Kapitel 2

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Panisch verkroch ich mich unter der Eckbank und lugte vorsichtig zur Tür. Zwei Männer betraten die Küche. Beide trugen sie einen schwarzen Umhang und schmutzige Lederstiefel. Ihre Gesichter verbargen sie unter übergroßen Kapuzen, doch im schummrigen Schein des Küchenlüster konnte ich das Gesicht des Einen ausmachen. Ich würde es überall wieder erkennen. Eine lange, grässliche Narbe zog sich quer über seine Stirn. Seine Augen schwarz wie die Nacht und seine Haut blass wie der Tod. Keiner wusste seinen echten Namen. In Pristina sagte man, Jakov hätte ihn vor vielen Jahren an der Grenze zu Albanien gefunden. Jakov nannte ihn Jetin. Das war das albanische Wort für Waisenkind.

Warum ich mich an ihn erinnerte? Er war der Mann, der Ivana damals gemeinsam mit Jakov aus der Unibibliothek entführt hatte. Ich hatte zugesehen, aber nicht den Mut gehabt, hinter den Regalen hervorzutreten. Ich hatte mich versteckt, dort zwischen den tausend Büchern über Notfallmedizin. Ich hatte vergessen gehabt, warum ich Ärztin werden wollte oder vielleicht war es mir erst durch dieses Ereignis bewusst geworden. Es bedeutete Leben zu retten, um wenigstens einmal sich selbst zu vergessen. Es bedeutete den Willen, Gutes zu tun, um schlimmeres zu verhindern. Es bedeutete Leidenschaft. Ich hätte Ivana retten können, aber ich hatte nicht die Stärke gehabt, die ein Arzt brauchte. Ich war zu egoistisch gewesen, um ein Held zu sein.

Der kalten Wind sauste durch die Tür, doch langsam aber sicher wurde sein Heulen von den Sirenen des Rettungswagens übertönt. Mein Herzschlag beschleunigte sich blitzartig.

„Verdammt!", hörte ich Jetin fluchen. „Jemand muss den Notarzt gerufen haben"

„Dann ist jemand hier", stellte der andere fest.

Ich hielt die Luft an, als Jetin gefährlich nahe an den Tisch herantrat. Panisch drückte ich mich gegen die verstaubte Mauer, dabei geriet meine Nase mitten in ein Spinnennetz. Ein undefinierbares Kribbeln erfüllte meine Haut. Ich stellte erschrocken fest, dass eine kleine Spinne über meine Kinn krabbelte. Angeekelt presste ich die Lippen zusammen, da kitzelte es in meiner Nase. Ich dämpfte das laute Niesen mit meiner Hand ab, doch der Mann bückte sich dennoch. Ein boshaftes Grinsen huschte über seine Lippen, da packte er mich grob am Unterarm und zerrte mich unter der Bank hervor.

„Da haben wir unseren Übeltäter", zischte er und zog schmerzhaft an meinen langen schwarzen Haaren. „Ich dachte schon wir hätten die falsche Adresse, Rita"

Ein gequältes Wimmern wich mir über die Lippen. Vergebens versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch er zog mich nur noch näher an ihn.

„Jakov hat recht. Du bist tatsächlich schöner, als all die anderen Mädchen", hauchte Jetin und schob seine rauen Finger unter mein Kinn. „Du wirst bestimmt noch mehr Geld einbringen, als Ivana"

Ich blickte ihm hasserfüllt in die schwarzen Augen.

„Du Schwein", fauchte ich und spukte ihm ins Gesicht.

Jetin wischte sich mit dem Ärmel amüsiert über das Gesicht, wenig später traf mich seine Faust. Ein schmerzerfüllter Schrei hallte durch die Küche. Wimmernd legte ich meine zitternde Hand auf meine brennende Wange. Ich war auf die Knie gesunken, doch er zerrte mich wieder auf die Beine.

„Hallo?", kam es auf einmal aus dem Flur.

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So ich hoffe es gefällt euch :D Vermutungen was jetzt passiert? Morgen kommt wahrscheinlich das nächste Kapitel...

Wenn ihr das lest, würde ich euch alle nochmal bitten, bei meinem Roman "Die Gaben des Drachen von Kelpetur" vorbeizuschauen. Irgendwie habe ich das Gefühl, er wird nicht entdeckt...was eigentlich kein Wunder ist, da es tausende Fantasy-Romane auf Wattpad gibt xD Whatever - ich habe halt trotzdem mal versucht. 

Alles Liebe und schlaft schön :*


Im Namen des Kanun (Frederik Seehauser/Klinik am Südring)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt