht erinnern?
"Wie alt war ich da?" Fragte ich dieses mal ohne zu stottern.

"Du warst zwei und er 5. Ihr wart Abends draußen, mit mir, auf dem Spielplatz. Es war dunkel und mein Handy klingelte" erzählte sie. Eine Träne rollte ihre blasse Wange herunter.

"Ich bin dann kurz weggegangen, um in Ruhe zu telefonieren, bis ich einen Schrei hörte. Dein Schrei. Und Kyle, dein Bruder, schrie auch." Mittlerweile bildete sich auf dem Boden eine kleine Pfütze.

"Ich rannte schnell zurück um zu gucken, was passiert ist. Du lagst im Sandkasten und weintest, während ich zusehen musste, wie ihn ein Mann vor meinen Augen mitnahm und weg lief. Natürlich lief ich hinterher, aber ich habe es nicht geschafft. Er wurde vor meinen Augen entführt. Und ich konnte nichts unternehmen. Gar nichts! Alles wegen diesen beschissenen Handys!" Sie brach in Tränen aus.

Er wurde entführt. Mein Bruder wurde entführt. Oh Gott. Nein. Nein. Nein! Warum? Ahh!

"W-warum habt ihr es m-mir nicht e-erzählt?" Fragte ich geschockt und wischte mir die Tränen weg.

"Wir wollten nicht, dass du auch am Boden zerstört bist. Du warst klein. Zerbrechlich. Wir haben beschlossen, dass wir es dir nicht erzählen, bis du älter wirst."

Warum?! Warum wurde er entführt?! Nein! Beruhige dich. Alles wird gut. Nein, eben nicht! Nichts wird gut! Vorallem nicht nach dieser Geschichte. Mein eigener Bruder wurde einfach entführt. Warum gibt es solche Menschen?! Warum?!

Und ab da sah ich dann alles schwarz und spürte den kalten, nassen Boden unter mir.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
"Sam! Komm mit!" Rief Kyle, nahm mich auf den Arm und ging mit mir raus. Meine Mutter hinterher.

Draußen war schönes Wetter. Sehr Schönes. Es war Abend. Der Himmel nahm einen blau-lila Ton an und dazu war es angenehm warm.

Kyle nahm mich in die Sandkiste und fing an eine Burg zu bauen, während ich das gleiche versuchte, was mir jedoch misslang.

"Nein, Sam. Das geht so" sagte er und zeigte mir, wie das geht. In seinen Dunkeln Augen widerspiegelte sich die Burg, die er da baute.

"Du hast es geschafft" sagte er lachend. Naja. Er hat die Burg gebaut. Ich saß nur daneben.

Danach nahm er mich huckepack und sprang mit mir durch die Gegend, was mich zum lachen brachte.

Unsere Mutter saß auf der Bank und beobachtete uns grinsend.

Kyle setzte mich auf der Schaukel ab, und began mich zu schaukeln.
Ich schrie einmal kurz auf, als er zu doll schaukelte. Sofort bremste er etwas ab und schon war ich wieder zufrieden.

Liebe und ich? NIEMALS! Oder doch?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt