96 - Schere

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Palles Sicht

Das Fenster flog auf. Erschrocken blickte ich auf, stand auf, und schloss es wieder. Schon den ganzen Abend war es stürmisch und ungemütlich in Hamburg. Ich drehte mich um und wollte gerade zurück zu meinem Bett gehen, als plötzlich Maudado mitten im Raum stand.
"Hey!", strahlte er.
Ich hingegen zuckte erschrocken zusammen, atmete schwer durch den Mund und musterte den Blonden genau. Kein Zweifel, es war Maudado.
"W-was machst du hier?!", fragte ich ängstlich.
"Du bist doch zu mir gekommen", grinste er, "Ich will dir was zeigen"

Ich schluckte. Ich.. bin zu ihm gekommen? Bin ich etwa tot? Ich zitterte. Ich konnte nicht tot sein, nicht jetzt!
"Bin ich tot?", hauchte ich.
"Aber nein", kicherte er, "Du träumst!"
"Ich... träume?"
Maudado nickte: "Du liegst bei dir zu Hause im Bett, schläfst, und träumst dabei. Ist doch normal!"
Ich hatte noch nie einen Traum, in dem mir gesagt wurde, dass ich am Träumen war, hatte aber Mal gehört, dass es sowas geben soll.
"Okay", erwiderte ich unsicher, "Ich... träume", wiederholte ich ungläubig und sah den Blonden nicken. "Was.. was träume ich denn?"
"Das zeige ich dir jetzt", grinste er, nahm meine Hand und zog mich aus dem Fenster.

Gemeinsam flogen wir über die dunklen Dächer Hamburgs und direkt in die schwarze, dunkle, stürmische Nacht.
"Wo fliegen wir hin?", fragte ich und sah den Blonden an, welcher aber einfach stumm vor mir her flog und schließlich auf einem Dach eines Hauses landete. Er deutete auf ein Fenster im Dach und öffnete es, und ließ mich hinein steigen.

Ich war in einer Küche gelandet. An einer Pinnwand hingen lauter alte Bilder, mit einer großen Lücke an der Pinnwand. Es schien so, als würde ein Bild fehlen, oder erst bald hinzugefügt werden. Ich kannte diese Pinnwand, und ich kannte diese Küche.
Als ich mich zu dem kleinen Esstisch umdrehte, sah ich einen dürren, zitternden und weinenden Mann auf dem Stuhl daran sitzen. Seine braunen, langen und ungepflegten Haare hingen über sein Auge, doch er dachte nicht im Traum daran, sie aus dem Weg zu streichen.
In seiner Hand hielt er eine Schere, in der Anderen ein Foto. Es war genau das Foto, das auf der Pinnwand fehlte. Der Mann war Manu.

"Kann er uns denn gar nicht sehen?", fragte ich.
Doch Maudado lachte auf: "Hast du denn nie die Weihnachtsgeschichte gesehen? Nein, er kann uns weder sehen, noch hören, und auch nicht fühlen. Wir sind Geister!"
Verständnisvoll nickte ich und richtete meinen Blick wieder auf Manu. Bibbernd hob er das Bild an und führte es langsam zu der Schere. Schnell trat ich hinter ihn und sah nach, was es für ein Bild war. Und ich erschrak.
Es war ein Gruppenbild von Bergis Geburtstag, wir alle waren versammelt. Delay, Kedos, Selfie, Takaishii Zombey, Maudado, Manu, Bergi selbst, und ich. Ich stand ganz am Rand des Bildes und hielt Manu im Arm.
Und plötzlich sah ich die Schere, welche Manu genau auf mich zu bewegte. Genau zwischen Mich und ihn. Und er schnitt mich ab, was seine Tränen verdoppelte.
"Ich war betrunken!", schrie er, "I-ich konnte nichts dafür!"

Sofort legte er Bild und Schere aus der Hand, machte sich auf dem Stuhl ganz klein, legte seine Hände vor seine Augen und weinte. Er weinte nicht nur, er schluchzte, bibberte und zitterte. Es schien, als würde er nie wieder damit aufhören.
"Manu", wisperte ich und versuchte, ihn zu umarmen, doch scheiterte. Na klar, nicht hören, sehen und berühren. Dabei wollte ich nichts weiter, als meine Arme um seinen zitternden Körper zu schlingen und ihn zu trösten. Ihn zu beruhigen. Ihm sagen, dass ich nicht mehr sauer war.

"Ich liebe ihn doch immer noch", hauchte er, nahm seine Hände von seinen Augen und legte seinen Kopf in seinen Nacken, "Ich liebe ihn so sehr", schluchzte er.
Schluckend blickte ich zu Maudado, welcher einfach stumm zu Boden sah und seine Hände ineinander verschlang.

"Wie lange ist es her?", fragte ich.
Maudado sah auf: "Was meinst du?"
"Die Trennung", erwiderte ich, "Jetzt, an diesem Zeitpunkt. Wie lange waren wir schon getrennt?"
"Sechs Monate", sagte Maudado ernst.
"Sechs Monate...", widerholte ich ungläubig, "Und.. er war immernoch so traurig?"
Maudado nickte: "Ich lebte unter ihm und es gab wirklich Nächte, in denen er so laut weinte, dass ich davon aufgewacht bin. Wir hatten zwar beide nachts immer unsere Fenster offen, aber... Das ist trotzdem keine gewöhnliche Reaktion auf eine Trennung. Und keine gewöhnliche Lautstärke beim Weinen."
"Er gab sich die Schuld", wisperte ich.
"Nein", erwiderte der Blonde, "Er gibt sich die Schuld." ||

Da Wattpad gestern extreme Probleme hatte, hoffe ich, dieser Part wird von mehr Leuten gelesen, als der gestern. Der ist jetzt ca. 24 Stunden online und hat 64 reads, das... ist sehr demotivierend. Hoffe, jetzt klappt alles?... :(

ich wünschte,... || KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt