51-Planänderung

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Fröstelnd zog ich die Schultern nach oben und vergrub meine Nase im Kragen meines Mantels. Meine Hände umklammerten die Stange einer Softbox und ich konzentrierte mich auf Passi vor mir. Für den siebten Tag im Dezember war es schon unglaublich kalt und ich würde froh sein, wenn ich endlich wieder im Warmen sitzen konnte. Vielleicht auch mit einer Tasse Kakao, mal schauen. Meine Gedanken huschten zu der bevorstehenden Szene und sofort fing mein Magen aufgeregt an zu kribbeln. Ehrlich gesagt, wunderte es mich nicht, dass Passi auf diese Idee gekommen war. Er wusste ja schließlich über die Sache mit Marius Bescheid. "Ist dir auch so kalt?", murrte Vince neben mir und zog seinen Schal enger um seinen Hals. "Jap, aber ich versuche einfach nicht dran zu denken.", antwortete ich und sah zu ihm hinüber. Der Musikproduzent runzelte für einen Moment angestrengt die Stirn, bevor sich seine Gesichtszüge wieder entspannten: "Klappt nicht." "Dann lenk ich dich eben ab.", grinste ich und dachte kurz nach, "Freuen sich deine Kleinen eigentlich schon auf Weihnachten?" "Und wie.", lächelte er glücklich, "Sie können es gar nicht mehr abwarten." "Weihnachten ist schon echt schön.", stimmte ich zu, "Und ihr feiert auch mit uns?" "Natürlich. Den Spaß lass ich mir doch nicht entgehen.", lachte Vince, "Ich bin ja schon gespannt wie unser Weihnachtsbaum dieses Jahr aussehen wird." "Dieses Jahr werden es 11 Tausend Kugeln.", witzelte ich und er stöhnte belustigt auf: "Mir haben die vom letzten Mal schon gereicht. Ich hätte nie gedacht, dass die alle an einen Baum passen." "Ich auch nicht.", stimmte ich zu, als Passi plötzlich stehen blieb und ich fast in ihn hineingelaufen wäre. "Alles klar. Passi, Vince, richtet ihr alles aus und stellt alles ein, während ich mit Marius und Hanna noch einmal den Ablauf durchgehe?", wandte sich Ju an uns und die beiden Angesprochenen nickten schnell, während Ju sich zu mir drehte. "Also ich dachte mir, dass ich hinter dir laufe, dich dann von hinten anrempel und du nach vorn stolperst. Denkst du, du kriegst das hin?", erklärte er, während er alles mit einigen Gestiken untermalte. "Stolpern tue ich tatsächlich recht oft. Ich denke, dass ich das hinkriege.", grinste ich, worauf ich ein belustigtes Kopfschütteln von Marius erntete. "Was denn?", fragte ich gespielt empört. "Und dann fange ich sie auf, wir sehen uns in die Augen und dann küssen wir uns?", ging er nicht mehr auf meine Frage ein, sondern fragte weiter den Ablauf durch. "Genau. Ihr müsst euch nicht wirklich küssen, du hälst einfach deine Hand davor, sodass alles verdeckt ist.", erklärte Ju, "Kriegst du hin, denke ich." "Alles klar, ist alles einsatzbereit!", erklang die Ansage von Passi und sofort erfasste mich erneut die Aufregung. Warum war ich eigentlich aufgeregt? Ich könnte natürlich auch die Situation schamlos ausnutzen und Marius wirklich küssen, aber danach wäre unsere Freundschaft wahrscheinlich auf irgendeine Art komisch und das wollte ich auch wieder nicht. Hoffentlich mussten wir die Szene nicht so oft drehen, denn ich hatte das Gefühl, dass ich mich nach einer gewissen Zeit unwohl fühlen würde. Schließlich konnte ich meine Gefühle für Marius schlecht verdrängen und da sie nun mal jede Sekunde präsent waren, würde ich mich mächtig zusammenreißen müssen. Ju ging ein paar Schritte zurück, während ich mich seitlich zur Kamera stellte, Marius ebenfalls ein paar Schritte entfernt. "Und action!", ertönte Passis Kommando und eine Sekunde später erklangen Knirschgeräusche, durch den Kiesweg verursacht. Ein Zeichen dafür, dass Ju auf mich zukam, Passi mit der Kamera folgend. Plötzlich stieß mich etwas an der Schulter an und ich legte meine kompletten Schauspielskills in jede Bewegung, damit es möglichst authentisch aussah. Aus dem Augenwinkel sah ich Ju an mir vorbeihasten, doch ihm schenkte ich keine weitere Beachtung. Hilfesuchend stolperte ich nach vorn, während meine Arme etwas in der Luft ruderten. Und schon im nächsten Augenblick wurde ich von Marius aufgefangen. Sein Arm, welcher weiter weg von der Kamera war, legte sich um meine Taille, während der Andere sich auf meiner Hüfte platzierte. Meine Händen legten sich automatisch auf seine Brust und ich sah, wie gewohnt, zu ihm hoch, während er zu mir hinab blickte. Einige Sekunden, die sich für mich wie Minuten anfühlten, verstrichen, in denen ich seine Augen musterte. Oh man, wie oft hatte ich dieses Grün schon gesehen? Und wie oft hatte ich mich darin schon verloren? Ein aufgeregtes Kribbeln fing in meinem Bauch an und machte sich in mir breit. In den Fingerspitzen, in meinem Kopf, überall. Marius' Blick huschte ebenfalls über mein Gesicht, bevor wir den nächsten Schritt gingen. Sein Arm zog sich enger um meine Taille, während er seine Hand, die vorher auf meiner Hüfte geruht hatte, langsam nach oben zu meinem Gesicht hob. Meine Finger verkrampften sich im Stoff seiner Jacke, suchten nach Halt, als seine Hand meine Wange berührte und er sich zu mir hinunter beugte. Sein warmer Atem kitzelte auf meiner Haut und ich spielte kurz mit dem Gedanken die Augen zu schließen, doch in diesem Augenblick änderte sich schlagartig alles. Geschockt hielt ich die Luft an, mein Herz machte einen aufgeregten Hüpfer, als Etwas nicht nach Plan verlief. Etwas womit ich nicht gerechnet hatte. Das Kribbeln wurde stärker und ich hatte das Gefühl, dass eine kleine Explosion in meinem Körper stattfand, während in meinem Kopf reines Chaos herrschte. Denn seine Lippen lagen auf meinen.


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Und ein mega großes Dankeschön für 3k! ❤ Holy sh*t...don't know what to say... 🙈💚💕

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