Kapitel 6

1K 41 13
                                    

Wie vom Donner gerührt rannte ich zur Fahrertür.

„Bleib stehen", rief er, während ich seine hastigen Schritte hinter mir hörte.

Ich wollte mich gerade noch am Sitz festklammern, da begann Radan mich an den Beinen aus dem Auto zu zerren. Hysterisch strampelte ich mit den Füßen und trat ihm mit aller Kraft in den Bauch. Er taumelte zurück und zog sein Klappmesser aus seinem Hosenbund, doch ehe er zustoßen konnte, quetschte ich seinen Arm in der Tür ein.

„Lass das Messer fallen!", zischte ich.

Er wehrte sich wie ein Fisch an der Angel, doch letztendlich glitt das Messer aus seiner Hand und ich ließ ihn frei. Triumphierend startete ich den Motor und beobachtete durch den Rückspiegel sein Gesicht. Es war rot vor Wut.

Ich schaltete das Blaulicht ein und suchte nach einem Funkgerät. Bedauerlicherweise war jedoch das Kabel abgerissen. Jetin hatte auch an alles gedacht. Geschickt schlängelte ich mich durch die Autos und fuhr schnurstracks nach Köln.

Krankenhäuser kannte ich hier natürlich keine, aber am Kreisverkehr entdeckte ich ein Schild mit der Aufschrift „1. Ausfahrt: 500m zur Klinik am Südring".

Noch ein letztes Mal trat ich auf das Gas und hielt dann direkt vor der Notaufnahme.

In Windes Eile packte ich den Arzt samt Geräte auf die Liege und half Miriam aus dem Auto. Jetin lag schnarchend auf dem Boden, also sperrte ich ihn weiterhin ein.

Samt der Liege und Miriam stützend, stürmte ich in die Notaufnahme.

„Ich brauche Hilfe", brüllte ich.

Es war kein Personal in Sicht - was kein Wunder war an heilig Abend. Ich wollte gerade zum nächsten Hilfeschrei ansetzen, da stürmte eine Scharr Krankenschwestern samt einem Arzt in den Eingangsbereich.

„Was ist denn hier passiert?!", rief dieser empört und schenkte seine Aufmerksamkeit sofort dem verletzten Notarzt.

Die Krankenschwester übernahmen Miriam und setzten sie auf einen Rollstuhl.

„Zustand nach Schussverletzung im Thoraxbereich. Der rechte Lungenflügel ist kollabiert. Jetzt ist er aber nach der Thorax-Drainage stabil", ratterte ich herunter, während ich dem Arzt in den Schockraum folgte. „Verdacht..."

„Sind Sie Ärztin?", unterbrach er mich, während er sich etwas ungeschickt die Gummihandschuhe überzog.

„Medizinstudentin", antwortete ich ihm außer Atem, worauf er mir einen skeptischen und gleichzeitig überraschten Blick zuwarf.

„Fahren Sie fort", befahl er daraufhin.

„Verdacht auf schwere innere Verletzungen. Er ist seit etwa zwei Stunden nicht ansprechbar und leicht eingetrübt - vermutlich wegen des starken Blutverlustes", redete ich weiter, während sie den Notarzt auf die Liege umbetteten.

„Wie ist es dazu gekommen?", fragte er dann, während er die Pupillen untersuchte.

„Ich fand meine Nachbarin bewusstlos in ihrer Wohnung. Nachdem ich den Notarzt gerufen hatte, musste ich feststellen, dass sie Opfer eines Einbruchs zweier Männer geworden war, die sich noch im Haus befanden. Der eine ist noch im Krankenwagen. Ich hab ihn sozusagen handlungsunfähig gemacht", erzählte ich und beobachtete den Arzt dabei, wie er meine Thorax-Drainage begutachtete. „Als der Rettungswagen dann kam, hat er den Sanitäter totgeschossen, aber bei dem Arzt konnte ich dazwischen gehen...deswegen ist es nicht der Kopf sondern nur der Brustkorb geworden..."

Ich beschloss ihm vorerst nicht zu erzählen, was Jetin und Radan eigentlich dort gemacht hatten und dass sie nicht Miriam sondern mich haben wollten.

Plötzlich merkte ich wie mir leicht schwindlig wurde. Schwarze Flecken tanzten durch den Raum und wellenartige Schmerzen breiteten sich von meiner Seite über meinen ganzen Körper aus. Meine Beine wurden weich und knickten ein, doch ehe ich auf den Boden knallte, wurde ich von einer Person aufgefangen.

----------------------

Wie versprochen noch ein Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch. Na wer hat sie wohl aufgefangen? 

Im Namen des Kanun (Frederik Seehauser/Klinik am Südring)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt