2-Bahnhöfe und Regen

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Mit einem erschrockenen Luftschnappen wachte ich auf und schnellte nach vorn. Hektisch drehte ich den Kopf. Felder huschten hinter der Fensterscheibe vorbei und der nächste Griff ging zu meinem Handy. 12:00 Uhr.
Okay, alles gut. Mein Zug sollte erst 14:00 Uhr ankommen, also konnte ich unmöglich schon in Aachen sein. Vorsichtig ließ ich mich zurückfallen und sah aus dem Fenster. Hoffentlich war ich bei dem Dreh wieder etwas munterer. Vielleicht holte ich mir auf dem Weg zum Bamhaus noch einen Kaffee.
Ju hatte mich vor einer Woche angeschrieben und wir hatten ausgemacht, dass ich nun für eine Woche nach Aachen kommen würde, um bei einem Video zu helfen.
Inzwischen hatte sich der Himmel verdunkelt und die ersten Regentropfen klatschten gegen die Scheibe. Na klasse, hoffentlich hatte Passi nicht vergessen, dass er mich vom Bahnhof abholen wollte. Die restlichen zwei Stunden verbrachte ich dann weitestgehend mit Musik hören und leichtem Dösen. "Nächster Halt: Aachener Hauptbahnhof. Ausstieg links.", verkündete die Computerstimme über die Lautsprecher und schläfrig räkelte ich mich, bevor ich meinen Rucksack und meine Tasche schnappte und zur Tür eilte. Mit einem heftigen Ruck kam der Zug zum stehen und ich war froh, dass ich mich gerade so auf den Füßen halten konnte. Ich glaube nicht, dass es so angenehm ist sich im Zug vor der Tür hinzulegen. Irgendwie schaffte ich es dann doch mich endlich zwischen den Menschen hindurch zu quetschen und stand schließlich auf dem Bahnsteig. In Aachen. Einer fremden Stadt. Und kein Passi weit und breit. 10 Minuten verstrichen, in denen ich einfach nur wartete, während alle möglichen Leute an mir vorbeieilten. Kennt ihr diese Szenen in Filmen, in denen alles in Zeitraffer abgespielt wird und ganze Minuten innerhalb von Sekunden gezeigt werden? Ja, ungefähr so ging es mir gerade. Mit einem leichten Seufzen zog ich mein Handy aus meiner Jackentasche und schrieb eine Nachricht an Passi.

Hey, ich wollte mal fragen wo du bleibst? :)

Danach steckte ich es wieder weg, schulterte noch einmal meine Tasche und lief los Richtung Geschäfte. Vielleicht fand ich eine Laden der Kaffee verkaufte... Keine drei Minuten war ich auch schon in einer gemütlichen Bäckerei fündig geworden. Während die Frau hinter der Theke an ihrer Kaffeemaschine herumwerkelte, sah ich noch einmal auf mein Smartphone. Angekommen war meine Nachricht, aber er hatte sie nicht gelesen. Dann fiel mein Blick auf die Zuletzt-Online-Anzeige. Zuletzt online, gestern um 19:00. Okay, das erklärte einiges. "Ihr Kaffee.", wurde ich angesprochen und mit einem Lächeln reichte mir die Frau einen Pappbecher. "Danke.", murmelte ich, bezahlte und verließ die Bäckerei. Suchend blickte ich mich um, bis ich ein Ausgangs-Schild gefunden hatte und stapfte zielstrebig darauf zu. Kalter Regen klatschte mir in's Gesicht und unbehaglich zog ich meine Kapuze über meinen Kopf. Schien doch heftiger als gedacht zu sein. Verzweifelt quetschte ich mich mit den anderen Leuten schutzsuchend unter eine kleine Überdachung, um etwas Schutz vor dem Regen zu haben. Mit einem kritischen Blick sah ich vor mich auf die Straße und nahm einen Schluck von meinem Kaffee. Das heiße Getränk spendete mir wenigstens ein wenig Wärme und hatte ich den Becher auch schon viel zu schnell wieder geleert. Und trotzdem wurde der Regen nicht weniger. Ungeduldig suchte ich Passi in meiner Telefonliste und drückte auf den Anruf-Button. Mehrmals bekam ich das vertraute Tuten zu hören, aber keine Antwort. Als letztes versuchte ich es auch bei Ju, doch auch da ging niemand ran. Toll. Und was jetzt? Wegen des unvorhergesehenen starken Regens fuhren weder Bahnen, noch Taxen oder sonst irgendetwas. Das stand zumindest überall auf den ganzen digitalen Informationsschildern und Co. Okay, aber was machte ich jetzt? Öffentliche Verkehrsmittel fielen aus. Passi war nicht da und weder er, noch Ju waren zu erreichen. Ju hatte mir schon einmal die Adresse des Bamhauses geschickt, weswegen mir noch eine Möglichkeit blieb. Missmutig sah ich auf die regenüberflutete Straße vor mir. "Was tut man nicht alles für Youtube.", grummelte ich und stopfte meine Tasche so gut es ging unter meine Jacke. Da war immerhin meine eigene Kamera und mein Laptop und der ganze anderen Kram drin. Hoffen wir mal, dass mein Rucksack halbwegs trocken blieb. Mit einer Hand hielt ich immer noch meine Tasche fest, während ich mit der anderen wieder mein Handy herauszog und die Adresse in Google Maps eintippte. Sofort zeigte mir die App die angeblich schnellste Route an. 25 Minuten Fußweg. Na das kann ja heiter werden. Einen letzten Moment wartete ich noch, bevor ich in den strömenden Regen trat und losstapfte.

Effekt meines HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt