Kapitel 27

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„Ich werde dir nichts tun, Rita", sagte er sanft und setzte sich im Schneidersitz vor mich hin.

Der Geruch seines Mantels stieg mir in die Nase, als ich mein Gesicht in dem weichen Stoff versteckte. Die Augen immer noch fest verschlossen, wartete ich drauf, den ersten Schlag zu spüren. Ich fühlte den kalten Boden unter meinen Fingerkuppen, die ich verkrampft auf die Fliesen presste. Würde er mich schlagen? Laza war anfangs auch nett zu mir gewesen, doch dann hatte er mich gelehrt, vor jedem Mann Angst haben zu müssen. Mein Atem zitterte von dem tonlosen Wimmern, dass über meine Lippen wich. Die Luft knisterte, als ich in seine Richtung lauschte. Ich spürte wie sich die Luft um mich herum erhitzte und ich zu schwitzen begann. Wann würde er mich endlich schlagen? 

Ich zuckte zusammen, als ich ihn plötzlich wieder sprechen hörte: „Rita, gib mir die Hand"

Langsam öffnete ich die Augen und lugte durch meine Haare. Mein Gegenüber streckte mir die Hand entgegen. Ich traute mich nicht, ihm in die Augen zu blicken. Ich fürchtete zu sehr, die Tobsucht zu sehen, die immer in Lazas Augen gelodert hatte.

„Komm, gib mir deine Hand", wiederholte er sanft. „Ich werde dir nicht weh tun"

Ich wusste wie eine sanfte tiefe Stimme trügen konnte, doch meine Hand bewegte sich wie von alleine von den Fliesen weg. Ich beobachtete meine zitternden Finger, wie sie seiner großen Hand näher kamen. Ehe ich ihn jedoch berühren konnte, kam er mir  zuvor und legte seine langen Finger um meine Hand. Er umschlang sie fest, aber es schmerzte auch nicht - eben gerade so, dass ich seine Kraft und seine Wärme spüren konnte. Paralysiert schaute ich auf unsere Hände und merkte, wie mein Herz gegen meine Brust schlug, als würde meine Hauptschlagader gleich platzen. Mein Atem raste und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass nicht genug Sauerstoff in mein Gehirn gelang. Meine gesamte Energie konzentrierte sich auf die Stelle, wo er mich berührte, sodass meine Hand unweigerlich zu glühen begann. 

„Berührt zu werden, muss nicht immer Schmerz bedeuten, Rita", sprach er weiter und begann mit seinem Daumen über meinen Handrücken zu streichen. „Ich weiß nicht, was dir widerfahren ist, aber ich verspreche dir, dass es nicht wieder passieren wird, solange ich in deiner Nähe bin"

Das wohlige Gefühl, das sich in meiner Hand ausbreitete, war mir vollkommen fremd. Nun endlich wagte ich es, nach oben in seine Augen zu schauen und ich erkannte weder Tobsucht noch Gewalt. Ich erkannte nichts, was mir immer so Angst gemacht hatte, wenn ich einem Mann in die Augen geschaut hatte. Ich sah nichts Negatives und nichts Teuflisches, sondern ich sah Zärtlichkeit. Sogar meine Mutter hatte mich niemals so zärtlich angesehen. Sie war immer mit einem kalten, verzweifelten Blick an mir vorbeigegangen, der keinen Funken an Wärme und Liebe in sich trug.

Ich schmolz in seinem Blick dahin und wollte, dass er mich solange so ansah, bis ich alles vergessen hatte, das mein Leben  zu einem Schrotthaufen gemacht hatte.

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Heyy:) Mein Fieber ist gesunken und ich bin so froh. Kennt ihr das, wenn ihr krank seid und das Gefühl habt, ihr werdet nie wieder gesund. Hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Würde mich über paar Votes freuen. Liebe Grüße

Im Namen des Kanun (Frederik Seehauser/Klinik am Südring)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt