Kapitel 32

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Vielen Dank für die netten Kommentare und Votes. Am Handy ist es immer etwas schwer darauf zu antworten, weil ich nicht weiß, wie man da auf Kommentare direkt antworten kann...lol. Ich schätze eure Unterstützung sehr und danke euch hiermit. 

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„Und dann hast du seinen Kuss erwidert, als wärst du schon öfters von Männern dazu gezwungen worden, die dir Böses wollten", sprach er weiter und schien nicht einmal zu überlegen, ob er mich von seinem intensiven Blick befreien sollte.

In dem Moment fühlte ich mich so unwohl. Mit jedem Satz, den er begann, musste ich erneut die Luft anhalten, um nicht die Fassung zu verlieren. Ich hatte mich so bemüht, nicht so viel von mir preiszugeben und doch wusste er schon so unverschämt viel über mich. Ich brodelte innerlich und doch versuchte ich nur unbeeindruckt die Augenbrauen zu heben. Wie konnte er so viel wissen? War das das medizinisch-detektivische Blut in seinen Adern?

„Nette Hypothesen hast du da aufgestellt", fing ich unbeholfen an. In meinem Kopf ratterte es. Ich suchte nach einem Konter. „Aber ob sie wahr sind, weißt du nicht, hab ich recht? Du brennst danach, das alles mit Sicherheit zu wissen, nicht wahr?"

Ich stand von meinem Stuhl auf und ging zum Lichtschalter. Mit einem fast unsichtbaren Schmunzeln drehte ich mich um, um mich über seinen verwirrten Gesichtsausdruck zu amüsieren. „Weißt du...in der Schule hab ich das Freifach Bühneninszenierung gewählt. Mein Lehrer hat meine Ideen geliebt, bis er bei meiner ausgesprochen realistischen Inszenierung einer Horrorgeschichte ohnmächtig wurde. Aber als Chirurg wirst du schon einiges aushalten, nehme ich an..."

Mit diesen Worten drückte ich den Schalter hinunter und nur noch das schummrige Licht der Kerze am Esstisch erfüllte den Raum. Ich wusste nun, wie ich ihn dazu bringen konnte, das Spiel zu beenden. Es hatte keinen Sinn mehr, ihm meine Geschichte zu verschweigen. Wenn Jakov ihn bedrohen sollte, wusste er dann wenigstens, mit wem er es zutun hatte. "Ich habe in Pristina studiert, einer der angesehensten Privatuniversitäten. Leisten konnte ich es mir, weil ich ein Total-Stipendium vom Besitzer der Universität - sein Name ist Albam Jakov - erhalten habe... Ich war die Einzige seit der Gründung. Warum ich mich einer solchen Sonderbehandlung glücklich schätzen durfte, wusste ich nicht...jedenfalls weiß ich heute, dass es nicht wegen meiner ausgezeichneten Leistung war. Er hatte schreckliche Dinge mit mir vor.  Ich bin in sehr armen Verhältnissen aufgewachsen. Mein Vater führt eine kleine Tankstelle an der Grenze zu Serbien. Wir kamen kaum über die Runden. So kam es meinen Eltern gelegen, als Jakov um meine Hand hielt und ihnen für die Einwilligung viel Geld versprach. Sie konnten sich zwar keinen Reim daraus machen, aber sie stimmten zu. Jakov hatte das nicht ohne Grund getan. Eines Abends habe ich mit meiner besten Freundin in der Uni-Bibliothek geschmökert, da kamen Jakovs Leute herein und entführten sie. Der Mann, den ich zu Weihnachten mit dem Defibrillator bearbeitet habe, war auch dabei und ich glaube er sah mich hinter den Regalen hervorspähen, doch er hat nichts getan. Ab dem Zeitpunkt habe ich Tage über Tage Informationen gesammelt, um Jakovs Geschäfte zu beweisen. Er verkaufte Mädchen an ledige Männer ins Ausland. Seine Männer haben sie missbraucht und geschlagen, bis sie gefügig waren und freiwillig zu ihren zukünftigen Ehemännern wollten", erzählte ich ihm. Selbst im Kerzenlicht konnte ich seinen entsetzten Blick erkennen, der noch immer in einen Augen festhing, als würde er dort meine Gefühle ablesen wollen. " Du musst wissen...Im Kosovo gilt der Kanun...ein Gesetz, das Frauen praktisch jegliche Rechte nimmt und Männern Selbstjustiz erlaubt. Ich ging also mit meinen Beweisen zur Polizei, doch was ich nicht wusste, war, dass Jakov den gesamten Polizeiapparat Europas abhört. Als er erfuhr, dass ich ihm auf die Schliche gekommen war, hielt er bei meinen Eltern um meine Hand an. Meine einzige Rettung war mein Onkel Laza, der mit seiner Frau in Köln wohnt. Ich wartete auf einen Deutschen Urlauber auf der Rückreise und schleuste mich so als blinder Passagier nach Köln. Onkel Laza hieß mich willkommen, bot mir an in seiner Wohnung zu leben, solange ich wollte. Es begann an den Tagen, an denen seine Frau arbeitete..." Frederik hatte seine Hände auf den Tisch gelegt und formte sie nun zu Fäusten, bis seine Knöchel weiß hervortraten. Er vermutete offenbar schon, was nun kommen würde. "Er wurde aufdringlich und weil ich nicht willig war, ihm das zu geben, was er von mir wollte, schlug er mich, bis ich schließlich nachgab"

Frederiks Blick brannte auf mir, als ich zum Tisch schritt und die Kerze mit einem gespenstisch Hauchen ausblies. Der Docht glühte noch, bis er schließlich erlosch und den Raum in Dunkelheit ließ. Ich schlich hinter seinen Stuhl.

„Zuerst tat er es nur wenn er betrunken war, dann auch im nüchternen Zustand", fuhr ich fort. Frederik zuckte zusammen, als er mich direkt hinter ihm hörte. 

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Ich weiß nicht, ob ich es morgen schaffe, ein Kapitel hochzuladen. Habe morgen einen langen Tag. Schönen Abend, euer Sinusrhythmus. 

Im Namen des Kanun (Frederik Seehauser/Klinik am Südring)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt