21-Deal

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"Geht das so mit dem Karton?", fragte Ju und sah über die braune Pappe zu mir. Angestrengt versuchte ich die Ecke besser zu fassen: "Warte mal kurz." Ja, was machten wir hier? Heute war morgen. Also, nein, oder doch? Versteht das überhaupt wer? Okay, anders gesagt: Es war der Tag, nachdem ich in die Bamcrew eingeladen wurde. Und da wir die Anderen sowieso erst Richtung Nachmittag in's Bamhaus bestellt hatten, hatten Ju und ich beschlossen, einen Schreibtisch für das Büro zu kaufen. Tja, jetzt standen wir hier. Um 8 Uhr morgens in einem Möbelhaus, mit einem Paket, dass wir beide kaum tragen konnten. "Okay, weiter.", erklärte ich und zusammen schafften wir die nächsten 20 Meter. Yay, noch 500 Meter das gleiche Spiel, bevor wir endlich auf dem Parkplatz stehen würden. "Warum nochmal wollten wir heute den Tisch holen?', fragte ich seufzend und stellte das Paket ab. "Damit du gleich einen vernünftigen Arbeitsplatz hast?", versuchte Ju sich an einer Antwort. "Und wo genau soll der stehen?", überlegte ich. Ju hob das Paket wieder an: "Wir stellen meinen Tisch ein Stück mehr an's Fenster und deiner kommt daneben. Dann sitzt du quasi neben mir."

"Und du bist dir sicher, dass das funktioniert?"

Verlegen fasste er sich an den Nacken: "Nicht zu 100%" Seufzend hob ich meine Seite des Paketes an: "Na das kann ja lustig werden." Und schon wieder ging der Spaß mit dem Schleppen von vorne los. Gedanklich zählte ich mit.
Noch 480.
460.
440.
420.
380. Oha, wir hatten sogar einmal doppelt so viel geschafft!

So ging das immer weiter, bis wir schließlich neben dem Auto standen. "Wir haben's geschafft!", schnaufte ich und stellte den Karton ab. "Sooooo...Wer fährt?", grinste Ju und sah mich an. "Gegenfrage: Warum bist du dir so sicher, dass ich einen Führerschein habe?", erwiderte ich und legte meine Arme auf dem Paket ab. Sofort wich dem Grinsen ein unsicherer Gesichtsausdruck. "Hast du einen?", fragte Ju und fuhr sich durch die Haare. "Ja, dein Glück.", lachte ich und zog den Autoschlüssel aus meiner Jackentasche. Da wir ein größeres Auto brauchten, hatten wir eines gemietet, doch anscheinend war Ju entfallen, dass wir den dazugehörigen Schlüssel noch hätten abholen müssen. Zum Glück hatte ich das hinter seinem Rücken schon erledigt. "Stimmt, da war ja noch was...", murmelte Ju und sah auf den Schlüssel in meiner Hand. Grinsend öffnete ich den Wagen und danach gleich den Kofferraum. Zusammen hievten wir das Paket hinein. "Viel Spaß beim Treppenhochtragen.", seufzte ich und ließ mich hinter das Steuer fallen. "Schaffen wir schon.", versuchte Ju mir gut zuzusprechen, doch auch ihm war die sich anbahnende Erschöpfung anzuhören. "Sag mal, wann lässt du mich eigentlich wieder nach Berlin fahren, damit ich meinen Pc und so holen kann? Ach und ich würde gleich noch meine Möbel in meine Wohnung bringen. Meine Eltern wollen unbedingt helfen alles nach Aachen zu bringen, aber sie fliegen nächste Woche für einen Monat in den Urlaub, deswegen muss ich das noch diese Woche erledigen...", fragte ich nach und startete den Motor.

"Theoretisch gesehen morgen, aber das kann auch noch bis übermorgen warten. Dann kannst du dich in Ruhe im Büro einrichten. Einen Pc hast du ja schon."

"Laptop.", korrigierte ich ihn. Lächelnd verschränkte er die Arme: "Und Pc." "Der in Berlin steht.", ergänzte ich. "Nene, der ist schon in Aachen.", feixte Ju. Verdutzt warf ich ihm einen kurzen Blick zu: "Wie?" "Ich habe noch einen kompletten Pc, inklusive Bildschirm und dem ganzen Kram, im Abstellraum stehen. Ist mein Alter und ich möchte, dass du ihn bekommst.", grinste er und ich sah ihn noch einmal an, dieses Mal jedoch überrascht. "Das ist wirklich nicht nötig. Du hast schon so viel für mich getan, da musst du mir nicht auch noch einen Pc bereitstellen.", fing ich an zu protestieren, doch Ju schüttelte energisch den Kopf. "Ich will nicht, dass du noch einen Pc kaufen musst, deswegen hole ich einen Pc, der eh nicht benutzt wird und gebe ihn dir als Arbeitscomputer. Ist doch nichts dabei." Lächelnd seufzte ich: "Ich hab echt den besten Job der Welt. Ich habe, wenn man es mal genauer betrachtet, gerade das Leben vor mir, welches ich mir schon immer gewünscht habe. Und ich bin noch nicht einmal 20!" "Immer gerne doch.", zwinkerte Ju, "Aber eine Frage hätte ich da noch..."

"Hm?"

"Was ist momentan zwischen dir und Marius los? Also wegen dem Streit." Nachdenklich sah ich nach vorne. "Ich bin feige und drücke mich vor einem Gespräch mit ihm, beziehungsweise hatte ich noch nicht die richtige Gelegenheit gefunden...", versuchte ich mich zu entschuldigen, obwohl ich wusste, dass das keine Entschuldigung war. In keinster Weise. Ich musste das unbedingt mit Marius klären. "Wie hat er denn reagiert, als du mich in die Crew aufnehmen wolltest?", versuchte ich ein neues Thema anzuschneiden. "Er hat sofort zugestimmt. Er war unglaublich begeistert, als ich das vorgeschlagen habe.", erklärte Ju, was bei mir einen weiteren überraschten Blick auslöste. Wow, das hätte ich nicht erwartet. Noch ein Grund mehr mit ihm zu reden. Auch wenn ich mich definitiv davor drücken würde, wenn es wirklich zu diesem Moment kommen würde.

"Ihr solltet das mit dem Streit trotzdem in den Griff kriegen."

"Wenn sich die Gelegenheit dazu bietet.", erwiderte ich. "Okay, bis Sonntag habt ihr das geklärt oder ich sperre euch in einen Raum, bis ihr miteinander redet. Deal?", forderte Ju und streckte mir seine Hand hin. "Bester Job der Welt...bester Chef und gleichzeitig Kumpel der Welt...ich liebe mein Leben.", murmelte ich, "Deal."

Effekt meines HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt